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Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)

Titel: Die dunklen Farben des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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dem Handrücken gegen Marthas Glas. Das Geräusch, mit dem es am Boden zersplitterte, klang seltsam dumpf. Flüssigkeit schimmerte zwischen den Scherben und für einen Moment glaubte Henryk, dass es Wein war, den er auf seiner Hand verschmiert hatte. Er war betrunken. Aber dann konnte er es auch riechen. Kein Wein, sondern Blut.
    Über den Dächern ging rot die Sonne auf. Er klaubte sein T-Shirt vom Boden und presste den Stoff gegen die verletzte Hand.
    Sein Fuß stieß gegen etwas Metallisches. Der Ring? Absurd, wie etwas so Kleines so viel Zerstörungskraft entfalten konnte. Ein Kichern stieg seine Kehle hinauf und verwandelte sich in ein schmerzhaftes Schluchzen. Er lehnte mit der Schulter gegen die Wand und rutschte daran herunter, bis seine Knie den kalten Boden berührten.
    Sein Blick tastete über die Steine. Er blinzelte den Schleier aus Tränen fort. Es war gar nicht der Ring, sondern die Rasierklinge, die er irgendwann im Laufe der Nacht verloren hatte.
    Er ließ den Stoff fallen und betrachtete seine Handfläche. Der Schnitt klaffte weit auseinander, als er die Finger streckte. Merkwürdig, dass ihm das nicht aufgefallen war, dass er sich selbst verletzt hatte. Sein Blick glitt hoch zum Gemälde und aller Triumph floss aus ihm heraus, ließ nur eine leere Hülle zurück.
    Es war doch sein Recht. Das Recht des Schöpfers.
    Erschaffen und vernichten.
    Dann weinte er, um alles, was er zerstört hatte.
     

15
     
     
     
    Blutspritzer befleckten Marthas Gesicht.
    Das harte Sonnenlicht ließ die Schäden am Bild wie Sprünge auf einer Glasscheibe erscheinen. In der Mitte, wo sie sich überkreuzten, klaffte ein tiefer Schnitt in der Leinwand.
    Henryk fuhr mit dem Daumen die Kante entlang. Seine Berührung löste kleine Bruchstücke aus der Farbschicht.
    Er hatte das Radio angestellt, weil er die Stille im Atelier nicht ertragen konnte, nachdem die Wirkung des Weins verflogen war. Seit dem Morgen versuchte er, Martha zu erreichen, doch ihr Telefon klingelte ins Leere.
    Er fror. Seine Handflächen brannten.
    Der Riss im Gemälde verlief von Marthas Wange schräg nach unten und teilte ihre Lippen in einem unnatürlichen Winkel. Die Deformation verzerrte ihr Gesicht zu einem hämischen Grinsen. Henryk widerstand dem Bedürfnis, seine Finger hineinzuschlagen und die Wunde weiter aufzureißen.
    Stattdessen tastete er nach dem Telefon und drückte die Wahlwiederholungstaste. Nach zehn Sekunden schaltete die Mailbox sich ein. Das war nicht typisch für Martha, dass sie ihr Telefon ins Leere klingeln ließ. Das tat sie sonst nie. Wenn sie ihre Ruhe wollte, schaltete sie es aus. Vielleicht war sie genauso verstört wie er selbst.
    Henryk schloss die Augen und ließ seine Hand zurück auf den Boden sinken. Sie hatte das ernst gemeint, gestern Abend. Er verzog die Lippen zu einem bitteren kleinen Lächeln. Martha meinte stets, was sie sagte. Es gab keinen Grund, warum es dieses Mal anders sein sollte.
     
     
     
    Als die Sonne unterging, riss Henryk die Fenster auf. Seine Kopfschmerzen wurden schlimmer. Er schluckte noch zwei Paracetamol. Mit tauben Fingern zündete er sich eine Zigarette an. Sein Fuß stieß gegen den Bilderrahmen. Holz klapperte auf Stein.
    In der Hosentasche piepste das Handy. Der Akku war beinahe erschöpft.
     
     
     
    Er ließ zwei weitere Stunden verstreichen, in denen er rauchte und aus dem Fenster starrte. Er beobachtete, wie die Ampel an der Kreuzung von Rot auf Grün schaltete. Aus dem Bus an der Ecke stiegen ein paar Menschen und eilten die Straße hinunter.
    Dann zerrte er wieder das Telefon heraus. Das Plastik fühlte sich klebrig an, vor allem, als er die verletzten Finger um die Schale schmiegte. Er wählte Marthas Nummer und wartete auf die Mailbox.
    Er drückte die Wahlwiederholung.
    Und wieder.
    Und noch einmal.
    Mechanisch, wie ein Automat. Er konnte das die ganze Nacht hindurch tun, dachte er grimmig. So lange, bis sie abnahm. Oder ihr Telefon ausschaltete. Das würde ihm wenigstens die Gewissheit geben, dass sie seine Anrufe bemerkt hatte.
     
     
     
    Als schließlich doch jemand abnahm, war er so überrascht, dass er zuerst nichts sagen konnte. „Hallo?“, fragte eine männliche Stimme. „Hallo, wer ist denn da?“
    Henryk starrte das Display an. Die Schnittwunde in seiner Handfläche pochte. Er widerstand er dem Reflex, einfach aufzulegen. „Kann ich bitte Martha Haussen sprechen?“, stammelte er.
    „Wer ist denn da?“
    Henryk nannte er seinen Namen. „Wenn sie nicht da

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