Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
Vom Netzwerk:
war Intrige, das war Verschwörung! Tausende Packungen Bandnudeln „Con Italiano 500 gr Hartweizengrieß“, dabei hatte er gerade einmal 100 geordert, dafür aber 500 Einheiten Spaghetti „Wie bei Mama, 500 gr mit aldente-Garantie“. Wie sollte er den Scheiß loswerden? Wer kaufte schon Bandnudeln? Was konnte man zu Bandnudeln servieren? Gulasch! Teueres Gulasch! Wer konnte sich das leisten? Hä? Bei Aldi einkaufen und dann Gulasch? Hallo? Das hier war Prekariatsland, das hier war nicht Deutschland zu Adenauers Zeiten! Wie sollte er das der Bezirksleitung erklären, seinem obersten Chef? Hatte er etwa geschludert, die Bestellung falsch durchgegeben? Keineswegs! Nein, hier waren höhere Mächte am Werk, finstere Kräfte – Hermine! Sie hasste ihn, das wusste er. Weil sie bei ihm nicht landen konnte! Er hatte Marieluise, 18, kurz vor dem Abitur, breites Becken, zur baldigen Kalbung bereit.
    Chefchen raste. Raste noch immer, als sich Hermine zwischen den Regalen dem Lager näherte, das sie durchqueren musste, wollte sie in den Aufenthaltsraum und zur Toilette. Überhaupt: Toilette! Konnten die das nicht daheim erledigen? Machte er doch auch! Noch größere Raserei, inzwischen schon griechisch-tragödial. Sie kam näher, immer näher. Er würde sie zerstören, zertreten, diese Verschwörerin! Komm nur!
    Vika hatte das Lager durchquert und stand nun vor der Tür, hinter der sie die Stimmen vermutete. Sie legte das Ohr an das kalte Metall. Ein Disput fand jenseits statt, jemand schrie, jemand lachte, auf die brutale Art. Wieder schrie jemand, diesmal vor Schmerz, das musste Moritz Klein sein. Vika entsicherte ihre Waffe. Hielt sie hoch, umfasste mit der Linken das rechte Handgelenk, löste es wieder. Sie würde erst die Tür öffnen, aufstoßen müssen. Überraschungsmoment. Oder noch abwarten? Für seine Unvorsichtigkeit hatte Moritz Klein noch ein paar Schläge in die Magengegend verdient. Die linke Hand auf die Klinke gelegt. Noch einmal vorsichtig umdrehen, keine unliebsamen Überraschungen von hinten, das hier war kein Fernsehkrimi. Vika konzentrierte sich, atmete zweimal kräftig ein und aus, spannte sämtliche Muskeln. Jetzt.
     
     
    186
    Kopfkino
     
    Hatte er gelauscht? Natürlich hatte er. Oxana sah links, rechts, der Flur war leer. Sie schwebte auf nackten Zehenspitzen in die Küche, ja, genau, schwebte oder schwebte fast, nur durch die flüchtige Berührung ihrer Füße mit dem Boden vom Himmel getrennt. Löste noch einmal eine Eintrittskarte fürs Kopfkino. Ihre Hand in Sonjas Gesicht, sie trieb wie ein Boot auf der Tränennässe, dann der Impuls, ihr die Tränen einfach wegzuküssen und Sonjas Augen, die genau das wollten. Nicht mehr. Durfte nicht sein, hätte Oxana getötet, Stromschläge von ungeheurer Voltzahl.
    Gewiss hockte er in seinem Arbeitszimmer und arbeitete eine zentrale Szene seines neuesten Machwerks aus. Zwei Frauen kurz vor der körperlichen Vereinigung. Sofort aus dem Kopfkino raus, Oxana, bloß nicht vorstellen, das würdest du jetzt auch nicht überleben. Sehr hübsch, dass die Franzosen einen Orgasmus „den kleinen Tod“ nennen. Sie setzte sich an den Küchentisch, rauchte und trank Kaffee.
    Irmi hatte ihren Kaffee getrunken und das Brötchen gegessen. So wie eine Sekretärin morgens die Geschäftspost öffnet, hatte sie den Umschlag unter dem Teller aufgemacht und zehn Hunderteuroscheine herausgezogen, 1000 Affen, was sie beinahe empörte. War Moritz Klein nicht mit 5000 abgefertigt worden? Mit kleinen Rentnerinnen konnte mans ja machen. Sogar bei Schweigegeldern blieben Frauen notorisch unterbezahlt. Andererseits: Sie hatten Moritz die Knarre in den Mund geschoben und abgedrückt. Das war ihr erspart geblieben. Dennoch. Zehn Hunderter. Sie glättete sie versonnen und legte sie auf den Nachttisch neben das Tablett, sie seufzte einmal hörbar auf und erhob sich, sie schwang die Beine über den Bettrand, das linke demonstrativ zuerst und wackelte ins Bad, wo sie sich zu erbrechen fürchtete, dann aber doch nur auf der Klobrille hockte und tat, was sie jeden Morgen nach dem Aufstehen tat. Eine Frau, die gerade eine Begegnung mit Killern hinter sich hatte.
    Eine Frau, die gerade eine Begegnung mit einer anderen Frau hinter sich hatte. Deren Gesicht, als sich Oxanas Fingerspitzen darin von der Stirn bis zum Kinn mäanderten, von kleinen elektrischen Schocks heimgesucht worden waren, Schocks, die sich bis in die Fußspitzen fortgepflanzt hatten. Sehr überraschend. Eine Frau. Sonja saß

Weitere Kostenlose Bücher