Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
Vom Netzwerk:
kurz vor den körperlichen Lusterguss reichenden Ekstase durch die Poren, kommentierte die Fehlleistungen seiner Objekte mit impulsiver Begeisterung und nickte mir zu wie ein Missionar seinen Heidenkindern. Aber ich fand nichts an der Religion des Hortens unnützer Gegenstände, obwohl, wenn ich es mir recht überlege, es eine der sympathischeren Religionen auf diesem Erdenrund sein dürfte.
    Als krönenden Abschluss seiner Vorführung schleppte Raffke eine Gummipuppe heran, wie man sie in Sexshops erwerben kann. Er blies sie routiniert – zu routiniert? – auf und heulte beinahe „Warten Sie, warten Sie, gleich sagt sie was!“ Sie tat uns den Gefallen und stöhnte „Kartoffelsuppe, Kartoffelsuppe“. Das brachte Raffke endgültig an den Rand des Orgasmus. „Eigentlich“, sagte er, „soll sie einfach nur ‚Du bist so geil, Ludwig’ plappern, aber ich finde ‚Kartoffelsuppe, Kartoffelsuppe’ viel erotischer. Sie nicht?“
    Ich nickte. Inzwischen war es mir gelungen, mich auf den Rand der Schlafcouch zu setzen, meine Füße berührten den Boden, meine Mitte kehrte langsam zurück, wenn auch zunächst nur als undefinierbares Kribbeln zwischen Meniskus und Brustwarzen. Mein Kopf brummte leicht, nicht so wie Raffkes Teddybär, eher wie ein Kreisel, den kleine Kinder über den Asphalt prügeln. Was bedeutete das alles? Warum schenkte Honig ein Objekt mit verräterischer und wertvoller akustischer Information einfach so her? Weil es nicht mehr gebraucht wurde? Weil das, was das Häschen sagte, eh kein Mensch verstand außer denen, die damit ihre verbrecherischen Geschäfte am Laufen hielten? Die Einsicht kam prompt und überraschend: Es ging überhaupt nicht um das, was die Hasen zu sagen hatten. Das war – ja was eigentlich? – nur eine Markierung, ein Hinweis auf die speziellen Stücke der jeweiligen Lieferung. Die Hasen bargen etwas anderes, sehr Handfestes.
     
     
    122
    Dinge, die sich nicht ändern lassen, muss man positiv sehen. Eine dieser Lebensweisheiten, für die man ihren Spender vierteilen sollte, dachte ich und stellte mir vor, wie alle Toten in ihren frischen Gräbern lagen und um Optimismus bemüht waren.
    Immerhin: Diesmal war der Spruch nicht ganz so abwegig, ich hatte zwar ein wenig Prügel bezogen, als Schmerzensgroschen rollten jedoch nette Erkenntnisse und halbwegs brauchbare Informationen auf die Habenseite meines Kontos. Honig, der Lydia Gebhardts Hormonspiegel auf zivilisiertem Niveau hielt, stöckelte nächtens als allerliebst verschlamptes Mädel durch die Gegend, Miss Bodyguard im Tuntenfummel eingehakt. Gut, vielleicht war das Ganze nur Tarnung und ich selbst hatte mit meiner Aufdringlichkeit die Maskerade notwendig werden lassen. Wichtiger war die Sache mit den Plüschosterhasen. Total falsche Fährte, mein Lieber, die Spielzeuge enthielten etwas anderes, Diamanten oder Rauschgift oder – mir fiel gerade nichts anderes mehr ein, auch weil Raffke, nachdem sein kindlicher Rausch sich gelegt hatte, wieder den Faden seiner Lebensgeschichte aufnahm und daraus einen platten Thriller strickte, um den ihn jeder deutsche Regionalkrimiautor beneidet hätte.
    „Leck mich am Arsch“, sagte er gerade, „diese Marianne wäre genau die Richtige für mich gewesen, sie hatte sogar einen Sprachfehler, aber ich kam zu spät. Sie hat einen Kölner Bauarbeiter erhört, Matze Pieper hieß der – oder Thorsten Weingart? Nein, sorry, Thorsten Weingart hat damals in der Schrebergartenkolonie diesen Scheißrhabarber angebaut, also Sie wissen schon, diesen Rhabarber...“ Ich musste hier raus. Raffke war kein Buch, das man einfach zuklappen und für die nächste Heizperiode reservieren konnte. Leider.
    „Ich sag also zu diesem Weingart ey, dein behinderter Rhabarber wächst höher als die Gartenzwerge beim Muschkierat drüben – Muschkierat sammelt Gartenzwerge, was ich ziemlich pervers finde, sein Schwiegersohn Rolf Aachen stammt tatsächlich aus Aachen, witzig, ne? – und das ist laut Paragraf 15a der Schrebergartenordnung ver-bo-ten! Und was machst du überhaupt mit dem Zeug, hä? Meine Mutter hat immer Rhabarbermarmelade gekocht, Früchte und Zucker zu gleichen Teilen, verstehen Sie? Also nicht dieses widerliche Konzentrat, so 2:1 oder gar 3:1, das ist Pektin-Overdose, ne?, das war auch ein Fehler von Marianne, diese süße ungesunde Marmeladenpampe, aber ich hätte sie trotzdem geheiratet, im Bett war sie ne Wucht, also ich hab ja nicht wirklich mit ihr, aber sieht man Frauen ja an. Wenn nicht

Weitere Kostenlose Bücher