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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Bild, immer noch mit verschmiertem Makeup, aber jetzt doch mehr Mann als Frau. „Wir schaffen sie rüber zu der anderen“, schlug er vor. Mareike überlegte. „Meinetwegen. Leidensgenossinnen. Da können sie quatschen und schreien, hört sie sowieso keiner.“
    Man trug sie wie einen Sack Kartoffeln aus dem Zimmer, über einen Flur, der an Krankenhaus oder Psychiatrie erinnerte. Eine Tür wurde aufgestoßen, Honig keuchend ob der Last, Mareike, sportlich gestählt, schaute abfällig zu ihrem Komplizen. Neue Verwicklungen, neue Fragen, dachte Vika. War das also wirklich dieser Honig? Was machte der hier? Keine Antworten zunächst.
    „Du kriegst Gesellschaft, Alte“, sagte Honig. Anderer Raum, aber ganz so wie der, aus dem man Vika getragen hatte. Abgelegt, einigermaßen vorsichtig. Neben ihr wimmerte es leise, sie drehte sich hin, eine Frau. Schon etwas älter, mit der Kunstfertigkeit ärztlicher Verzweiflung auf jugendlich modelliert.
    „Bis später“, sagte Mareike. „Unterhaltet euch schön, von Frau zu Frau, Schminktipps und Empfängnisverhütung, das ganze Programm halt. Keine Sauereien bitte.“ Honig griente dreckig. „Ihr könnt auch aufeinanderrollen, dann geht vielleicht was. Aber fummeln is nich, sorry.“
    Abgang der beiden, allein mit der Frau, die weiter wimmerte, was Vika schon nach zwanzig Sekunden auf die Nerven ging. „Könnten Sie sich mal zusammenreißen? Ginge das? Wer sind Sie überhaupt?“ Die Frau riss sich zusammen, versuchte es immerhin. „Ich bin Lydia Gebhardt“, antwortete sie, „und du?“ Vika nannte ihren Namen. Lydia Gebhardt also. Wieder fügte sich etwas zusammen, ohne ein Bild zu ergeben. Hatten Lydia Gebhardt und Honig nicht gemeinsam... Ach was. Vika seufzte. „Erzähl mal, was passiert ist“, forderte sie Lydia Gebhardt auf.
     
     
    302
    Zwei gefesselte Frauen nebeneinander. Warum Lydia Gebhardt nun in dieser Situation zu einer Lebensbeichte ansetzte, konnte Vika nur erahnen. Da sie jedoch gerade nichts Besseres zu tun hatte und ihren Zorn über sich selbst und ihr Versagen – sie HÄTTE vorsichtiger sein müssen! – verdrängen wollte, hörte sie geduldig zu.
    Lydias autobiografische Skizze handelte, wen wundert's, von viel Pech und noch mehr bösen Männern. Sie hatte natürlich Tierärztin werden wollen, die Notwendigkeit eines Abiturs aber partout nicht akzeptiert. „Und mit Realschule kannst heutzutage nur auf den Strich gehen. Is doch so, oder?“ Mochte sein.
    Bis vor kurzem habe sie geglaubt, die Heirat mit dem alten Gebhardt, „mieser Freier, aber ab einem gewissen Alter nimmst jeden, glaub mir“, sei ihr größter Fehler gewesen. Jetzt zeige sich indessen, dass Honig, „diese verdammte Halbschwuchtel“, den jüngst zu ihrer großen Erleichterung Verblichenen noch locker toppe. Nach der Sache im Wald – welche Sache? Ach ja, genau, mit Hermine und dem Typen. Oxana hatte es in Stichworten erzählt – nach dieser Sache also sei man deprimiert gewesen, down and angry, wie Lydia in einem Anflug von Sprachkenntnissen präzisierte, bis dieser Telefonanruf... Nein, nein, nicht für sie, für Honig. Und der wie ausgewechselt. „Pack ne schnelle Tasche, Baby, wir jetten nach Jersey.“ Und sie, ganz dumme Kuh, habe nicht gefragt, warum und wieso und weshalb. „Da funktionierst halt, ja? Wie man es von uns Frauen verlangt. Also echt, ich könnte die Männer einen nach dem anderen...“
    Sie spulte nun den üblichen Sermon ab, immer zu gut gewesen, immer zu vertrauensselig und was hat man am Ende davon? Die Bescherung. Kaum auf Jersey, habe Honig sie hierher gebracht und mit den Worten „Du bist überflüssig geworden, Baby“ wie eine bearbeitete Akte verschnürt und abgelegt. Diese Tussie, diese Mareike... Ja, klar, eine Bekannte ihres Mannes, der ja auch nie etwas habe anbrennen lassen. Tänzerin! Pah! Nein, nein, sie habe überhaupt keine Ahnung, was hier gespielt werde! Ein Komplott, eine reine Hormon-Fick-Geschichte, der Hinterlader habe eine Jüngere gefunden und entledige sich nun der Alten, für wen habe sie sich denn so aufbrezeln lassen und was das alles gekostet hat und die Schmerzen und überhaupt die Männer alle in einen Sack und dann...
    Jetzt spielt sie die Unschuld vom Lande, wusste Vika. Und ließ sie reden. Von sehr viel Geld, das man sich erhofft habe, einem neuen Leben, natürlich, darunter machte man es nicht, einer gemeinsamen Zukunft... „Aber hey, wir sind da in einen großen Scheißehaufen getreten und eins weiß ich genau:

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