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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dachte sie, der ein Mann sein will. Er hat mit Sicherheit noch nie eine Frau berührt, aber seine ganze Sehnsucht vibriert dem Augenblick entgegen, zum erstenmal den Himmel aufbrechen zu sehen. Welch eine verrückte Situation! Er hätte darüber mit seinem Vater sprechen sollen. Ich kenne moderne Väter, die mit ihrem Sohn in ein Bordell gehen und sagen: »Nun lern mal schön!« und lassen dafür fünfhundert Mark springen. Hat denn nie ein Mädchen aus seiner Umgebung versucht, ihm ihre Reize anzubieten? Zum Teufel, da sitzt er und starrt mich an wie ein Raubtier hinter Gittern. Daß es so etwas noch gibt – ein erwachsener Junge, der noch nie versucht hat, ein Mädchen auf den Rücken zu legen! In welcher Welt hat er denn bisher gelebt? Sohn eines Oberregierungsrates … Auch dort bringt die Kinder doch nicht der Klapperstorch!
    Ulrike versuchte, sich die Familie Habicht vorzustellen. Superbürgerlich und verklemmt, wenn man nur an den unteren Körperteil dachte. Erotik, was ist das? Sex ist absolute Schweinerei, Porno ein reines Teufelszeug. Bumsen? Nur mit Ehering und zum Zweck der Kinderzeugung. Getreu der katholischen Maxime: Lustempfinden ist pervers, und Perversität ist eine Sünde. Sünde ist überhaupt alles, was Freude am Körper weckt. Und keiner erinnert den Pfarrer daran, daß Jesus' Freundin Maria Magdalena eine Hure war. Ist Robert so erzogen worden? Welch ein armer Junge …
    »Ich bin hier …«, hörte sie ihn sagen. »Und ich bin glücklich. Ich liebe dich.«
    »Du weißt ja gar nicht, was Liebe ist.«
    »Ich weiß es.« Er griff nach der Tasse mit dem kalten Kaffee und trank einen Schluck. »Liebe ist das Wissen, daß zwei Menschen zueinander gehören, daß sie füreinander geboren wurden. Daß sie ein gemeinsames Schicksal haben.«
    »Der Abiturient als Philosoph!« Sie lachte etwas gequält. »Alles, was du sagst, paßt nicht zu uns.«
    »Doch. Es paßt! Du weißt es nur noch nicht …«
    Es wurde ein Tag, bei dem die Stunden zäh dahintropften. Ulrike fuhr mit Robert an den Tegernsee. In einem Waldrestaurant aßen sie und machten dann eine Schiffsrundfahrt am Malerwinkel vorbei und nach Bad Wiessee. Am Abend fuhren sie nach Schwabing zurück, und Ulrike zog sich um. Das tief ausgeschnittene enge Kleid, das Make-up, das ihr Gesicht verfremdete, die hohen Stöckelschuhe, die ihre Beine noch länger erscheinen ließen, als sie schon waren … Robert sah ihr stumm zu.
    »Deine Abende bei mir werden dir langweilig werden«, sagte sie nach ihrer Verwandlung in Ulla. »Ich kann mir keine zehn Tage freigeben lassen. Ich muß Geld verdienen. Ich bin darauf angewiesen. Ich habe keinen Papa, der mich ernährt.«
    »Ich werde fernsehen und auf dich warten. Der Tag gehört uns.«
    »Ein halber Tag.«
    »Genug, um glücklich zu sein.«
    Sie ging. In der Diele aber rief sie noch ins Wohnzimmer zurück: »Wenn du Hunger hast – im Kühlschrank ist alles, was du brauchst.« Dann fiel die Tür zu.
    Roberts erster ›Englandtag‹ war vorüber, aber er war mit ihm zufrieden. Er lebte bei Ulrike, sie hatte ihn nicht hinausgeworfen, und ihm blieb die Hoffnung, daß sich in den kommenden neun Tagen ein neues unbekanntes Leben für ihn entwickeln konnte.
    Bis gegen ein Uhr morgens blieb Robert vor dem Fernseher sitzen, zog sich dann aus und legte sich in das große Bett unter dem Tüllhimmel. Überall roch er Ulrikes Parfüm, die Kopfkissen waren wie getränkt damit, und er vergrub sein Gesicht in den Kissen, warf sich später auf den Rücken, betrachtete seinen nackten Körper in der Spiegelwand und deckte sich schnell wieder zu, weil er an Ulrike denken mußte und sein Geschlecht darauf reagierte.
    Als Ulrike gegen drei Uhr nach Hause kam, schlief er fest und nahm ihr Kommen nicht wahr. Auch als sie neben ihn unter die Daunendecke schlüpfte, schlief er weiter und merkte nicht, wie sie die Decke vorsichtig von ihm schob und seinen nackten Körper betrachtete. Sie saß eine Weile neben ihm, streckte die Hand aus und fuhr über die Konturen seines Leibes. Mit einem Seufzer drehte sie sich dann von ihm weg und löschte das schwache Licht der Nachttischlampe.
    Wer wußte, was sie in diesem Augenblick dachte …
    Peter Reiber hatte seine Mitarbeiter vom 13. Dezernat zur täglichen Morgenbesprechung um sich versammelt.
    Dieser Morgenvortrag war ein wichtiger Teil der kriminalistischen Arbeit. Es wurde nicht nur ein Rückblick gehalten, sondern neue Erkenntnisse, Ergebnisse und kommende Ermittlungstaktiken kamen zur

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