Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
Vom Netzwerk:
sind von jungen Landarbeiterinnen mit Abitur handgepflückte, selbstverständlich ungespritzte und nicht genmanipulierte Mandarinen. Ok, ich pack dir zwei Stück ein, weil du es bist.“
    Daheim. Die Arbeit hatte mich ermüdet, ich nahm ein heißes Bad und plante die nächsten Schritte. Ich würde meine Auftraggeberin be- und die Wohnung ihres Bruders durchsuchen müssen. Dann die Identität des mysteriösen Lothar heraus- und mich zu einem nicht weniger mysteriösen Treffen mit Regitz und Borsig im Industriegebiet einfinden. Fünfzig Euro verdienen, was es mir ermöglichte, ein paar Glühwein in der „Bauernschenke“ zu trinken. Warum, wusste ich nicht.
    Ich kochte mir Kaffee, aß hastig von dem Brot, das ich mir bei ARIANE gekauft hatte und dessen Haltbarkeitsdatum gerade dabei war abzulaufen, ich kaute hastig und verlor das Rennen um Haaresbreite. Griff nach dem Telefon und wählte die Nummer von Sonja Weber. Sie nahm sofort ab, als hätte sie auf meinen Anruf gewartet.
     
     
    28
    Sonja Weber öffnete die Tür. Sie sah aus wie eine Buchhändlerin, also nicht die Tür. Ein, wie Karl Lagerfeld sagen würde, dezentes dunkelbeiges Kostüm, das wie der von ihm leider verdeckte Körper auf bequemen Slippern transportiert wurde, die Frisur mit Spangen und Haargummis auf Teepartyniveau gebändigt, der Gesichtsausdruck  - und deshalb wähnte ich mich für Momente in einer Buchhandlung – von jener inneren Ausgeglichenheit, die man empfindet, wenn man gerade einmal NICHT Thilo Sarrazin oder Rosamunde Pilcher verscherbelt hat, sondern einen seit Jahrzehnten im hintersten Regaleck vor sich hin staubenden Gedichtband.
    „Schön, dass Sie da sind“, lächelte mich Sonja Weber an, und ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass sich jemand über mein Erscheinen gefreut hat (Hermine und Jonas ausgenommen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen), jedenfalls konnte ich nicht anders und lächelte zurück. Von dieser Frau hätte ich auch den neuesten Krimi von Dieter Paul Rudolph gekauft, aber der erscheint ja erst im März.
    Das Wohnzimmer, in das mich Sonja Weber nun dirigierte, war ein Bürgertraum in Buche und Fichte, alles furniert. Die Schrankwand „Wallander“ dominierte den Raum, man konnte auf der Couch/Sessel-Kombination „Stieg“ Platz nehmen, die sich um den Tisch „Wahlöö“ gruppierte, der wiederum auf einem Teppich „Sjöwall“ stand, desgleichen die Zeitschriftenablage „Marklund“. Auf „Wahlöö“ war, mit der Tischdecke „Dahl“ unterlegt, das gute Geschirr „Martin Beck“ aufgelegt worden, dieses wiederum trug exklusiven Kuchen der hiesigen Kultkonditorei Lahmnagel und Tochter. Tee und Kaffee dampften in formschönem Porzellan. Nicht schlecht für eine Frau, die gestern noch den Fund eines Eurostücks für einen Sechser im Lotto gehalten hätte.
    „Tja“, lächelte Sonja ein wenig verlegen und bat mich, in einem der Sessel zu versinken, „ich habe mir etwas gegönnt. Und das hat seinen Grund.“
    Sie ging zum Schrank, öffnete eine Schublade und entnahm ihm ein Bündel Fünfzigeuroscheine. „6100 Euro“, sagte sie, jede Silbe betonend, „lagen unter der Matratze.“ Sie zählte sechs Scheine ab und legte sie vor mich hin. „Nehmen Sie. Das beruhigt mich, ich arbeite ja auch nicht umsonst.“
    Ich nahm das Geld, es beruhigte mich auch. Ihr Bruder werde es verstehen, sagte Sonja weiter, und ich lobte diesen Bruder, der sein Geld auf die gute alte Art sparte und nicht in griechischen Staatspapieren oder gar irgendwelchen Eurobonds angelegt hatte.
    „Außerdem fange ich nächste Woche wieder an zu arbeiten. Hat tatsächlich geklappt.“
    „Ach“, staunte ich, „wo denn? Was sind Sie eigentlich von Beruf?“
    „Buchhändlerin.“ Sonja Weber errötete, wie nur Buchhändlerinnen erröten können. „Na ja, ist nur eine Teilzeitstelle im Buchkaufhaus Schiller Sells, aber für den Anfang nicht schlecht.“
    Sie fragte nach Tee oder Kaffee, schenkte mir von ersterem ein und ich war mir nicht sicher, ob ich nun beim Trinken den kleinen Finger würde abspreizen müssen. Sonja Weber jedenfalls tat es. Wir probierten von den kleinen Küchlein und fanden sie deliziös. Ich begann Sonja Weber auf eine seltsame Art attraktiv zu finden, was sie selbst auf normale Art zweifellos war, aber etwas umgab sie, ein Schleier – nein, nein, Moritz, mach dich nicht zum Narren. Der Besitz von sechs Fünfzigern hat dich euphorisch werden lassen und außerdem wirst du immer verlegen, wenn du einer

Weitere Kostenlose Bücher