Die Echsenwelt: Ein Pip& Flinx Roman
bedrohst, wird Pip dich auch nicht angreifen.«
»Werd's mir merken. Du erinnerst dich an Conda Challis?«
Flinx dachte an seine Begegnungen mit dem Geschäftsmann zurück. Ein wenig beeindruckendes Bündel aus labbriger Haut und Argwohn, doch ausgestattet mit einem überaus scharfen Verstand, hatte Challis es zu einem erfolgreichen Kaufmann und Händler von Waren aller Art gebracht, von Rohstoffen bis hin zu fertigen Produkten. Seine Hände waren von einem Geschäftsgebaren beschmutzt, das sich hart am Rand der Legalität bewegte, und bisweilen auch ein gutes Stück darüber hinaus. Eine unangenehme, ängstliche und misstrauische Person, der Flinx nicht einmal die Pflege einer Topfpflanze anvertraut hätte.
Angesichts seiner momentanen Lage und der Fremdartigkeit seiner gegenwärtigen Umgebung ein etwas merkwürdiger Vergleich, wie er fand. Doch er hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen.
»Ja, ich entsinne mich an ihn. Und an das Geschäft mit den Janusjuwelen.«
»Vergiss die Janusjuwelen. Das Wesentliche an der ganzen Sache sind die Leute, nicht irgendwelche belanglosen Dinge.« Sie wandte ihren Blick von ihm ab, und er konnte sehen, wie sie sich zurückerinnerte, sich eine Vergangenheit ins Gedächtnis rief, die ihre Emotionen vor Erbitterung hochkochen ließ. »Manche Erinnerungen lassen sich nur mühsam wieder wecken, manche Geschehnisse schwer rekonstruieren. Über die Möglichkeiten und Mittel eines großen Geschäftskonzerns verfügen zu können ist eine enorme Hilfe, aber noch kein Garant für Erfolg.« Sie drehte sich wieder zu ihm um, und für einen kurzen Moment sank ihr rasender Zorn über die damaligen Ereignisse, über die sie niemals die Kontrolle gehabt hatte und bei denen sie nicht mehr als einer von vielen Akteuren gewesen war. »Pass jetzt gut auf, Flinx, denn es ist ein bisschen schwierig, dem allem zu folgen, und noch viel schwieriger, es auch zu verstehen.
Die einzigen Empfindungen, die dieser Lüstling Conda Challis jemals verspürt hat, galten seinem eigenen Vergnügen und Erhalt. Soviel ich weiß, hat er niemals geheiratet. Das heißt jedoch nicht, dass es ihm an weiblicher Gesellschaft mangelte. Neben den üblichen flüchtigen Beziehungen hat er sich eine ganze Reihe von Liebschaften gekauft. Rein objektiv betrachtet kann ich verstehen, weshalb eine Frau sich einem solchen Gewerbe hingibt. Gefühlsmäßig kann ich es nicht.« Sie machte eine Geste, die noch schwieriger zu deuten war als die Gebärden der AAnn. »Aber möglicherweise bin ich ja dafür noch nicht alt genug. Intellekt ist wohl nicht alles.
Eine der Miezen, die er sich auf diese Weise gepachtet hatte, war eine schöne, aber verarmte Frau namens Rud Anasage. Der Terranglo-Slang ist eine wandelbare, sich ständig verändernde Sprache.« Aufmerksam sah sie ihn an. »Du weißt, dass einer der Namen, die die Leute für eine solche Frau haben, ›Lynx‹, Luchs, lautet, nach einer besonders wilden und geschmeidigen terranischen Katze.«
»Ich kenne den Namen meiner Mutter«, informierte Flinx sie matt. »Ich hab ihn vor Jahren aus dem Hauptarchiv in Denpasar ausgegraben.«
Sie nickte anerkennend. »Wie gewitzt von dir. Aber hast du bei dieser Gelegenheit auch gleich mit ausgegraben, dass diese mittellose Frau namens Anasage zwei Töchter aus früherer Ehe in die Geschäftsbeziehung, die sie mit Challis hatte, einbrachte?«
»Mir ist nur bekannt, dass sie zwei Kinder geboren hat, einen Jungen und ein Mädchen: Teleen und mich.«
»Wie willst du verdammt noch mal wissen, wer von wem ist? Du weißt ja nicht einmal die Anzahl!« Mahnahmis Erregung wirkte umso bedrohlicher, je fester sie sie im Zaum zu halten versuchte. »Sie hatte insgesamt drei Kinder: dich, Teleen und mich. Ich wusste von deiner Existenz, weil sie, als ich noch klein war, manchmal von einem mittleren Kind gesprochen hat, von einem Sohn, der ihr weggenommen worden war, bevor ich zur Welt kam.«
»Wirklich eine nette Geschichte. Du bastelst dir da ja eine echt spannende Mythologie zurecht.« Er wartete, um zu hören, was sie als Nächstes zu sagen hatte.
»Alle Mythen haben ihren Ausgangspunkt in Tatsachen, Flinx. Meine Mutter – Anasage – hatte auch noch eine ältere Schwester, Rashalleila mit Namen, die es selbst zu einer erfolgreichen Geschäftsfrau gebracht hatte, dank der Starthilfe, die sie von Anasages inzwischen verstorbenem Ex-Mann erhalten hatte. Sein Tod hatte aber unmittelbar zu Anasages Verarmung geführt. Ganz offensichtlich gab
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