Die Echsenwelt: Ein Pip& Flinx Roman
Mehrmals schnellte ihre spitze Zunge hervor, als wollte sie die emotionsgeladene Atmosphäre erschmecken.
Er musste die Frau stoppen, so viel stand fest. Je mehr ihre eigenen Emotionen die Oberhand über die illusionären erlangten, umso bereitwilliger würde sie ihren Vorgesetzten alles berichten, woran sie sich erinnern konnte. Praktischerweise waren die Damen und Herren jedoch von der ungeheuerlichen Sicherheitslücke im Verteiler und der Bewältigung dieser Krise in Anspruch genommen. Mit etwas Glück würden etliche Tage verstreichen, bis jemand die Zeit fand, sich die Befürchtungen und Verdächtigungen einer Sicherheitsangestellten anzuhören. Zu diesem Zeitpunkt wäre er längst weit fort – nicht nur von Surire und Tacrica, sondern auch fort aus dieser übervölkerten, klaustrophobischen Welt, die einst seine Spezies hervorgebracht hatte.
In diesem Moment fuhr Elena herum und rannte wie der Teufel zurück zum Verteiler. So viel zum Thema »Liebe auf den ersten Blick«, dachte Flinx spöttisch, während er seine Aufmerksamkeit dem Fahrzeug zuwandte, das am nächsten stand. Und wieder einmal erforderten es die Umstände, dass er jegliche Bedenken über Bord warf und seine speziellen Fähigkeiten einsetzte, die er sich in seiner jugendlichen Laufbahn als Langfinger zwangsläufig angeeignet hatte. Es dauerte nicht einmal zwei Minuten, bis er wohlbehalten in dem Privatfahrzeug saß und der Parkzonenausfahrt entgegenraste.
Das kompakte Luftkissengefährt war auf ein unbekanntes Ziel vorprogrammiert. Jeder, der versuchen würde, sich an dem gesicherten Navigationssystem zu schaffen zu machen, liefe Gefahr, dass das Fahrzeug bei der hiesigen Obrigkeit als gestohlen gemeldet wurde. Besser einen kleinen Abstecher ins Unbekannte in Kauf nehmen, als zu riskieren, noch zusätzliche unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, entschied er. Wenn er Glück hatte, würde es von Surire aus schon bald in einen steilen, aber sicheren Sinkflug übergehen und Kurs auf den belebten Badeort an der Küste nehmen. Vielleicht schwenkte das Gefährt aber auch ins Inland ab, Richtung Lapaz. Doch so wie die Dinge standen, wäre er mit jedem der beiden Ziele zufrieden.
Das Fahrzeug wählte keines davon. Stattdessen befand sich Flinx wenig später auf einem nahezu direkten Kurs nach Westen, geradewegs auf die Ausläufer der Anden zu. Völlig unvertraut mit der Region, sah man von den Orten ab, die er bereits besucht hatte, hatte er nicht den leisesten Schimmer, wohin die Reise ging. Seine wachsende Sorge wurde nur partiell durch den Umstand gemildert, dass der Blindflug ohne jegliche Störung verlief und nur von unerwartet kurzer Dauer war.
»Willkommen im Surire-Park«, verkündete das Gefährt und bremste allmählich ab.
Vorsichtig spähte Flinx aus der polarisierenden Kuppel und sah, dass sie in eine weitere Parksektion gezogen wurden. Doch im Gegensatz zu dem stillen Areal beim Shell-Verteiler wimmelte es hier nur so von hauptsächlich jungen Familien und Paaren. Frei schwebende Holos priesen die Vorzüge von Produkten an, von denen Flinx noch nie etwas gehört hatte, während die Luft erfüllt war von gedämpfter, aber unbeirrbar fröhlicher Musik. Wo auch immer er hier gelandet sein mochte, es war, wie es schien, ein glücklicher Ort. Allerdings würde dies nur so lange bleiben, wie es Flinx gelang, der Aufmerksamkeit der Obrigkeiten zu entgehen.
Als das gekaperte Gefährt sich selbsttätig einparkte und deaktivierte und sich anschließend strikt weigerte, den Flug fortzusetzen, blieb Flinx nichts anderes übrig als auszusteigen. Es bedurfte nur eines oder zweier Holos sowie eines relativ unentspannten Spaziergangs durch ein paar laute Klangpylonen hindurch, damit er begriff, wo es ihn hinverschlagen hatte. Dieser Surire-Park war nicht das Landschaftsschutzgebiet für die flauschigen Vikunjas und Viscachas, von denen er gelesen hatte. Jene unberührte Wildnis lag viel weiter nördlich. Nein, dieser Surire-Park war durch und durch künstlich, ebenso wie die Freizeitvergnügungen, die er bot.
Eingedenk seines augenblicklichen Gemütszustands vielleicht nicht einmal der schlechteste Ort. Obwohl es an einem normalen Werktag wie diesem relativ leer war, befanden sich hier doch immer noch genügend rempelnde und lachende Leute – Urlauber ebenso wie Einheimische –, um in der Menge unterzugehen.
Jeden Blickkontakt mit dem diskret gekennzeichneten Sicherheitspersonal des Parks vermeidend, schlenderte Flinx unbehelligt durch
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