Die Echsenwelt: Ein Pip& Flinx Roman
es nicht die geringste Liebe zwischen den beiden Schwestern, trotz der Hilfe und Unterstützung, die Anasages Angetrauter der älteren Schwester hatte angedeihen lassen. Das war einer der Umstände, die Anasage zwangen, sich auf den Handel mit Conda Challis einzulassen.«
»Nach Anasages Tod nahm man Verbindung zu dieser Rashalleila auf. Schließlich war sie die einzige nachweisliche nahe Verwandte. Es bereitete ihr ein infames Vergnügen, Anasages Erstgeborene, das Mädchen Teleen, unter ihre Fittiche zu nehmen und einen Großteil der Verantwortung für sie zu tragen. Challis hatte gegen dieses Arrangement nicht nur nichts einzuwenden gehabt, sondern war darüber sogar recht froh. Er hatte für das ältere Mädchen nicht die geringste Verwendung.« Abermals wurden Mahnahmis Züge von einem leicht irren Grinsen gestört. »Wie du von deiner Begegnung mit ihr wohl weißt, war Teleen, obschon nicht unattraktiv, nicht gerade ein sprudelnder Born an Sinnlichkeit, und Challis hatte, als rechtschaffener Perversling, nun mal seine Standards.
Teleen nahm in abgewandelter Form den Namen ihrer Tante an und stürzte sich auf alles, was ihr über die diversen Geschäftsunternehmen ihres neuen Vormunds wissenswert erschien. Sie machte es ziemlich gut – wenn auch nicht gut genug. Letzten Endes konnten auch all ihre Kenntnisse und Erfahrungen sie nicht vor dem schützen, dem sie sich eines Tages unerwartet gegenübersah: vor dir – ihrem Halbbruder.«
Flinx dachte einen Augenblick nach, bevor er etwas erwiderte, speicherte Informationen und suchte gleichzeitig nach Schwachstellen in Mahnahmis Ausführungen. »Wenn das stimmt, was du mir da erzählst, dann sind wir alle drei miteinander verwandt. Aber wieso hab ich dann an Teleen niemals irgendetwas Ungewöhnliches entdeckt?«
»Weil sie nicht das Werk der Meliorare-Society war. Ihr Vater ist Anasages erster Ehemann gewesen, der, der früh gestorben ist und damit seine Frau in Armut gestürzt hat. Unser älteres Halbschwesterchen war das gemeine Produkt einer natürlichen geschlechtlichen Vereinigung. Ganz im Gegensatz zu dir und mir«, fügte sie schonungslos hinzu. »Was glaubst du, wie Anasage es geschafft hat, sich über die Runden zu bringen, nachdem ihr Mann abgetreten war und sie mit einem riesigen Berg Schulden und ohne einen Kredit sitzen gelassen hatte?« Als Flinx darauf keine Antwort zu geben wusste, klärte ihn das blonde, ungezähmte Mädchen triumphierend auf.
»Sie fing an, für die Melioraren zu arbeiten! Da ihre eifersüchtige, hasserfüllte ältere Schwester Rashalleila sich weigerte, ihr zu helfen, blieben ihr nur noch wenig Alternativen. Und sie war wütend. Wir können darüber spekulieren, welcher Art ihre Zusammenarbeit mit den Melioraren war – aber die denkbaren Möglichkeiten sind allesamt unerfreulich.«
Wie eine aufdringliche Horde Parasiten schlich sich eine schreckliche Erkenntnis in Flinx' Bewusstsein. »Dann ... war also dieses zweite Kind, von dem in den Berichten die Rede war, gar nicht Teleen. Dieses zweite Kind ... warst du.«
Die geschmeidige Kindfrau beehrte ihn mit einer ironischen Verbeugung. »Stets zu Diensten, liebster Bruder .«
Er fuchtelte mit seiner Pistole. »Beweise. Ich brauche Beweise. Erzählen kannst du mir viel.«
»Du bist ein Adept, Flinx. Ich bin ein Adept. Du bist etwas Besonderes, ich bin etwas Besonderes. Komm, spuck's aus – wie viele andere ›Besondere‹ sind dir bei deiner Suche begegnet?«
»Das reicht mir nicht. Übereinstimmende Fähigkeiten sind noch kein unumstößlicher Nachweis für Blutsverwandtschaft.«
Seufzend verdrehte sie die Augen und fing an, weitere Eckdaten zu ihrer Person herunterzubeten. »Lynx, Mahna ... offizieller Name ... geboren 539 A.A., 2939 nach altem Kalender, in dem Vorort Sarnath, Großbezirk Allahabad, Provinz Indien, Terra. Ergänzende Angaben: Mutter 28 ... Name: Anasage ... Großeltern: unbekannt.« Sie machte eine Pause, sah ihn aufmerksam an. »Ich hab noch mehr. Willst du's hören?«
Als er müde nickte, begann sie ihm der Reihe nach dieselben Informationen vorzuleiern, die er bereits Jahre zuvor im Wissenschaftlichen Zentrum im fernen Denpasar zusammengetragen hatte. »Kind normal – erhöhte R-Zacken-Amplitude – Mutter normal«, und so weiter und so fort. Nur, wie sich gezeigt hatte, war das Kind ganz und gar nicht normal.
»Ich kann sehen, was du denkst – auch ohne irgendein ›Talent‹ einzusetzen«, sagte sie zu ihm. »Die Melioraren haben ihre
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