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Die Ecstasy-Affäre

Die Ecstasy-Affäre

Titel: Die Ecstasy-Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aushändigte, genaueste Instruktionen. Fotos der drei Polen, Personenbeschreibung, Größe, ungefähres geschätztes Gewicht, die Zimmernummern im Hotel Raphael, die Uhrzeit, wann sie sich mit einem Herrn von Gleichem treffen wollten, wann sie also ein Taxi brauchten, um zur Bar Toscana gebracht zu werden.
    Son war davon überzeugt, daß seine Auftraggeber tatsächlich alles wußten. Bei ihm erzeugte das große Hochachtung, aber gleichzeitig die Gewißheit, daß man ihn zum Vollstrecker auserwählt hatte und es in seinem ganzen ferneren Leben keine Flucht vor diesen Aufträgen mehr gab. Er war ein Werkzeug geworden, willenlos in den Händen dieser Unbekannten. Wo immer sie auch saßen und ihn dirigierten – sie hatten sein Leben fest im Griff.
    Immer wieder hatte Son versucht, herauszufinden, woher die Instruktionen kamen. Auf den Kuverts gab es keine Poststempel, also waren sie abgegeben worden. Die Portiers im Hotel konnten nur vage Auskünfte geben: Ein Junge hätte den Brief gebracht, ein Ausländer mit asiatischem Aussehen, einmal sogar ein Mädchen. Ja, ebenfalls eine Asiatin. Ob sie aus Vietnam kam, wer konnte das feststellen? Für einen Deutschen sahen sie alle gleich aus. Ja, und alle sprachen deutsch und waren sehr höflich und bedankten sich für die Mühe, den Brief an den Herrn Hua Dinh Son weiterzugeben. Sie mußten sich sehr sicher fühlen, daß sie seinen richtigen Namen nannten; aber der tauchte ja auch nirgendwo auf, da Son sich nie auf einem Meldezettel eintragen mußte. Die kleinen Hotels, die man ihm zuwies, betrachteten sein Logis gern als steuerfreie Nebeneinnahme, und eine Polizeikontrolle fand ja sowieso nicht statt. Hinzu kam, daß Sons Zimmer immer schon im voraus bezahlt war, zusammen mit einem anständigen Trinkgeld für die Rezeption. Da nimmt man es nicht so genau mit den ohnehin viel zu vielen Gesetzen, die das Leben in Deutschland einschränken.
    Nach einigem Nachdenken war Sons Plan einfach und komplikationslos und durchaus kein Fall für einen Zauberer.
    Er rief im Hotel Raphael an und verlangte Herrn Pawel Szunowski zu sprechen.
    Szunowski schöpfte keinerlei Verdacht, als er hörte:
    »Sir, hier ist Ihr Taxi-Chauffeur.« Son sprach ein gutes Englisch; er hatte es im Auffanglager für Vietnamflüchtlinge in Hongkong und später im Lager von Singapur gelernt. »Ich bin beauftragt, Sie und die beiden anderen Herren im Auftrage von Herrn von Gleichem abzuholen. Wann brauchen Sie das Taxi?«
    »So gegen 22 Uhr.« Szunowski sagte es völlig ahnungslos. Er war sogar hoch erfreut, daß von Gleichem einen solch freundlichen Service bot. Ihm fiel dabei nicht auf, daß der Taxifahrer englisch sprach, immerhin etwas ungewöhnlich, selbst in München.
    »Ich melde mich, wenn ich vor dem Hotel warte«, sagte Son mit all seiner Höflichkeit. Und dann ganz ohne Ironie: »Noch einen schönen Abend, Sir …«
    Nach diesem Gespräch studierte Son den Stadtplan von München, den er sich bei seinem ersten Münchner Auftrag gekauft hatte. Ein Taxi in der Innenstadt zu besorgen war nicht nur riskant, sondern fast unmöglich. Es war also sinnvoller, in eine abgelegene Gegend auszuweichen und einen Wagen dorthin zu bestellen. Dafür suchte Son sich den Hirschpark aus, fuhr mit dem Bus bis zum Steubenplatz, bummelte dann durch den Park, fand eine Fernsprechzelle und rief bei der Taxizentrale an und erbat einen Wagen.
    Die Tötung des Taxifahrers war für Son kein Problem. Er setzte sich auf den Hintersitz, beugte sich nach vorn, warf die Stahlschlinge blitzschnell um den Hals des Opfers und zog sie mit einem Ruck zu, noch bevor der Fahrer reagieren konnte. Wie an seinen Holzköpfen geübt, zerbarst der Kehlkopfknorpel, der Überfallene sackte in sich zusammen, ohne einen Laut von sich zu geben. Son schob ihn auf den Beifahrersitz, setzte sich ans Steuer, fuhr an den Rand des Hirschparkes, wuchtete dort den Toten in den Kofferraum und fuhr in die Innenstadt zurück. Er hatte keine Bedenken, daß man ihn hätte beobachten können; um diese späte Abendzeit war niemand mehr im Hirschpark. Auch Hundebesitzer hatten ihre Lieblinge längst herumgeführt. Son umgab eine fast lautlose Einsamkeit.
    Vor dem Hotel Raphael parkte er, was nur Taxis erlaubt war, meldete sich bei dem Portier und ließ Mr. Szunowski ausrichten, daß das Taxi warte. Auch der Portier wunderte sich nicht; in München fahren so viele Ausländer Taxis, von Jugoslawen über Türken bis zu Schwarzafrikanern, daß auch ein Asiat nicht mehr

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