Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
Vom Netzwerk:
auszuweichen.
    Palombara lächelte. »Fürchtet Ihr etwa, das Konklave könnte auf einen anderen Kandidaten verfallen als den von Gott ausersehenen?«, fragte er mit einem Anflug von Spott in der Stimme. Er kannte Masari, aber nicht gut genug, um ihm zu trauen.
    »Ich fürchte, dass seine Mitglieder ebenso fehlbar sind wie andere Menschen und ein wenig Nachhilfe brauchen«, gab Masari zur Antwort. Auch in seinen Augen blitzte es spöttisch. »Der Stuhl Petri ist sehr erstrebenswert, und die Verlockung der Macht tötet leider so manche Tugend. Oft genug vor allem die Weisheit.«
    »Lasst mich an Eurem Wissen teilhaben, mein Freund«, forderte ihn Palombara auf. »Was würde die Weisheit Eurer Meinung nach gebieten?«
    Masari schien zu überlegen. »Gründlichkeit statt Übereilung«, sagte er schließlich, während sie nebeneinander eine
Treppe emporstiegen. Der Regen wurde stärker. »Diplomatische Begabung statt ein familiäres Beziehungsgeflecht«, fuhr er fort. »Es kann sich als äußerst hinderlich erweisen, auf die Unterstützung von Angehörigen angewiesen zu sein. Schulden werden gewöhnlich im unpassendsten Augenblick eingetrieben.«
    Palombara war unwillkürlich belustigt und interessiert. Er spürte, wie sein Puls rascher schlug. »Aber wie soll man Unterstützung gewinnen, wenn man keine Verpflichtungen in alle Richtungen eingeht? Die Kardinäle geben niemandem ohne Grund ihre Stimme.«
    »Bedauerlicherweise nein.« Masari wich rasch einem Wasserguss aus, der aus einer Dachtraufe herunterkam. »Doch zu den besten Gründen gehört möglicherweise die Überzeugung, dass es dem neuen Papst, wer auch immer das sein wird, gelingen könnte, die Christenheit zu einigen, ohne dem falschen Glauben der griechischen Kirche eine einzige unserer Lehren zu opfern, denn das würde Gott zweifellos am meisten missfallen.«
    »Ich kenne Gottes Gedanken nicht«, sagte Palombara mit einer gewissen Schärfe in der Stimme.
    »Natürlich nicht«, stimmte Masari zu. »Das ist ausschließlich dem Heiligen Vater gegeben. Wir müssen beten, hoffen und nach Weisheit trachten.«
    Palombara kam eine flüchtige Erinnerung an den Augenblick, da er in der Hagia Sophia gestanden und ansatzweise erfasst hatte, wie unaufdringlich und feinsinnig die Weisheit der Byzantiner im Vergleich zu jener der römischen Kirche war. Das hing unter anderem damit zusammen, dass sie das weibliche Element nicht ausschloss. Vielleicht war sie dem Geist der Menschen besser angepasst und auch eher offen für Veränderungen.

    »Ich hoffe nicht, dass wir lange warten müssen, bis wir sie gefunden haben«, sagte er. »Sonst kommen wir womöglich zeit unseres Lebens nicht zur Wahl eines neuen Papstes.«
    »Ihr scherzt, Monsignore«, sagte Masari und ließ seine schwarzen Augen kurz auf Palombaras Gesicht ruhen. Dann wandte er den Blick rasch wieder ab. »Aber ich denke, dass Ihr von Weisheit mehr versteht als die meisten.«
    Erneut spürte Palombara eine tiefe Überraschung und das Jagen seines Pulses. Offensichtlich stellte ihn der Mann auf die Probe. Ob er ihn gar mit dieser Herausforderung umwarb?
    »Sie bedeutet mir mehr als eine Fülle von Gunsterweisen«, gab er aufrichtig zurück. »Aber ich glaube nicht, dass sie so billig zu erlangen ist.«
    »Nur wenig Gutes ist billig, Monsignore«, stimmte Masari zu. »Wir suchen einen Papst, der in ganz besonderer Weise geeignet ist, die christliche Welt zu führen.«
    » Wir?« Während Palombara weiter ausschritt, achtete er nicht mehr auf den Wind oder die Pfützen, die sich in den Vertiefungen des Pflasters sammelten, und auch nicht auf Vorüberkommende.
    »Männer wie Seine Majestät, der König beider Sizilien und Graf von Anjou«, gab Masari zur Antwort. »Wichtiger aber noch ist in diesem Zusammenhang selbstverständlich, dass er auch römischer Senator ist.«
    Palombara wusste genau, was Masari damit meinte: Charles vermochte dank seiner Macht die Entscheidung zu beeinflussen, wer Papst werden sollte. Das Angebot lag verlockend vor ihm. Die ernsthafte Aussicht, Papst zu werden! Jetzt schon? Dafür war er mit seinen nicht einmal fünfzig Jahren vergleichsweise jung. Doch es hatte schon deutlich jüngere Päpste gegeben.

    Masari wartete aufmerksam, nicht nur auf Palombaras Worte, sondern auch auf seine sonstigen Reaktionen.
    Dieser sagte, was seiner Ansicht nach der Wahrheit entsprach und seiner Überzeugung nach zugleich das war, was Charles von Anjou hören wollte. »Ich bezweifle, dass sich die

Weitere Kostenlose Bücher