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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Witz, angesichts der politischen Situation)? Was ihn zu der heiklen Frage führte, wie er sich binnen der nächsten Stunde in einen Zustand bringen konnte, der es ihm erlauben würde, die dringend benötigte männliche Sexualapparatur fehlerfrei zum Einsatz bringen zu können. Kaffee, fuhr es ihm durch das alarmierte Hirn, ich brauche Kaffee und zwar in rauen Mengen. Mit schwerer Zunge orderte er eine ganze Kanne, sehr stark, Hermines überraschtes Gesicht schien die Moritzsche Intention bezüglich ihres erotisch-mechanischen Substrats zu antizipieren, wie man in geisteswissenschaftlichen Seminaren zu formulieren pflegt und es dann als Krimikritik auf die Menschheit loslässt.
    „Also“, fuhr Vika fort, „dieser Sängerle hat uns ein paar pikante Details aus dem Liebesleben dieses Prinzen verraten, unter anderem, dass er es sehr schätzt, sich von den Elevinnen des Mädchenballetts am Staatstheater mit weichen Bändern auspeitschen zu lassen. Glaubt man nicht, das heißt: glaubt man natürlich. Er soll da auch erpresst worden sein und jede Menge Schweigegeld gezahlt haben, wobei mir beim Thema Erpressung sofort ein Name parat ist.“
    „Schnüffel“, konkretisierte Moritz Klein und schüttete die dritte Tasse Kaffee schlundabwärts. Mit Befriedigung spürte er, wie die Nüchternheit gegen die Besoffenheit mehr und mehr an Terrain gewann. „Übel, übel“, kommentierte Oxana, „wir müssen endlich erfahren, was auf diesem Kommunehof los war. Vielleicht hat Irmi ja schon was aus diesem Konrad raus bekommen. Ich ruf sie gleich mal an.“
    Jonas, Laura und Katharina, die sich ebenfalls in der „Bauernschenke“ eingefunden hatten, seufzten. In ihnen rumorten Milchshakes und kalte Cola, eine gefährliche Mischung mit halluzinogenen Eigenschaften, bewusstseinserweiterndes Teufelszeug, ein jugendfreier Leck-mich-am-Arsch-Trunk.
    „Ich glaube“; sagte Laura überraschenderweise in einer Gesprächspause, „ich glaube also, dass wir mal richtig an den Anfang zurück müssen. Also – ich glaube – zu diesem Georg Weber oder wie der heißt und der verschwunden ist, und wenn ich das richtig sehe, suchen wir den doch, oder?“
    Das verschlug den anderen für einen Moment die Sprache. Recht hatte die Kleine, irgendwie. Back to the roots. „Keine schlechte Idee“; lobte Oxana die Kleine, „die Lage ist so verworren, dass wir praktisch noch einmal von vorne beginnen sollten. Das soziale Umfeld des Georg Weber, wenn ihr versteht, was ich meine. Würde mich nicht überraschen, wenn wir dort ein paar Figuren begegnen würden, die wir inzwischen kennen, aber noch nicht so richtig einordnen können. Ein Fall für Vika, würde ich sagen.“
    Die nickte. Marxer nickte auch, nämlich ein. Er träumte wirres Zeug. Er merkte also nicht, dass er träumte, es fühlte sich an, als wäre er hellwach.
     
     
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    Ach, du Schreck, er kam zu sich. Die Augen glasig, aber als er sie sah, kamen zwei Silben aus seinem Mund, die man als „Irmi“ interpretieren konnte. Sie wischte ihm mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn, er seufzte, schloss die Augen, öffnete sie aber sofort wieder. „Irmi“. Ja, das war jetzt deutlich. Irmi antwortete: „Konrad. Na, geht’s wieder?“ Er schüttelte den Kopf.
    Sie flößte ihm Suppe ein. Widerstand der Versuchung, sie mit einem tüchtigen Schluck Eierlikör auf internationales Niveau zu peppen. Hühnerbrühe, nicht zu heiß, mundgerecht. War sie seine Mama? Seine Frau? Von der Fürsorge? Sie beantwortete sich die Fragen lieber nicht. „Du machst ja Sachen, mein Lieber.“ Der Liebe schluckte die Brühe und nickte. Sie führte ihm den nächsten Löffel zum Mund.
    Langsam erholte er sich, sein Wortschatz nahm zu. „Scheiße“ war das zweite Wort, „Mist“ das dritte. Dann der erste einigermaßen vollständige Satz: „Wie komme ich hierher?“ Er erinnerte sich also nicht. „Weißt nicht mehr? Du hast vor meiner Tür gestanden, den Kopf blutig. Bist ohnmächtig geworden hier auf der Couch.“ „Aha“, sagte er darauf. Nahm einen Schluck von dem Tee, den sie ihm in der Schnabeltasse hinhielt. Nicht dass sie selber eine Schnabeltasse je gebraucht hätte. Die hier hatte sie bei einem Besuch im Krankenhaus mitgehen lassen, eine hübsche Form der Altersvorsorge.
    „An was erinnerst du dich?“ Sie versuchte behutsam zu fragen, psychologisch korrekt. Nicht zuviel auf einmal. Aber selbst diese einfache Frage schien ihn zu überfordern. „Blut“, sagte er nur, „viel Blut“.

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