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Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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„Und sonst nichts? Ihr habt beim Frühstück gesessen, ja? Du und deine Leute und dieser Schnüffel. Erinnerst dich wenigstens an den? Schnüffel, der obskure Privatdetektiv.“
    Abermals seufzte Konrad. „Erinner mich nicht an den. Ja. Schnüffel.“ „Freund von dir?“ Konrad versuchte ein kurzes Lachen, es ging gründlich schief. „Freund? Nee. Kenn den ja erst seit Silvester. Von unserer Party.“ Schöne Kommune, dachte Irmi. Alternatives Leben, kein Geld, aber Partys feiern wie jeder dahergelaufene Kleinbürger, wahrscheinlich mit Sekt und Kartoffelsalat und Würstchen und Bleigießen. „Ach? Welche Party?“
    „Silvesterparty natürlich“, sagte Konrad. „Der Guido hat den mitgebracht, glaub ich, könnte auch der Marius gewesen sein. Keine Ahnung.“ „Und?“ Irmi musste dranbleiben. „Nix und. War mir unsympathisch. Großmaul. Hat sich über uns lustig gemacht. Dann aber: Wir würden ja voll im Trend liegen mit unserem Tauschhandel.“
    Interessant. „Hat er gesagt, wie er das meint?“ „Zuerst nicht. Der war besoffen, wir waren besoffen. Er ist über Nacht geblieben, konnte ja nicht nach Hause fahren. Hast zufällig nen Schnaps da? Ich bräuchte jetzt einen.“
    Irmi hatte noch Cognac von den Pensionierungsfeierlichkeiten. Hatten die Kolleginnen und Kollegen zusammengelegt und ihr eine Flasche vom Zweitbesten beim Discounter gekauft. Schmeckte fürchterlich. Konrad schmeckte er gut. Sie gönnte ihm noch einen, vielleicht half das seinem Gedächtnis auf die Sprünge.
    „Jaaaa“, dehnte er, „Schnüffel. Kam dann fast jeden Tag vorbei und hat uns ne irre Geschichte erzählt. Das Zeitalter der Tauschwirtschaft stünde bevor, so in der Art, und er mittendrin, am Hebel der Macht sozusagen. Hab ihm kein Wort geglaubt. Die anderen schon. Vor allem die Weiber. Ich glaub, ich muss gleich kotzen.“
    Wunderte sie jetzt nicht. Gab schon gute Gründe, nicht von dem Cognac probiert zu haben. Sie half ihm von der Couch, er torkelte leicht. Schaffte es aber bis zur Toilette und hoffentlich auch zur Kloschüssel. Telefon, Oxana. „Er ist aufgewacht und erzählt grad ein bisschen. Die Erinnerung kommt langsam zurück. Klar, kannst vorbeikommen. Vielleicht hilft ihm der Anblick einer schönen Frau auf die Sprünge. So, er kommt grad aus dem Bad. Bis gleich.“
     
     
    390
    Trollte ich mich, von Hermine resolut untergehakt, gerade zu meiner eigenen Hinrichtung? Oder begann etwas gänzlich Neues, ein noch jungfräuliches Jahr der guten Vorsätze und Hoffnungen? Ich konnte es nur hoffen. Das Juniortrio Jonas, Laura und Katharina lief uns voraus durch die Nacht, alles war irgendwie verschwommen, nur meine Gedanken waren so klar, wie es nun einmal ging.
    Lauras Hinweis, wir müssten uns mehr mit Georg Weber, seinem Umfeld, seinem Verschwinden beschäftigen, hatte mir zu denken gegeben. Als Vika und Oxana sich verabschiedeten, um bei Irmi nach Konrad zu schauen, saß ich grübelnd auf meinem Stuhl, weggetreten in die jüngste Erinnerung. Meine Schulzeit kam mir in den Sinn, verpfuschte Klassenarbeiten, bei denen ich mich von Anfang an verfranst hatte und die ich von neuem beginnen musste – leider meistens fünf Minuten vor dem Abgabetermin. Aber es ging nicht anders. Back to the Roots, wie der Engländer sagt, alles noch einmal auf Start, wenigstens in Gedanken. Mit denen kam ich nicht weit. „Wir machen jetzt zu“, riss mich Hermine aus meiner geistigen Abwesenheit, „DU kommst heute mit mir. Und IHR“ – sie wies auf die Junioren – „auch. Keine Widerrede.“
    Keine Widerrede. Während mich Hermine sicher durch die Nacht geleitete – es schneite nicht, dafür war es saukalt -, sah ich Sonja Weber vor mir. Mit ihr, nicht mit ihrem Bruder hatte alles begonnen, mit ihrem Erscheinen bei mir, ihrem Auftrag. Ich war nie recht schlau aus ihr geworden, ihre weiblichen Reize hatten, wie nicht anders zu erwarten, bisweilen meinen Verstand vernebelt, sie erschien vor meinem geistigen Auge als eine Ansammlung aufblinkender Fragezeichen. All die Lügen, all die Ungereimtheiten. Und jetzt? Hockte sie mit Kriesling-Schönefärb in Großmuschelbach. Mit Kriesling-Schönefärb, den man jagte, den man toten wollte. Es überlief mich kalt. Wir hatten ihn vielleicht seine Henkerin ausgeliefert, ohne es zu ahnen.
     
    *
     
    Sie schmiegte sich von hinten an ihn, er spürte sie durch den dünnen Stoff ihres Nachthemds und den etwas dickeren seines T-Shirts. „Da draußen hat sich etwas bewegt“, wollte er sagen, tat

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