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Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung 1 - 300 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Weinen auf. Für ein paar Sekunden, dann setzte es wieder ein.
    Ich schob Borsig von der Tür und hielt meinen Mund selbst daran. »Kannst du den Riegel da wegschieben, Schatz? Dann können wir dir helfen. Wir sind nämlich Engel.« Borsig pfiff zweifelnd durch die Zahnlücken. »Engel?« Ich wies auf die Jämmerlichkeit seines Outfits. »Wir sind in Unterhosen, Mensch. Was können wir sonst sein? Angela Merkel und Guido Westerwelle auf Staatsbesuch in Zentralafrika oder was?« »Hm«, sagte Borsig, »aber Engel haben Flügel, ne?« »Altmodische Engel«, korrigierte ich, »wir sind Cyberengel.«
    Von der anderen Seite der Tür kam ein Geräusch, das uns nahelegte, die traurige Kleine mache sich am Riegel zu schaffen. »Sie packt es nicht«, verzweifelte Borsig, »so ein winziges Mädchen.« Ich gönnte ihm einen bösen Blick. »Woher weißt du, dass sie winzig ist? Woher weißt du, dass sie ein Mädchen ist? Kann auch ein winziger Junge vor dem Stimmbruch sein. Also.«
    Es war aber wohl doch ein Mädchen, denn es arbeitete am Riegel, ohne ständig »fuck you« zu fluchen. Und der Riegel bewegte sich. Nicht genug, aber er bewegte sich, etwas das man von den meisten Dingen in unserem Land nicht behaupten kann. Bis sich gar nichts mehr tat und wir die Piepsstimme fragen hörten: »Seid ihr wirklich Engel? Oder nur Fakes?« Wir seien Engel, beharrte ich, und das hier sei ja wohl kein Internetchat. »Ach so«, antwortete die kleine Zweiflerin und schuftete weiter. Wenigstens heulte sie nicht mehr.
    »Sie packt es nicht«, wiederholte Borsig seine pessimistische Grundeinstellung, just in dem Moment, da der Riegel »knack« machte oder so ähnlich und die Tür einige Zentimeter aufsprang. Wir öffneten sie ganz und erblickten erst mals unsere Retterin, die ihrerseits zum ersten Mal mit eigenen Augen sah, dass Engel unrasiert waren und Unterhosen trugen. »Ihr seid überhaupt keine Engel, ihr seid alte Säcke.«
    Stimmte natürlich. Wir schlüpften rasch aus unserem Kerker, ich tätschelte den Kopf der Kleinen – sie war wirklich winzig, noch keine neun, hatte lange blonde Haare, war also mehr Engel als wir, trug etwas Kartoffelsackartiges und klobige Halbschuhe – und flüsterte beruhigend: »Wir sind Kandidaten einer RTL-Show, ‚Wir sind Engel, holt uns hier raus’, und du hast uns rausgeholt. Danke.«
    Die Kleine glaubte dem Verdummungsmedium sofort und lächelte. »Und warum hast du geheult?«, fragte Borsig. »"Weil ich mich verlaufen hab, Herr Engel, so ein Mist aber auch. Ich muss doch nachher die Steine wegräumen helfen, sonst gibt’s bei uns die ganze nächste Woche wieder nur Scheißgraupensuppe.«
    Ok, kapierten wir jetzt nicht ganz. Allein die Funzelbirne unseres Kerkers erhellte unzulänglich den schmalen Gang, auf dem wir standen, wir nahmen die Kleine zwischen uns, hielten uns an den Händen und stolperten langsam in die Dunkelheit hinein. »Wir sind doch Engel«, sagte Borsig, »wir finden immer raus. Gelt, Gabriel?« »Genau«, antwortete ich, »so ist das, Luzifer.« Aber das hier war ein Labyrinth und wir hatten zufällig keinen Ariadnefaden dabei. Glaubten Licht am Ende des Tunnels zu erblicken und täuschten uns wie der Wirtschaftsminister bei seinen Konjunk turprognosen. »Wie heißt du eigentlich?«, wollte Borsig wissen. Das Mädchen antwortete »Emilie« und wir Engel jubilierten wie aus einem Mund: »Wow, geiler Name.« Viel weiter half uns das aber auch nicht.

83
    Ein Flecken Gold im Meer aus Schwarz. War ich schon so verzweifelt, dass der Poet in mir durchkam? »Hurra«, jubelte Borsig und war drauf und dran, sein Schalkemützchen zu schwenken, als habe seine Mannschaft soeben ein Tor geschossen, was aber seit 1985 nicht mehr vorgekommen sein dürfte. »Vorsicht«, mahnte ich, »wo viel Licht ist, da ist auch viel Feind.« Ich redete wirklich wie einer, der soeben die Lizenz zum Dichten bei ebay ersteigert hat.
    »Pass auf«, flüsterte ich zu Emilie gebeugt, »geh du voraus, aber verrat uns nicht. Wir sind doch die Weihnachtsüberraschung. Wenn da vorne jemand ist, redest einfach. Wenn nicht, hältst halt die Klappe.« Das hätte sie sowieso gemacht, konterte Emilie und Borsig gluckste ein völlig überflüssiges »lol«.
    Wir warteten. Emilie war dem Licht zu gelaufen, uns blieb nichts weiter als zu lauschen, zu hoffen, dass wir nichts hören würden, und wir hörten auch nichts, bis Emilie »keiner da« rief. Sofort hin.
    Eine größere, diffus belichtete Kammer, in deren Mitte eine

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