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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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zweifelnd in Hermines frischgewaschenes Gesicht. Der Duft ihres Duschgels wehte zu mir hin, schlimmer als eine Scheinerschießung ist eine Scheinverführung, wenn uns Frauchen die Waffen zeigt, aber nicht gewillt ist, sie auch einzusetzen. Typischer männlicher Chauvinismus, aber sei’s drum. Ich möchte nicht wissen, wie Frauen über Männer denken, das heißt, ich kanns mir vorstellen.
    Hermine dachte nach. »Das würde aber doch bedeuten – vielleicht galt der Anschlag tatsächlich dem Dr. Habicht und nicht unserer armen Sonja. Wenn der das mit dem Experiment nicht mehr wollte oder irgendjemandem im Weg war – keine Ahnung, aber könnte doch sein, oder?«
    Könnte sein. Ich würde noch einmal nach Großmuschelbach fahren müssen, um mir die dortigen Honoratioren vorzuknöpfen. Außerdem vermutete ich Sonja dort. Es lag auf der Hand.
    »Und du fährst am Montag wirklich in die Bretagne? Aber fang nichts mit den Französinnen an, hörst du?« Sie machte mir einen hin und her pendelnden Drohfinger. Ich musterte sie mit gespielter Kühlheit, sagte, ein ausgehungerter Mann komme bisweilen auf törichte Gedanken, doch das ließ sie nicht gelten. »Ein wenig Sexdiät hat noch keinem Mann geschadet. Und apropos Hunger: Du gehst jetzt für heut Abend einkaufen, mein Lieber, glaub bloß nicht, es gibt wieder die Nummer mit dem gedeckten Tisch.«
    Da Hermine auch Irmi eingeladen hatte, stand die Beschaffung von Eierlikör ganz oben auf der Agenda. Zwei Dutzend Würstchen, »aber nur die Guten aus der Metzgerei, komm mir bloß nicht mit dem Discounterscheiß an«, Kasseler und Sauerkraut, die Zutaten für einen Kartoffelsalat und selbstverständlich jede Menge Sekt. Überall gab es Schlangen, diese Reptilien der Wohlstandsgesellschaft, ältere Frauen mit kampfbereiten Schirmen, die ihren Platz in der Hierarchie der Wartenden zur Not auch auf archaische Weise zu behaupten wussten. Als Mann hast du in einer Metzgerei eh keine Chance, versuch erst gar nicht, auf dein Recht zu pochen.
    Schon auf dem Heimweg, fiel mir ein, dass ich den Senf vergessen hatte. Fluchen half auch nichts, ich kehrte um, betrat den Discounter, drängte mich durch die Menge zu dem Regal mit den tausend Senfsorten, wählte »scharf«, »mittelscharf«, »extrascharf« und »nur für Männer ohne Nerven«, ließ mich von der penetranten Werbung verführen und griff mechanisch nach dem ausgelegten Knabbergebäck – ein Einkaufswägelchen stand davor, sein Drücker schob es mit einem entschuldigenden »Oh« beiseite, wandte sich dann um, einer Frau zu, die sich im Paradies der 10000 Gewürzgurkensorten nicht entscheiden konnte. Ich erkannte sie. Lydia Gebhardt.

153
    Was war nur mit dem deutschen Geldadel los? Hatte er in AKW-Aktien investiert oder auf die FDP als Germany’s next top party gewettet? Oder hatte schlicht der Butler oder die Kammerzofe einen Hexenschuss und die Herrschaften sahen sich genötigt, selbst für Verpflegungsnachschub zu sorgen?
    Während Papa Gebhardt, ganz würdiger Silberfuchs in Maßjeans mit Bügelfalte und Lederjacke mit Pelzkragen, das Einkaufswägelchen bewegte, wählte seine Gemahlin Gewürzgurken 2. Wahl und legte sie neben aufgebackene Baguettes, die ihrerseits zwischen Billignudeln und Fertigfrikadellen der Ekelkategorie auf die Fahrt zur Kasse warteten. Mittendrin dümpelte ein Blumenkohlkopf vor sich hin und ließ die Blätter hängen.
    Lydia Gebhardt schien mich nicht zu erkennen, wie auch, sie sah an mir vorbei ins Senfregal und entschied sich für »mittelscharf«. Ihr Mann hüstelte vornehm und sagte leise: »Wir haben doch noch Senf zu Hause, Schatz«, »aber nur süßen«, korrigierte Lydia. Sie zogen von dannen, ich drückte mich an den Kichererbsen vorbei und behielt den hohen Discounterbesuch im wachen Detektivauge.
    Ich richtete es so ein, dass die Gebhardts unmittelbar vor mir ihre Einkäufe auf das Band legten. Der Herr Gemahl verrichtete den Job stoisch und routiniert, er hatte die Mittsechziger bereits in Richtung Siebziger verlassen, ein kleines Altersbäuchlein spannte Hemd und Jacke. Lydia mochte zehn bis zwölf Jahre jünger sein, im gnadenlosen Licht des Kon sumtempels ließen sich die Folgen der zahlreichen Restaurierungsarbeiten nicht mehr verbergen. Herr Gebhardt zahlte wider Erwarten nicht mit Kreditkarte, er verabschiedete sich schweren Herzens von einem Fünfziger, nahm das Wechselgeld – 13 Euro 37 – mit knappem Kopfnicken entgegen und rollte den Wagen hinter der vorausstolzierenden

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