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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sprache, Einsätze wurden diskutiert, die Berichte der verdeckten Ermittler ausgewertet und zu einem Überblick zusammengefaßt.
    An diesem Morgen konnte der Kriminalhauptkommissar mit einer Neuigkeit aufwarten. Er knallte einen noch dünnen Aktenordner auf den Tisch, was für alle Anwesenden bedeutete, daß etwas Unangenehmes zur Sprache kommen würde.
    Reiber begann ohne Umschweife.
    »Nach den letzten Beobachtungen der Szene scheint es so, als mache sich eine neue Gruppe der organisierten Kriminalität in München breit. Ich hatte es bei der letzten Besprechung schon angedeutet: Ecstasy. Gestern nacht sind drei Mädchen im Alter von fünfzehn und siebzehn Jahren und drei Jungen im Alter von achtzehn bis neunzehn Jahren in völlig desolatem Zustand aufgegriffen und auf die Polizeiwachen gebracht worden. Sie waren total high, voller Wahnvorstellungen, die wir früher nur von LSD-Süchtigen kannten. Diese Modedrogen-Welle ist vorbei, dachten wir in den letzten Jahren, weil LSD kaum noch verbraucht wurde und die Szene sich auf Hasch, Kokain und vor allem Heroin umstellte. Auch jetzt ist es kein LSD, sondern es sind kleine Pillen, die man Ecstasy getauft hat, weil sie einen User – so nennen sich die Konsumenten – in Ekstase versetzen, einen Rauschzustand, der vom Gehirn aus nicht mehr kontrolliert werden kann, weil das Hirn durch die Droge umfunktioniert worden ist. Ich habe Ihnen bei unserer letzten Besprechung geschildert, daß diese Pillen im Vergleich zu einem Heroinschuß so billig sind, daß jeder Jugendliche sie von seinem Taschengeld problemlos bezahlen kann. Und vor allem Jugendliche sind es, die sich diese angeblich harmlosen Pillen einwerfen. Eine Razzia in vier In-Lokalen der Techno-Szene hat ergeben: Neunzig Prozent der Jugendlichen hatten Ecstasy geschluckt, beschlagnahmt wurden 1.200 Pillen! Die Dealer wurden verhaftet, aber schweigen natürlich wie die Fische. Doch die Tatsache, daß plötzlich in der Techno-Szene so viel Ecstasy auftaucht, weist darauf hin, daß eine organisierte Verteilertruppe aufgebaut ist oder wird. Klar ausgedrückt: Wir haben es mit einer neuen hochkriminellen Gruppe zu tun. Alarmierend dabei ist, daß einer der festgenommenen Dealer ein Pole ist.«
    »Wie der Tote im Westpark Ost.« Ein junger Kriminalbeamter hob die Hand. »Weiß man inzwischen mehr über den Mord?«
    »Nichts Neues. Er war Apotheker, aber das ist ja längst bekannt. Nach den neuesten Erkenntnissen sollen die Ecstasy-Pillen aus Polen kommen, aber der Lieferant ist niemals der Verteiler. Da etabliert sich eine neue Bande.«
    »Eine Ecstasy-Mafia?«
    »So weit möchte ich noch nicht denken. Ich glaube vielmehr an eine Art ›Familienunternehmen‹. An eine völlig harmlos aussehende Zentrale, die ebenso harmlos aussehende Verteiler losschickt. Junge Männer und Frauen, die im Betrieb der Techno-Szene gar nicht auffallen. Ein Opa, und das ist man ja bei diesen Jungen schon mit 25 Jahren, wäre ein Fremdkörper. Und das macht die Ermittlungen so schwer. Wenn wir in einer dieser verrückten Discos erscheinen, geht sofort alles in volle Deckung. Und fünfzehnjährige Kriminalbeamte gibt es nun einmal nicht.«
    »Man sollte diesen Jahrgang als Vertrauensleute einschleusen«, warf einer der Beamten ein. Peter Reiber winkte fast entsetzt ab.
    »Du lieber Himmel, was reden Sie da! Wenn man schon einen Lauschangriff verbietet, weil es gegen das Grundgesetz ist, wie wollen Sie dann durchsetzen, daß man Jugendliche als verdeckte Ermittler einsetzt? Das hieße, das ganze Jugendschutzgesetz umwerfen.«
    »Aber es geschieht doch zum Schutz der Jugend.«
    »Erklären Sie das mal einem Politiker! Die verteidigen jeden Paragraphen wie ihren eigenen Schwanz.«
    »So sollte mal einer in Bonn reden, Herr Hauptkommissar.«
    »Auch das brächte nichts als eine Abmahnung. Wir hier müssen andere Wege finden, die auch in den Augen der Politiker legal sind. Und legal ist – nach interner Auffassung – alles, was nicht auffällt. Da sind auch Steuerhinterziehungen straffrei und legal, wenn man damit einen Minister schützt.« Reiber blies die Backen auf und sah sich im Kreise um. »Wer hat einen Vorschlag zur Sache?«
    Natürlich hatte keiner einen Vorschlag. Jeder in diesem Raum kannte die Probleme der Polizei zu genau, um Sinnloses zu unterbreiten, sinnlos insofern, als für eine Aufrüstung der Polizei auf das Niveau der Mafia kein Geld zur Verfügung stand oder die Angst der Politiker vor Menschenrechtsdebatten alle Neuerungen

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