Die Edwin-Drood-Verschwörung (German Edition)
schmale Schlitze, weiteten sich ins Ungeheuerliche. „Otto – Vika“, stellte ich vor. „Ach ja“, sagte meine „Alte“, „Sie haben doch diese wunderbare Büttenrede gehalten, nicht wahr? Ich bin ein großer Fan von Ihnen!“ Otto schnappte nach Luft. „Sind Sie auch eine Freundin des Karnevals? Willkommen im Club! Verfügen Sie über mich! Meine Beziehungen sind Ihre Beziehungen!“ Irgendwie führte Otto gerade wieder eine Show auf.
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„Wow, eine solche Braut hätte ich dir gar nicht zugetraut!“ reimte Otto, nachdem uns Vika verlassen hatte, um im wärmenden Wahnsinn des Frohsinns Zuflucht zu suchen. Wir beide zogen die Gesundheitsschädigung durch Nikotin der durch schlechte Witze vor und rauchten eine weitere Zigarette. „Unverdientes Glück“, antwortete ich bescheiden, „Schatzi is ne Kollegin.“
„Kollegin? In welcher Branche bist denn tätig?“ „Private Ermittlungen“, antwortete ich. Otto pfiff durch die Zähne, soweit dies bei der guten Arbeit seines Dentallabors noch möglich war. „Donnerwetter! Und bist beruflich hier?“ „Schweigepflicht“, antwortete ich mit konspirativ gesenkter Stimme, „aber heiße Sache.“
Schon als von feuchten Träumen umnebelter Schüler war Otto neugierig gewesen, nicht nur ein optischer, auch ein akustischer Spanner, ein kleiner Bruder des seligen Großmeisters Günther Rath. „Gib wenigstens einen kleinen Tipp“, bat er jetzt, „Ehebruch?“ Ich bewegte vage mein unbewegliches Gesicht. „Verstehe“, interpretierte Otto. Aber dich hat nicht zufällig meine Alte angeheuert? Wegen Ingeborg, meine ich.“ „Ingeborg?“ Otto grinste obszön. „Das kleine rothaarige Funkenmariechen. Aber ich schwöre, sie ist schon volljährig. Jedenfalls noch in diesem Jahr. Und außerdem hat SIE MICH verführt.“
Mir wurde übel. Mannhaft jedoch beruhigte ich Otto, nein, er sei nicht meine Zielperson. „Kennst du eigentlich diesen Prinzen Karl-Heinz näher? Was ist das für einer?“ Ottos Antlitz (nennen wir es einmal so, damit das Wort „Gesicht“ nicht über Gebühr diskreditiert wird) leuchtete wissend auf. „Ach so! Na klar! Der! Hätte ich mir denken können! Karl-Heinzchen, der Schrottkönig! Der alte Stecher vor dem Herrn!“
Ich legte den rechten Zeigefinger auf den gespitzten Mund. „Bleibt aber unter uns! Von mir hast du das nicht!“ „Neeeeeee“, bestätigte Otto, „ich kann schweigen wie ein Narr, har, har! Und? Hast schon rausgekriegt, mit wem er seine Alte diesmal betrügt?“ Ich wagte einen Schuss ins Blaue. „Na mit diese Bianca, seiner Prinzessin.“ Otto lachte auf. „Na, mit Bianca betrügen wir alle irgendjemanden! Ist doch bekannt, juckt doch niemanden mehr! Was meinst du, warum Bianca dieses Jahr Prinzessin geworden ist?“ „Hochgeschlafen?“ Otto hob einen Daumen. „Schlaues Bürschlein. Und mehr ist wirklich nicht? Nur Bianca? Deshalb regt sich die Alte auf?“
Ich drückte die Kippe im Ascher aus, blies den letzten Zug sinnierend in die kalte Luft und wandte mich der Tür zu. „Na ja, da gibt es schon noch einen Verdacht... Aber ist noch nicht spruchreif.“ Otto ohte enttäuscht. „Wenn ich dir was helfen kann, verfüg über mich. Typen wie den hab ich gefressen. Kreativ ne totale Lusche, aber Geld wie Heu. Oder Schrott, ha,ha.“ „Genau“, bestätigte ich, „wir Arbeiterkinder müssen zusammenhalten. Dieser Karl-Heinz...hatte der schon viele Affären?“
Wir hatten uns wieder zum Ascher bequemt und rauchten, inzwischen ständiges Inventar der heimeligen Raucherecke. „Karl-Heinz! Ich hab nix gegen Typen, die Geld machen, ich hab noch nicht einmal was gegen Typen, die viel Geld machen, ja, ich gehe so weit zu sagen, ich habe nicht einmal was gegen Typen, die erst Geld machen und sich dann zum Bundespräsidenten wählen lassen. Aber irgendwo muss es eine Grenze geben, findest du nicht auch?“
Fand ich natürlich auch. „Und diese Grenze hat Karl-Heinz überschritten?“ „Munkelt man“, munkelte Otto. „Frag mich nix Genaues, organisiertes Verbrechen, illegale Ausfuhr von Müll et cetera. Völlig gewissenlos, der Typ. Hallo? Würdest du Karnevalsprinz spielen, wenn dein Cousin vor ein paar Tagen ermordet worden wäre? Ich nicht!“
Ich merkte auf. „Ermordet?“ „Ja, nicht gelesen? Auf dem Klo von dieser Kaffeebar im Hauptbahnhof. Günther Rath. Komischer Kerl, aber ganz nett.“
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Nancy Halgrimsdottir hatte den halben Abend mit Island telefoniert, Hermine ihr im
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