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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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der trockene Zustände bei klirrender Kälte verhieß, draußen krachte es zum ersten Mal, eilige Schritte plärrender Kinder, der Toast schmeckte wie die Zeitung, die ich mir schon lange nicht mehr hielt, sein Informationswert tendierte ebenfalls gegen Null.
    Eine neue Mail. „Regitz noch immer in der Bretagne, habs aktuell aus sicherer Quelle, keine Zeit, muss jetzt für Anja und mich Frühstück besorgen. Machs gut und mach keinen Scheiß.“ Ich antwortete nicht, nickte wieder bitter. Was wollte Regitz so lange in St. Malo? Warum verbrachte er seine Tage in dieser merkwürdigen Firma, als arbeitete er dort? Vielleicht tat er das wirklich? Ich informierte mich über Zugverbindungen, gleich nach Neujahr würde ich runterfahren. Mit dem ICE nach Paris, von dort aus weiter mit dem TGV nach Rennes, der bretonischen Hauptstadt, mit dem Regionalzug ins schöne St. Malo. Nachher zum Bahnhof, Fahrkarte kaufen.
    Hotelzimmer buchen? War wohl nicht nötig, keine Hauptsaison. Francs brauchte man auch keine mehr, eine Reisetasche wäre schnell gepackt. Mail von Oxana: „Ach du Scheiße. Wir treffen uns ja heute Abend bei Hermine, dann mehr. Sonja ist noch immer nicht aufgetaucht.“ Wir treffen uns bei Hermine? Silvesterparty? Schön, dass ich das auch mal erfuhr.

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    Ich ließ den letzten Tag des Jahres den letzten Tag des Jahres sein, rückte mir meinen Stuhl ans Fenster und sah dem Tag beim Sterben zu. Den Fernseher würde ich heute nicht mehr einschalten, es kamen eh nur Jahresrückblicke, was neben Castingshows und Talkrunden so ziemlich das Schwerverbrecherischste ist, mit dem man uns seit der Erfindung der Bildröhre und der Fernbedienung beglückt.
    Es gibt ja Menschen, die geraten an Silvester regelmäßig ins Grübeln, beinahe Philosophieren, zerlegen ihr Leben buchhalterisch in Soll und Haben, fassen gute Vorsätze oder nötigen andere dazu, welche zu fassen. Zu dieser Sorte gehöre ich nicht. Ich stellte mir nur unter Grauen vor, dass ich ab morgen 2011 statt 2010 würde schreiben müssen, woran ich mich bis April hoffentlich gewöhnt haben würde, ansonsten ahnte ich die Ereignisse der kommenden zwölf Monate mit jener Sicherheit voraus, die nur dem Skeptiker eigen ist. Alles wird schlechter, die bösen Überraschungen werden sich mengenmäßig zu den angenehmen wie Wüstensand zu  Goldstaub verhalten, die Reichen werden reicher und die Armen ärmer, die Gescheiten nicht unbedingt gescheiter, aber die Dummen garantiert noch dümmer, was ich mir nicht vorzustellen wagte.
    So wurde es Mittag. Ich ging aus dem Haus, lief ohne mich umzuschauen Richtung Bahnhof, kaufte mir eine Fahrkarte nach St. Malo und wieder zurück, verköstigte mich mit zwei frischen Brezeln und einer Salzstange, genoss den heiteren Himmel und die trockene Kälte, passierte noch einmal Sonja Webers Wohnung und die gegenüberliegende „Bauernschenke“, klingelte bei ersterer, niemand öffnete, wechselte die Straßenseite, lugte durch ein Fenster in die Kneipe, nichts bewegte sich. Vielleicht hatten die Schwestern den nächtlichen Einbruch nicht bemerkt, vielleicht doch.
    Hermine empfing mich kühl, um nicht zu sagen verkatert. „Die Party is erst später, geh nach Hause, Moritz, Herminchen hat nen dicken Kopp.“ Ich machte ihn noch dicker, indem ich ihm erzählte, was mir letzte Nacht widerfahren war, dass ich eigentlich wie Abfall irgendwo im Wald herumliegen müsste. „Oh Scheiße“, fluchte Hermine und ließ mich endlich in die Wohnung. „Ich werf grad Aspirin ein, lass mir im Bad Wasser über die Rübe laufen, nimm dir Kaffee, sei ein braver Junge.“
    Ich nahm mir Kaffee und war ein braver Junge. Als Hermine nach zehn Minuten die Küche betrat, immer noch im leider zugeknöpften Morgenmantel, wirkte sie nicht frischer als zehn Minuten zuvor, beteuerte aber: „So, jetzt geht’s mir besser. Also wie war das? Zwei Typen sind in die ‚Bauernschenke’ eingebrochen, haben dich erwischt und dann... armer Kerl! Was die wohl bei Helgalein und Monilein wollten?“ Helgalein und Monilein? „Du warst nicht zufällig gestern Abend auch in der Kneipe?“ fragte ich und wusste die Antwort schon. „Ja klar“, lautete sie, „hab ich doch gesagt. Die Mädels waren natürlich gar nicht begeistert, die Sache an Weihnachten, weißt ja. Dass sie mich nicht rausgeschmissen haben, ich kann von Glück sagen. Aber dann hat sich diese Alte zu mir gesetzt, Irmi, kennst ja, ‚du musst dem Moritz seine sein’ – sag mal,

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