Die Echsenwelt: Ein Pip& Flinx Roman
nicht weniger überschwänglich vor als jeder lebende Kundenfänger.
Im Innern des Fahrgeschäfts bestiegen die Teilnehmer verschiedene Magnetboards, die ihrem jeweiligen Gewicht und ihrer Größe entsprachen. Jedes Board war von einer transparenten, unzerbrechlichen Hülle umschlossen, die in dem unwahrscheinlichen Fall einer Karambolage selbsttätig genügend Druckfestigkeit aufbaute, um etwaige Verletzungen zu verhindern. Da jede dieser Kabinen vom automatischen Sicherheitssystem des Fahrgeschäfts überwacht wurde, war es völlig unmöglich, dass jemand seinen Vordermann überfuhr oder von hinten überholt wurde.
Unterhalb der Startbrüstung tauchten die Passagiere steil in einen der sich kreuzenden Kanäle hinab. Angetrieben von den in genauem Abstand angebrachten elektromagnetischen Ringen, die jede offene Streckenführung umschlossen, stand es den Boardfahrern frei, ob sie ihre Sturzfahrt allein der Schwerkraft überantworten wollten oder es vorzogen, mithilfe der Technik auf ein sogar noch höheres Tempo zu beschleunigen. Das Magnetsystem konnte außerdem von jedem Board auch zum Bremsen eingesetzt werden, für den Fall, dass den Passagieren der Sinn nach einer gemächlicheren Fahrt stand. Auf dem Board sitzend, umgeben von der schützenden Hülle, die Füße ausgestreckt und der restliche Körper weniger als einen Meter über der Piste, könne man, so versprach der elektronische Kundenfänger, die westliche Andenflanke mit über 300 Stundenkilometern hinabschießen. Aufgrund der Bodennähe des Boards und seiner geringen Größe sei das Gefühl von purer Geschwindigkeit, so versicherte das aufgezeichnete Geschwafel weiter, absolut ohnegleichen. Man würde aus einer Höhe von fünftausend Metern bis auf Meeresspiegelniveau hinabstürzen, bei einer Luftlinie von unter hundert Kilometern.
Genau das, was Flinx brauchte.
Er schaute sich um und sah, wie drei Polizisten sich ihren Weg in das Fahrgeschäft bahnten. Beharrlich checkten sie mit ihren Blicken die Menge, während sie immer näher kamen. Flinx wählte einen Schwierigkeitsgrad aus und bezahlte den Eintritt für eine Person.
Die Steuerung des Boards war so simpel, dass selbst ein achtjähriges Kind damit zurechtkommen konnte, was ja auch ganz in der Absicht der Entwickler lag. Während Flinx auf seine Abfertigung wartete, sah er kreischenden Kindern, schmunzelnden Erwachsenen und verliebten Pärchen dabei zu, wie ihre Kabinen nach und nach ein Stück vorwärtsbefördert wurden, um dann jäh in die Tiefe zu sacken und aus seinem Blickfeld zu verschwinden. Die Langsamen, Zaghaften oder einfach nur Ängstlichen unter ihnen würden nun automatisch in jene Abfahrtskanäle dirigiert werden, die ausschließlich Leuten wie ihnen vorbehalten waren. Draufgänger und Geschwindigkeitsfreaks teilten sich andere Strecken. Drei bis vier Bahnen waren für die wirklich Verrückten reserviert.
Nachdem klar war, wohin die Reise ging und wie er weiter vorgehen musste, vergewisserte sich Flinx, dass Pip sich sicher unter seinem Hemd befand. Allerdings machte er sich um sie keine allzu großen Sorgen. Ihre kleinen, enorm kräftigen Sehnen und Muskeln erlaubten es ihr, sich weitaus fester an ihn zu klammern, als er selber sich an der Steuerung des Boards festhalten konnte.
Mit einem leichten Ruck setzte sich das Board in Bewegung. Es ging los. Er spürte, wie sich die Andrucksicherheitsgurte spannten und sich seiner schlaksigen Körperform anpassten, unnachgiebig, doch nicht zu stramm. Nachdem er sich nun nicht mehr umdrehen konnte, hörte er hinter sich laute Rufe. Hatte er zu lange gewartet? War es zu diesem Zeitpunkt noch möglich, das Fahrgeschäft anzuhalten und zu verhindern, dass er über die Startbrüstung hinweg nach unten stürzen konnte?
Ein weiterer Ruck, und er wurde geringfügig schneller. Vor ihm verschwand ein Board mit einem dunkelhäutigen Pärchen so urplötzlich aus seinem Blickfeld, als wäre es über den Rand der Erde gestürzt, was in gewisser Weise der Fall war. In seinem Kielwasser ließ es ein euphorisches Kreischen zurück. Das Board, auf dem er fuhr, verlangsamte sich. Links und rechts sah er andere Boards, andere Fahrgäste in ihren Kanälen verschwinden. Die Rufe hinter ihm wurden leiser, doch er konnte deutlich die ansteigenden und auch widersprüchlichen Emotionen irgendwo ganz in seiner Nähe spüren. Mit aufeinander gepressten Lippen wartete er auf den nächsten Schub.
Dann, ohne jede Vorwarnung, kippte er nach unten. Der Abfahrtswinkel
Weitere Kostenlose Bücher