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Die Eheprobe

Die Eheprobe

Titel: Die Eheprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Gideon
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bisschen übertrieben.«
    Â»Wie viele sind in einer Packung?«
    Â»Zehn. Aber alle Packungen sind angebrochen. Vielleicht handelt sie damit und verkauft sie an der Schule«, überlegt Caroline, »oder vielleicht mag sie einfach Süßigkeiten.«
    Ich stelle mir Zoe vor, wie sie sich nachts, nachdem wir alle ins Bett gegangen sind, Ding Dongs in den Mund stopft. Immer noch besser, als sich nachts, nachdem wir alle ins Bett gegangen sind, Judes Ding Dong in den Mund zu stopfen. Ja, so wahr mir Gott helfe, genau das geht mir durch den Kopf.
    Â»Du verstehst das nicht. Zoe würde niemals Junkfood anrühren.«
    Â»Vielleicht nicht in aller Öffentlichkeit. Vielleicht sollten Sie erst mal nach anderen Anzeichen einer Essstörung Ausschau halten, bevor Sie sie darauf ansprechen«, schlägt Caroline vor.
    Vor nicht allzu langer Zeit verbrachten Zoe und ich jeden Freitagnachmittag zusammen. Ich holte sie an der Schule ab und führte sie an einen besonderen Ort aus: in den Perlenladen, zu Colonial Donuts, zu Macy’s, um Lipgloss auszuprobieren. In dem Moment, wo sie ins Auto stieg, platzte ich fast vor Freude. So geht es mir immer noch, aber jetzt muss ich es verbergen. Ich habe gelernt, ihren ausdruckslosen Blick und das Augenverdrehen zu ignorieren. Ich klopfe an, wenn ihre Zimmertür geschlossen ist, und ich versuche, nicht zu lauschen, wenn sie am Computer chattet. Was ich damit sagen will, ist, dass ich – von der Schrank-Grenzüberschreitung mal abgesehen – normalerweise sehr gut darin bin, sie ihr eigenes Leben leben zu lassen, aber ich vermisse sie schrecklich. Natürlich kenne ich die Kriegsberichte der Eltern anderer Kinder. Selbstgefällig wie die meisten Eltern, dachte ich, dass wir die Ausnahme wären und ich sie nie verlieren würde.
    Â»Wahrscheinlich hast du recht«, jammere ich. »Ich mache mich mal schlau.« Mein Knöchel tut weh und ist blau-schwarz angeschwollen.
    Â»Was haben Sie mit Ihrem Knöchel gemacht?«, fragt Caroline.
    Â»Ich bin hingefallen. Nachdem du weg warst. Über einen Pinienzapfen gestolpert.«
    Â»Oh nein!« Haben Sie ihn gekühlt?«, fragt Caroline.
    Ich nicke.
    Â»Wie lange?«
    Â»Offensichtlich nicht lange genug.«
    Caroline springt auf und schiebt die Packungen nach hinten in Zoes Kleiderschrank. Die Pullis legt sie fachmännisch zusammen – »Hab jeden Sommer während der Schulzeit im Gap-Laden gejobbt«, erklärt sie mir – und stapelt sie vor den Packungen. Ich reiche ihr meine gelbe Strickjacke. Caroline nimmt sie wortlos entgegen, legt sie auf den Stapel und schließt dann die Schranktür. Sie reicht mir ihre Hand.
    Â»Das war’s. Und jetzt besorgen wir Eis für Ihren Fuß.«

Kapitel 28
    35. Somit hatten wir also ein Geheimnis. Jeden Montag, Mittwoch und Freitag trafen wir uns mittags vor dem Charles Hotel zum Laufen. Im Büro taten wir so, als würden wir nicht jeden zweiten Tag zusammen Sport treiben. Wir taten so, als hätten wir keine Ahnung von den Oberschenkeln des anderen oder den Narben an unseren Knöcheln und Knien oder der Marke unserer Laufschuhe oder davon, wessen Fuß welche Art von Pronation hatte oder auch nicht, oder davon, dass wir dieselbe Bauarbeiter-Bräune hatten, die sich aber rasant veränderte, als aus Mai Juni wurde, wir uns diverser Schichten entledigten und unsere Schultern die Farbe von Walnüssen annahmen. Ich tat so, als hätte er keine Freundin. Ich tat so, als würde ich den mineralischen Geruch seines Schweißes nicht kennen und auch nicht seine ganz persönliche Art zu schwitzen – die immer gleich war: eine Spur, die den Rücken hinunterlief, und eine vertikal zu seinem Schlüsselbein. Ich tat so, als würde ich mir keine neuen Joggingshorts kaufen und damit einen Probelauf vor dem Spiegel machen, um sicherzugehen, dass nichts Unerwünschtes zum Vorschein kam, und ich tat so, als würde ich meine Beine nicht mit Babyöl einreiben, damit sie schön glänzten. Ich tat so, als würde ich nicht zwanghaft darüber nachdenken, wie ein Laufpartner riechen oder ob er oder sie Parfüm auflegen sollte und dass ich mich am Ende für Babypuder entschied, das hoffentlich folgende Nachricht übermitteln würde: natürliche Note, riecht frisch und sauber wie eine erwachsene Frau, nicht wie ein Kleinkind. Er tat so, als würde ihm nicht auffallen, dass meine Atemgeräusche

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