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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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verfehlte ich zwei Stelzenläufer nur knapp, doch nicht so der Ghallu – er riss ihnen die Stelzenbeine weg, sodass sie im hohen Bogen durch die Luft flogen.
    Was ich im Rückspiegel sah, wurde immer albtraumhafter, aber was voraus lag, war nicht viel besser. Wir näherten uns in hohem Tempo den Downtown-Absperrungen, und da würde das Chaos erst richtig losgehen – überall standen Polizei- und Feuerwehrfahrzeuge mit blinkendem Warnlicht, und nicht mal der gepanzerte Bonneville würde da durchbrechen, ohne dass eine Menge Leute zu Schaden kämen, ganz zu schweigen von dem, was Sam und mir blühte, wenn wir inmitten von zerknautschtem Blech festsäßen und der Ghallu uns erwischte. Wir würden den Bonneville stehen lassen und uns zu Fuß zum Compasses durchschlagen müssen.
    Doch noch während ich das dachte, erwischte uns der Ghallu bereits: Dem grässlich dumpfen Schlag, als er auf die Kofferraumhaube sprang, folgte das schrecklichste Ächzen und Knirschen, das ich je gehört hatte – die Arbeitsgeräusche eines riesigen Dämonenwesens, das das Dach einer gepanzerten Limousine abzureißen versucht, um an die saftigen Leckereien im Inneren zu kommen. Ich sagte mir, dass ich noch Glück im Unglück hatte: Säßen wir in meinem Matador, wäre das Monster nicht nur längst zu uns vorgedrungen, es hätte auch noch den Lack ruiniert.
    Im Aluminiumoxynitrid-Fahrerfenster, das darauf ausgelegt war, allem bis hin zu panzerbrechender Munition zu widerstehen,erschien ein von Spinnennetzsprüngen umgebenes Loch, als eine heiße, schwarze Pranke hereinschoss, darauf aus, meinen Kopf rauszuziehen, egal, ob mein Körper noch dranhing oder nicht. Ich duckte mich, während ich auf die Bremse trat, sodass ich mit dem Schädel gegen das harte alte Lenkrad krachte, und begriff dann erst, dass es nicht die beste Idee gewesen war, mit einem Monster auf dem Wagen anzuhalten. Der Ghallu versuchte, das stahlverstärkte Dachblech aufzureißen, während er mit der anderen krallenbewehrten Hand noch immer nach meinem Kopf angelte, um ihn zu zerdrücken wie eine gekochte Zwetschge. Ich verrenkte den Hals, um ihm zu entgehen, und sah dabei kleine Rauch- oder Dampffähnchen auf der kohlschwarzen Haut des Monstrums tanzen. Meinen Revolver hatte immer noch Sam, und ich glaubte ohnehin nicht mehr so recht an Silberkugeln, jedenfalls nicht gegen dieses Horrorwesen, also besann ich mich stattdessen auf das, was ich in Locho Leos Fahrkurs für kritische Situationen gelernt hatte: Wenn etwas auf deinem Dach ist, schmeiß es runter. Den Kopf noch immer in einem absurden und äußerst schmerzhaften Winkel, trat ich aufs Gas und hielt genau auf das nächststehende Gebäude zu.
    »Was …?«, war alles, was Sam herausbrachte, bevor wir über den Bordstein donnerten, abhoben und wie ein verirrter Marschflugkörper in die Fassade der Wells Fargo Bank krachten. Putz und Mauersteine flogen umher. Ein langes Stück Armierungsstahl durchbohrte die Windschutzscheibe, schoss genau zwischen Sams und meinem Kopf hindurch und spießte sich in den Rücksitz. Ich betete inbrünstig, dass der Ghallu sich den Schädel eingeschlagen hatte, bezweifelte es aber: Wenn ihn ein knappes Dutzend Silberkugeln in der Brust nicht aufhalten konnten, dann würde es so eine Kleinigkeit wie der Crash mit einem Bankgebäude auch nicht schaffen.
    Es gibt nichts Schrecklicheres, als vor etwas auf der Flucht zu sein, von dem du weißt, dass es dir haushoch überlegen ist.Die Hilflosigkeit, das Gefühl, dass die Kraft aus dir herausrinnt wie Sand … alles in dir wird mit jedem Moment kälter und langsamer. Deine schlimmsten Ängste fangen an zu triumphieren.
    Ich verlor keine Zeit damit, nach Sam zu schauen – hörte ihn aber auf seiner Seite aussteigen. Ich trat einfach nur meine Tür auf und spurtete los, Richtung Beeger Square, rammte mit den Schultern betrunkene Nachtschwärmer aus dem Weg. Mich umzuschauen, hatte ich keine Gelegenheit, und ich wollte es auch gar nicht. Ich wusste, der Dämon war hinter uns her wie ein verzerrter, schwelender Schatten, die Augen schmale Schlitze, der Mund wie ein Riss in einem Vorhang. Ich wusste, es war nur eine Frage von Augenblicken, bis uns unser irdisches Fleisch endgültig im Stich lassen würde …
    Sam zog mit wild flatterndem Mantel an mir vorbei. Noch nie hatte ich ihn so schnell laufen sehen. Es war, als ob ein mächtiger Ackergaul einen steilen Hang hinuntergaloppiert: Alles an ihm bewegte sich gleichzeitig, und er konnte unmöglich von

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