Die Eheprobe
hast du daran gedacht, mir Feuchttücher zu besorgen? Ich will welche in Reserve haben, falls die Duschen eklig sind. Ich hoffe, sie lassen Briana und mich in einem Zelt schlafen. Wir haben Mr Solberg gesagt, dass unsere Beziehung rein platonisch ist, dass wir seit der vierten Klasse die besten Freunde sind, und warum sollte man die Zelte nicht gemischt belegen? Er meinte, er würde darüber nachdenken.«
» Darüber nachdenken heiÃt nein, aber ich warte bis zur letzten Minute, um dir das zu sagen«, kläre ich ihn auf.
Peter meckert. »Was, wenn ich mit Eric Haber ins Zelt muss?«
Peter hört einfach nicht auf, über Eric Haber zu reden. Was für ein Idiot er ist. Wie laut er schmatzt, was für ein mieser Gesprächspartner.
»Dann schenk ihm doch einfach das schwarze Beanie Baby«, schlage ich vor.
Insgeheim vermute ich, dass Peter in Eric verknallt ist, aber zu viel Muffe hat, das zuzugeben. Ich habe mich in der LGBT -Literatur schlaugemacht. Da steht, dass es meine Aufgabe ist, unvoreingenommen zu bleiben und abzuwarten, bis mein Kind für sein Coming-out bereit ist. Ihn zu dieser Enthüllung zu drängen, bevor er selbst so weit ist, würde ihn nur verschrecken. Könnte ich das Coming-out doch nur für ihn erledigen. In Gedanken habe ich es schon so viele Male durchgespielt. Peter, ich muss dir etwas sagen, und du wirst vielleicht überrascht sein. Du bist schwul. Möglicherweise bisexuell, aber ich glaube, eher schwul. Und dann würden wir gemeinsam vor Erleichterung weinen und uns Wiederholungen von Bonanza anschauen, was wir bereits jetzt gerne machen, aber von nun an würde es sich anders anfühlen, jetzt, wo wir die Last seines Geheimnisses teilen. Stattdessen würde ich versuchen, spitzfindig meine Zustimmung für sein bevorstehendes Leben hinauszuposaunen.
»Eric scheint mir ein cooler Junge zu sein. Vielleicht möchtest du ihn mal zum Spielen zu uns einladen?«
»Könntest du damit aufhören, so Dinge wie cooler Junge und zum Spielen einladen zu sagen?«
»Und wie soll ich es dann bitte nennen? Wenn deine Freunde vorbeikommen?«
» Vorbeikommen .«
»So haben wir das in den Siebzigern genannt! Genau, das ist jetzt über dreiÃig Jahre her, und damals waren andere Zeiten, aber was sich nicht geändert hat, ist, was es heiÃt, in der Middle School zu sein. Der Körper verändert sich. Die eigene Wahrnehmung verändert sich. Einen Tag lang denkst du, du bist diese Person. Am nächsten Tag bist du jemand anders. Aber mach dir keine Sorgen, das ist ganz normal. Das gehört alles zu â¦Â«
Peters Blick schwenkt zur oberen Hälfte meines Kopfes. »Was sind das da für orangefarbene Strähnchen?«
Ich fingere in meinen Haaren herum. »So sieht das aus, wenn die Farbe herauswächst. Sieht es wirklich orange aus?«
»Eher wie Rost.«
Am nächsten Morgen setze ich Peter und Zoe an der Schule ab, und auf der Weiterfahrt zur Arbeit fällt mir Peters Kissen auf dem Rücksitz ins Auge. Ich werde zu spät kommen, aber Peter wird es furchtbar unbequem haben, wenn er ohne sein Kissen auf dem Boden schlafen muss. Ich rase zurück zur Schule und komme gerade noch rechtzeitig an. Der Bus, der die Siebtklässler in den Yosemite-Nationalpark bringt, steht noch mit laufendem Motor auf dem Parkplatz.
Ich steige mit dem Kissen unterm Arm in den Bus ein. Einen kurzen Moment lang bemerkt niemand, dass ich da bin. Währenddessen suche ich krampfhaft die Menge ab und bin begeistert über die Gelegenheit, meinen Sohn einmal heimlich in seinem natürlichen Lebensraum beobachten zu können.
Ich entdecke ihn in der Mitte des Busses, neben Briana. Er hat seinen Arm um sie gelegt, und ihr Kopf liegt an seiner Schulter. Es ist aus verschiedenen Gründen ein verwirrender Anblick: Zum einen ist es das erste Mal, dass ich meinen Sohn in einer Art vertraulicher Situation sehe, und er selbst sieht dabei beunruhigend entspannt und beunruhigend erwachsen aus. Zum zweiten â weil ich weiÃ, dass er es vortäuscht. Er versucht, als Hetero durchzugehen, was mir das Herz bricht.
»Pedro, deine Mutter ist hier.«
Gibt es fünf noch peinlichere geflüsterte Worte in einem Schulbus?
»Hat Pedro sein Kuscheltier vergessen?«, tönt es von hinten im Bus.
Ja, die gibt es.
»Ich bringe Peter sein Kissen«, sagt Ms Ward, Peters Englischlehrerin, die ein paar Reihen
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