Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)
schien sie ihre Abdrücke zu hinterlassen. In den Schatten, im Schnee, auf den Eisblumen am Fenster. An den Kissen und Decken haftete ihr Duft. Im Bad lag das Handtuch, mit dem sie ihren Körper trocknete.
Henryk betrachtete die Uhr an seinem Handgelenk. Was für ein Geschenk ihm zuteil geworden war, dass er sie liebte, und dass sie nicht vor seiner Liebe zurückschreckte.
Am frühen Nachmittag kam Verhoeven.
Henryk wusste, dass es der Galerist war, als er vom Fenster aus den dunkelblauen Volvo erspähte, der in die Hofeinfahrt einbog. Die Ausstellung war vorüber.
Henryk öffnete die Tür und wartete, dass Verhoeven am Treppenabsatz auftauchte. Schnaufend hielt der Galerist inne.
„Der Fahrstuhl ist kaputt.“
„Bringen Sie die Bilder?“
Verhoeven nickte. „Mein Auto steht im Hof.“
Nebeneinander stiegen sie die Treppen hinunter. Der Galerist hatte direkt vor der Tür geparkt. Er öffnete den Kofferraum und zog ein Laken beiseite, das er über die Gemälde gebreitet hatte.
„Hier“, er hob einen Stoß Keilrahmen heraus und lud sie Henryk auf die Arme, „sind leider fast alle zurückgegangen.“ Mit einem schiefen Grinsen richtete er sich auf. „Drei haben wir verkauft. Gestern noch das Frauenporträt, kurz vor Ladenschluss.“
Sie schleppten die Bilder ins Treppenhaus und lehnten sie gegen die Wand.
„Dreitausend“, sagte Verhoeven, als sie zum Wagen zurückkehrten, um den Rest zu holen. „Nicht schlecht, was?“
„Wer ist der Käufer?“
„Marc Heelen. Sagt Ihnen das was?“
Henryk schüttelte den Kopf.
„Ich glaube, er ist Architekt.“
„Und er kam einfach so in Ihre Galerie und wollte das Bild kaufen?“
„Ich schätze, er suchte was, das zu seinen Möbeln passt.“ Verhoeven lachte. „Keine Ahnung. Es hat ihm eben gefallen.“
Er schlug die Kofferraumklappe zu und schloss ab.
Als sie endlich alle Bilder hinauf ins Atelier getragen hatten, stand ihnen der Schweiß auf den Gesichtern.
„Sie sollten mal den Hausverwalter anrufen“, murrte Verhoeven, „und dem Bescheid sagen, dass er den Scheiß-Aufzug repariert.“ Er schlug die Tür hinter sich zu. Sein Blick fiel auf die Staffelei. „Sie sind ja fertig!“
„Vorsicht“, murmelte Henryk. „Ist noch nicht durchgetrocknet.“
„Unglaublich.“ Verhoeven blieb dicht davor stehen. „Wenn ich nicht wüsste, dass es von Ihnen ist, ich würde es für echt halten.“ Er wies auf den Bottich mit Leim. „Für die Risse?“
„Eine dünne Schicht unter den Firnis, eine dicke Schicht auf die Rückseite. Hat auch den Vorteil, dass die Farben sich nicht mit Alkohol anlösen lassen.“
Verhoeven nickte. „Sie haben das schon getestet, was?“
Henryk wies auf die Leinwandstücke am Boden. „Man muss den Leim auf der Rückseite nach einiger Zeit wieder abwaschen. Sonst bilden sich zu viele Risse.“
„Sie könnten es wirklich zu was bringen. Wissen Sie was?“ Der Galerist grinste. „Wollen Sie der Haussen nicht ein neues Bild malen, und wir nehmen das hier und verkaufen es? Wir könnten uns beide ...“ Er unterbrach sich und schlug Henryk auf die Schulter. „Jetzt kommen Sie, war ein Scherz.“
Zorn krallte sich in Henryks Kehle wie ein wildes Tier. Er schluckte schwer und unterdrückte das Bedürfnis, Verhoeven zurückzustoßen. Stattdessen drehte er sich weg, um die Kaffeekanne aus der Küche zu holen. Er stellte sie heftiger als notwendig auf den Tisch.
„Warum lassen Sie es nicht sein mit der freien Kunst und konzentrieren sich auf hochwertige Kopien?“ Verhoeven griff nach seiner Tasse. „Die Leute zahlen viel Geld für so was. Also nicht der billige chinesische Mist. Sondern das, was Sie für die Haussen gemalt haben. Mit Originalpigmenten und alter Maltechnik.“
Henryks Zorn versickerte so plötzlich, wie er über ihn gekommen war. Verhoeven verstand nichts. Gar nichts. Beinahe empfand er Mitleid für den Mann.
14
Ein paar Wochen später löste er die Leinwand ein letztes Mal vom Keilrahmen. In einer Mischung aus Widerstreben und Stolz gestand er sich ein, dass er fertig war.
Durch die Fenster strömte milde Luft ins Zimmer. Es war März, das Wetter schlug um. Auf den Dächern und Straßen schmolz Schnee.
Am Morgen hatte Verhoeven den Rahmen gebracht. Der Goldanstrich war dunkel und lange verblichen und an den Ecken verschrammt. Henryk befestigte die Leinwand darin mit Kupfernägeln, die ebenso alt waren wie der Rahmen selbst.
Sonnenlicht fing sich im Firnis, als er das
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