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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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Venezianer werden sich beteiligen, weil es für sie viel zu verdienen gibt, wie immer bei solchen Gelegenheiten. Neapel und der Süden haben keine Möglichkeit, selbst eine Entscheidung zu treffen – um die kümmert sich Charles von Anjou. Was mir Sorge macht, sind die Städte des Reiches sowie jene Umbriens und der Toskana.«
    Trotz seines Bemühens, die Flamme übertriebenen Ehrgeizes
zu dämpfen, merkte Palombara, wie ihn eine gewisse Erregung erfasste. »Ja, Eure Heiligkeit …«
    »Beginnt mit Florenz«, sagte dieser. »Die Stadt ist reich, voll Leben und neuer Gedanken – und uns treu ergeben. Das wird uns zugutekommen, wenn wir es richtig anstellen. Seht zu, dass Ihr feststellt, welche Unterstützung wir von unserer Heimatstadt Arezzo zu erwarten haben. Mir ist klar, das dass schwierig wird, denn sie neigt dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches zu. Aber ich verlasse mich auf Euch, Ihr habt in Byzanz bewiesen, was in Euch steckt.« Er lächelte ein wenig trübselig. »Ich habe verstanden, was Ihr mir über Michael Palaiologos gesagt habt, Enrico, denn ich bin nicht so blind, wie es mir Euer Takt unterstellt. Auch durch das, was Ihr mir verschwiegen habt, ist mir so manches klargeworden. Geht und meldet Euch Mitte Januar wieder.«
    Am 10. Januar 1276 kehrte Palombara nach Rom zurück, um dem Papst Bericht zu erstatten. Während er im grauen Licht des Spätnachmittags den Platz vor dem Lateranpalast überquerte, fiel ihm eine sonderbare Stille auf.
    Er sah einen ihm bekannten Kardinal mit bedrückter Miene auf sich zukommen.
    Das Vorgefühl eines Verlustes erfasste Palombara. »Der Heilige Vater?«
    »Ja. Heute«, gab der Kardinal zurück und sah Palombara aufmerksam an, der noch seine Reisekleidung trug. »Ihr kommt zu spät.«
    Es gab für Palombara keinen Grund, überrascht zu sein. Papst Gregor war ihm bei seinem letzten Besuch körperlich wie auch geistig angegriffen vorgekommen. Ein Kummer, der auch mit dem möglichen Verlust seines Amtes und der
ungewissen Zukunft zu tun hatte, erfasste Palombara. Wieder einmal war alles in Unsicherheit versunken, und er empfand eine große Leere.
    »Danke«, sagte er ruhig. »Ich habe es nicht gewusst.« Er bekreuzigte sich. »Möge er in Frieden ruhen.«
    Den ganzen regnerischen Tag verbrachte er im Hause und beschäftigte sich mit der Abfassung des Berichts über seinen Aufenthalt in der Toskana, den er dem neuen Papst aushändigen würde, falls dieser ihn haben wollte. Immer wieder schritt er tief in Gedanken versunken unruhig auf und ab und überdachte alles, was zu tun war. Viel stand auf dem Spiel, und er konnte alles gewinnen … und ebenso gut alles verlieren.
    In den Jahren, in denen er sein hohes Amt bekleidete, hatte er sich Freunde und Feinde gemacht, von denen der schlimmste Niccolo Vicenze war.
    Sofern er einen gewisse Einfluss behalten wollte, würde er in den nächsten Wochen mehr als seine Tüchtigkeit brauchen, nämlich Glück. Er hätte sich auf das Ableben des Papstes einstellen müssen. Vieles hatte darauf hingedeutet: die tiefliegenden Augen, das beständige Husten, seine Schmerzen und seine Erschöpfung.
    Palombara blieb am Fenster stehen und sah in den Regen hinaus. Papst Gregor hatte sich mit aller Entschiedenheit für den neuen Kreuzzug eingesetzt. Wie aber würde sich sein Nachfolger dazu stellen?
    Er war überrascht, wie sehr Konstantinopel sein Denken beherrschte. Würde der neue Papst die dort lebenden Menschen als Mitchristen achten und die Unterschiede zwischen der Ostkirche und der römischen Kirche zu überbrücken versuchen? Würde er es sich zur Aufgabe machen, die Kirchenspaltung zu überwinden?

    An den folgenden Tagen stieg die Spannung. Spekulationen machten die Runde, doch alles nur insgeheim, denn im Vordergrund standen die Trauer und die Beisetzungsfeierlichkeiten für Papst Gregor, die in Arezzo abgehalten wurden. Selbstverständlich war Eile geboten, doch wollte niemand seinen Ehrgeiz offen zeigen. So gut wie jeder meinte etwas gänzlich anderes, als er sagte.
    Palombara hörte allen aufmerksam zu und überlegte, welche Gruppe er offen unterstützen sollte. Eines Januartages, nur eine Woche nach dem Tod des Papstes, überquerte er in Gedanken den Platz vor dem Lateranpalast, als ein neapolitanischer Priester namens Masari auf ihn zukam und wie selbstverständlich neben ihm herging.
    »Eine gefährliche Zeit«, sagte er im Gesprächston, während er darauf achtete, mit seinen prächtigen Schuhen den Pfützen

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