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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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ohne dass sie über seine Schulter mitlasen.«
    Pietro lachte. »So ist die Menschennatur nun einmal. Die Venezianer suchen immer nach Möglichkeiten, jemandem am Zeug zu flicken.« Er stellte sein leeres Glas auf den Tisch zurück. »Hast du Lust, morgen Abend zum Kanal in der Nähe des Arsenals zu kommen? Ich kenne da eine Schenke, wo es erstklassigen Wein gibt und junge Frauen mit glatter Haut und Rundungen genau an den richtigen Stellen.«
    » Wenn man dich so hört, könnte man glauben, dass es um was zu essen geht«, sagte Giuliano, doch der Gedanke gefiel ihm. Gegen leichte Vergnügungen, Musik, ein wenig unverbindliche Zärtlichkeit, bei der niemand zu Schaden kam, war nichts einzuwenden. Außerdem war
Pietro ein guter Gesellschafter, stets lustig und guter Dinge, jemand, der sich nie beklagte. »Einverstanden«, willigte er ein.
    Die Wahl eines neuen Dogen war ein äußerst komplizierter Vorgang. Dafür hatte Tiepolo im Jahr seiner Amtsübernahme selbst gesorgt, um die Macht der großen Familien zu beschneiden, die seit der Herrschaft des ersten Dogen vor fünfhundert Jahren ununterbrochen die Männer an der Spitze der Stadtrepublik gestellt hatten. Giuliano fragte sich, ob Tiepolo dabei speziell die Dandolos im Auge gehabt haben mochte.
    Als schließlich alles für diesen Vorgang Vorgeschriebene buchstabengetreu erfüllt war, wurde der neue Doge gewählt: der achtzigjährige Giacopo Contarini, ein Verwandter Pietros.
    Schon eine Woche nach seiner Wahl ließ er Giuliano zu sich in den Dogenpalast kommen.
    Es war ein unangenehmes Gefühl, dort auf Tiepolos Platz einen anderen zu sehen. Alles war unverändert, die Räume und Korridore, die Marmorsäulen und sogar das Muster des Sonnenlichts, das durch die Fenster auf den Boden fiel. Auch die Lakaien waren, bis auf einige persönliche Diener des Dogen, dieselben wie zuvor. Der tiefe Eindruck von Kontinuität, den Giuliano dabei bekam, brachte ihm schmerzlich zu Bewusstsein, dass die Republik Venedig weit bedeutender war als die Menschen, die ihr Leben verliehen.
    »Tretet näher, Dandolo«, sagte Contarini in aller Förmlichkeit. Er hatte sich eindeutig noch nicht richtig an sein neues Amt gewöhnt, das er womöglich sein Leben lang angestrebt hatte.
    Giuliano verbeugte sich und wartete in dieser Haltung
auf die Wünsche des Dogen, für den er ein Niemand war, ein Nichts, ganz anders als für Tiepolo.
    »Ihr seid kürzlich aus Konstantinopel zurückgekehrt«, begann Contarini. »Berichtet mir, was Ihr dort erfahren habt. Ich weiß, dass Euch mein Vorgänger, Gott sei seiner Seele gnädig, dort hingeschickt hatte. Wie schätzt Ihr Kaiser Michael und den König beider Sizilien ein?«
    »Kaiser Michael ist klug und scharfsinnig«, gab Giuliano Auskunft. »Ein im Krieg gestählter Befehlshaber, der aber nicht über die Seestreitmacht verfügt, die nötig wäre, um sich gegen einen Angriff von See her zu verteidigen. Die Stadt erholt sich allmählich, doch sind die Menschen dort nach wie vor arm. Es dürfte noch lange dauern, bis ihnen der Handel die Mittel verschafft, die nötig sind, um die Verteidigungsanlagen zur Seeseite hin so zu verstärken, dass sie einem Vorstoß standhalten.«
    »Und was ist mit dem König beider Sizilien?«, fasste Contarini nach.
    Giuliano teilte ihm mit, dass sich Charles von Anjou keinesfalls auf die Treue seiner sizilianischen Untertanen verlassen könne.
    Contarini nickte. »So, so. Und hat Euch der Doge Tiepolo gesagt, warum er diese Angaben haben wollte?«
    »Sofern Charles einen Kreuzzug plant, braucht er eine gewaltige Flotte, die entweder wir oder die Genueser bauen würden. Im Fall eines Erfolgs wäre die Beute beachtlich, wenn auch nicht so bedeutend wie im Jahre 1204, denn Konstantinopel hat damals einen großen Teil seiner Schätze verloren. Doch was da ist, genügt immer noch, um den Einsatz lohnend erscheinen zu lassen. Wir sollten unverzüglich eine Vereinbarung treffen und uns das erforderliche Bauholz sichern.«

    Mit einem Lächeln fragte Contarini: » War mein Vorgänger der Ansicht, dass sich Charles von Anjou an Vereinbarungen halten würde?«
    »Das zu tun hätte für ihn nichts als Vorteile. Bestimmt will er sich Venedig nicht zum Feind machen, solange er nicht Byzanz, Jerusalem und möglicherweise Antiochia erobert hat. Außerdem vergessen wir hier in Venedig Kränkungen nicht so schnell«, gab Giuliano zurück.
    »Sehr gut. Und was habt Ihr über Euren Aufenthalt in Konstantinopel zu berichten?«
    »Ich habe

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