Die dunklen Farben des Lichts (German Edition)
wunderschön, ein Manifest des Vertrauens.
„Genau. Einfach in die Mitte.“
Der Arbeiter sah ihn abschätzig an, oder vielleicht kam es ihm nur so vor. Dann wandte er sich ab und befreite die restlichen Stühle von der Verpackung.
„Sollen wir das Zeug hier wieder mitnehmen?“ Er wies auf die Folien und die Pappkartons.
„Ja.“ Absurderweise fühlte Henryk sich befangen. Das ärgerte ihn, denn dies war seine Welt, und diese Männer waren die Eindringlinge, nicht er.
Der Mann blätterte durch einen Stoß Papiere. „Wie wollen Sie bezahlen?“
Henryk stieg das Blut in die Wangen. Daran hatte er gar nicht gedacht, dass die restliche Kaufsumme bei Lieferung zu zahlen war.
„Wie kann ich denn bezahlen?“, fragte er hilflos.
„Kreditkarte, BCMC, Bar...“ Der Mann blickte auf. „Wobei Sie bei der Debit-Karte sicher ein Limit haben, die funktioniert bei solchen Summen meistens nicht.“
Henryk bückte sich zu seiner Tasche und suchte nach dem Geldbeutel, obwohl er bereits wusste, dass er nicht mehr als fünfzig Euro Bargeld darin hatte. Und auch keine Kreditkarte. Er glaubte den Blick des Mannes in seinem Rücken zu spüren. Sein Gesicht brannte, als er sich wieder aufrichtete.
„Gibt’s ein Problem?“
„Kann ich das Geld überweisen?“ Er hörte sich selbst zwischen den Silben stolpern und sah, wie die Brauen des Spediteurs sich zusammenzogen.
Der abschätzige Zug um die Mundwinkel vertiefte sich. „Sie können das Formular hier für Bezahlung per Lastschrift ausfüllen. Aber eigentlich machen wir das nicht so gern.“
„Dann fülle ich es aus.“
Er übertrug die Zahlen von seiner BCMC-Karte auf das Papier und drückte den Stift fest auf die Unterlage, um das Zittern seiner Hand zu kaschieren.
Der Mann starrte misstrauisch auf das Formular, trennte den Durchschlag ab und schob das Original in eine Ledermappe.
„Und jetzt unterschreiben Sie noch mal hier, das ist die Lieferbestätigung.“
Henryk gehorchte.
„Wiedersehen“, sagte der Mann. „Und viel Spaß mit Ihren neuen Möbeln.“ Er blieb in der Tür stehen. Henryk brauchte ein paar Sekunden, bis er die Aufforderung verstand. Dann, überstürzt, zerrte er den Fünfzig-Euro-Schein aus der Brieftasche, und drückte ihn dem Mann in die Hand.
„Danke.“ Der Spediteur grinste. Ohne Eile wandte er sich ab und stieg die Treppenstufen hinunter.
Wut stieg in Henryk auf. Wut auf sich selbst, auf seine Schwäche, seine Unfähigkeit, dem Eindringling die Stirn zu bieten. Es war wie mit Verhoeven, und zugleich war es schlimmer, denn er hatte keinen Grund gehabt, sich vor diesem Kerl zu ducken. Und dann hatte er ihm auch noch zu viel Trinkgeld gegeben, weil der Mann ihn eingeschüchtert hatte. Er durfte sich nicht mehr einschüchtern lassen.
Er zog die Tür ins Schloss und wanderte zurück in das große Zimmer, in dessen Mitte jetzt der Esstisch thronte wie eine königliche Tafel.
Dort ließ er sich zu Boden sinken. Er kämpfte gegen die Wut in seinem Innern und gegen das Zittern seiner Hände und presste seine Handflächen auf das kühle Parkett, bis sein Herzschlag sich beruhigte.
Er wusste nicht, wie lange er so gesessen hatte. Vielleicht zwei Stunden, vielleicht länger. Es dämmerte, es wurde dunkel. Der Wind frischte auf und trieb Blumenduft ins Zimmer, von den Kletterpflanzen.
Die Wut war zielloser Leere gewichen. Erschöpft durchquerte er das Zimmer und suchte einen Lichtschalter. Ihm fiel auf, dass er noch nie das Licht in dieser Wohnung eingeschaltet hatte. Eine Glühbirne flammte auf und tauchte den Raum in gelblichen Schein.
Von einer plötzlichen Dringlichkeit getrieben schaltete er auch in allen anderen Zimmern die Lampen ein. Erst als alle Räume hell strahlten, entspannte er sich. Obwohl er in seinem Atelier lieber im Halbdunkel arbeitete, beunruhigten ihn hier die Schatten. Er kannte die Wohnung nur bei Sonnenlicht und fürchtete plötzlich, dass die Dunkelheit davon Besitz ergreifen könnte. Er wollte das nicht. In seiner neuen Welt war kein Platz für die Schatten.
Dann wickelte er das Gemälde aus der Zeitungspapierhülle und lehnte es gegen die Wand.
Helene sah aus wie ein Engel, ätherisch und zart und wunderschön. Sie lächelte ihn an, wie sie es auf der Serviette getan hatte. Im Café hatte sie ihn auch angelächelt.
Und jetzt war sie mit Peter Baeskens verreist, ihrem Mann. Ein Anflug von Eifersucht loderte in ihm auf und verglomm einen Lidschlag später.
Das war verrückt.
Er verehrte Peter
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