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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kamen wie ein Preßlufthammer über sie. Sie hatte dann immer die Augen geschlossen und an das Geld gedacht.
    »Sie arbeiten ab morgen abend an der Bar«, sagte Franz von Gleichem.
    »Und weiter?«
    »Weiter nichts.«
    »Wie ist es mit einem Nebenverdienst? Ich weiß, daß im Hinterhaus eine Reihe Zimmer für gut zahlende Gäste reserviert sind.«
    »Verboten.«
    »So fängt es an!« Ulrike schüttelte den Kopf. »Sie wissen: Ich lasse mir nichts verbieten. Verboten? Das bedeutet für mich, daß ich jetzt wieder gehe. Wir kommen nicht zusammen, Herr von Gleichem.«
    »Sie werden wichtige Männer kennenlernen, aber nicht in den Hinterzimmern. Ulrike, warum immer diese Igelstellung? Warten Sie doch erst mal die Entwicklung ab. Große Kunstwerke haben meist eine lange Entstehungszeit.«
    »Was habe ich mit Kunst zu tun?« fragte sie spöttisch. »Wieso Kunst?«
    »Was ich plane, ist auf seinem Gebiet ein Kunstwerk, und das muß wachsen …«
    »Erklären Sie das etwas genauer.«
    Von Gleichem kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und setzte sich. »Später. Lieben Sie keine Überraschungen?«
    »Nicht, wenn sie mich in eine schiefe Lage bringen.«
    »Schiefe Lage …« Von Gleichem lachte kurz auf. »Das aus Ihrem Mund! Bisher haben Sie mit Ihrer schiefen Lage gut verdient.« Er winkte ab, als Ulrike etwas sagen wollte. »Schwamm drüber! Das war einmal! Morgen abend um neun Uhr fangen Sie hier an.«
    »Ich habe keinerlei Erfahrung als Bardame.«
    »René mixt, Sie servieren und lächeln den Gast an … Das ist alles. Und wenn dieser Gast, wie viele Männer an der Bar, Ihnen sein Herz ausschüttet und seine Alltagssorgen bei Ihnen ablädt, hören Sie geduldig zu und bedauern ihn, das tut ihm gut. Und sorgen Sie dafür, daß er noch einen trinkt und noch einen … Ist das so schwer?«
    Ulrike nickte. »Ich wiederhole meine Frage: Warum ausgerechnet ich?«
    »Wollen Sie wirklich meine Antwort hören?«
    »Ja!«
    »Sie haben das Aussehen eines Engels, aber Sie sind die Tochter des Satans – darum.«
    »Das hat mir noch keiner gesagt.« Ulrike stand wie erstarrt vor Franz von Gleichem. Sein Lächeln reizte sie, ihm ins Gesicht zu schlagen, und sie hatte Mühe, es nicht zu tun. Sie ballte nur die Fäuste und drückte sie an ihren Körper.
    »Weil sie alle unehrlich waren oder es nicht erkannten. Ihnen wachsen Flügel, wenn die Banknoten stimmen. Für Geld kennen Sie keine Grenzen …«
    »Das ist nicht wahr!« Sie ging drei Schritte vom Schreibtisch weg. »Ich möchte nur so viel verdienen, daß ich ein normales Leben führen kann …«
    »Was nennen Sie normal? Normalität ist ein individueller Begriff. Für den einen sind eine Dreizimmerwohnung und ein abendliches Pils normal. Für den anderen muß es eine Villa und Champagner sein. Was sagt Ihnen mehr zu: Pils oder Champagner?«
    »Champagner.«
    »Na also! Ich glaube, Sie werden noch viel Zeit aufwenden müssen, um sich selbst zu entdecken.« Ein energischer Wink, plötzlich eine härtere Sprache: »Sie können gehen, Ulrike.«
    Ulrike zögerte. Sie hatte noch viel zu fragen und zu sagen, aber von Gleichems plötzlich verschlossenes Gesicht hinderte sie daran. Sie nickte nur stumm, drehte sich um und verließ das Zimmer. Draußen erwartete Salvatore Brunelli sie und führte sie an die lange blitzende Theke der Bar.
    »Zur Begrüßung der neuen Mitarbeiterin ein Cocktail auf Kosten des Hauses«, sagte er fröhlich. »Ich freue mich, daß du jetzt zu uns gehörst. Was soll's sein?«
    »Das überlasse ich dir.«
    »Einen Montego Beach?«
    »Von mir aus …«
    Später stand Ulrike dann draußen vor dem Toscana, starrte auf die Leuchtreklame und fragte sich, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Wie von Gleichem sie einschätzte, hatte sie erschüttert. Ein Engel, der die Tochter des Satans ist – das war ungeheuerlich und durch nichts begründet. Sie selbst sah sich ganz anders: als einen Menschen, den das Leben bisher immer nur in den Hintern getreten hatte, der nie erfahren hatte, was Glück war, der immer nur um sich geboxt hatte, um nicht erdrückt zu werden, der nur gestrampelt hatte, um nicht zu ertrinken. Wo sollte da in ihr der Satan sein? War es satanisch, um ein klein wenig Sicherheit im Leben zu kämpfen?
    Ulrike wandte sich ab, ging schnell die Straße hinunter, gönnte sich ein Taxi und ließ sich nach Hause bringen. In ihrer kleinen Wohnung riß sie zunächst das Frotteetuch vom Bett, mit dem sie das Laken vor der Unsauberkeit ihrer ›Gäste‹

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