Die Eheprobe
Sie deutet auf meine schmutzigen Turnschuhe, die ich in einen Blumentopf geschmissen habe, der nichts als Dreck enthält, weil ich nie daran denke, irgendetwas zu gieÃen, das ich eingepflanzt habe.
»Ãh, ja«, sage ich und meine damit, dass ich irgendwann mal vor zwanzig Jahren gelaufen bin und jetzt eher so etwas wie ein Jogger, also gut, ein Walker, okay, eine Person bin, die zu ihrem Computer schlendert und ihre täglichen zehntausend Schritte zählt.
»Ich auch«, sagt sie.
Fünfzehn Minuten später gehen Caroline Kilborn und ich zusammen laufen.
Fünf Minuten später erkundigt sich Caroline Kilborn danach, ob ich Asthma habe.
Fünf Sekunden später erkläre ich ihr, das zischende Geräusch, das ich von mir gebe, rühre von Allergien her und der Tatsache, dass die Akazien gerade aufgeblüht sind. Deshalb solle sie am besten vorlaufen, da ich keinesfalls dafür verantwortlich sein wolle, dass sie die Trainingseinheit an ihrem ersten Tag in Kalifornien verpasst.
Nachdem Caroline auÃer Sichtweite gepest ist, trete ich auf einen Pinienzapfen, verstauche mir den Knöchel und falle mit dem StoÃgebet Bitte lass mich nicht von einem Auto überfahren werden in einen Blätterhaufen .
Ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen. Ich werde nicht von einem Auto überfahren. Es passiert etwas viel Schlimmeres: Ein Auto hält an, und ein freundlicher älterer Herr fragt mich, ob ich nach Hause gebracht werden wolle. Eigentlich bin ich mir nicht ganz sicher, was er mich gefragt hat, da ich meine Ohrstöpsel drin habe und verzweifelt versuche, ihn vorbeizuwinken, auf die Art und Weise, wie man das so macht, nachdem man hingefallen ist und Sachen sagt wie Mir gehtâs prima, mir gehtâs prima , und dabei vollkommen klar ist, dass das nicht stimmt. Ich nehme das Angebot an.
Zu Hause angekommen, packe ich meinen Knöchel in Eis und gehe anschlieÃend nach oben, allerdings mit einem Schlenker durch Zoes Zimmer. Ich betrachte ihren neuesten Kauf aus dem Secondhandladen, einen Reifrock aus den Fünfzigerjahren, der über einer Stuhllehne hängt. Ich erinnere mich an meine gestreifte Schlaghose, die ich in der Highschool hatte, und überlege, warum ich nicht den Mut hatte, Dinge anzuziehen wie sie, einzigartige Klamotten, die kein anderes Mädchen an der Highschool besitzt, denn was meine Tochter angeht, ist das Mitmachen bei einem Modetrend genauso eine grässliche Sünde, wie Plastik zu sagen, wenn man im Supermarkt gefragt wird, welche Sorte Tragetasche man haben will. Ich öffne ihren Kleiderschrank, und während ich mich durch ihre Kleider in GröÃe 36 wühle, frage ich mich, was in ihrem Leben so vor sich geht und warum sie es mir nicht erzählt und wie sie mit fünfzehn schon so viel Selbstbeherrschung besitzen kann, was doch irgendwie unnatürlich und beängstigend ist ⦠ist das etwa meine gelbe Strickjacke?
Ich muss mich auf die Zehenspitzen stellen, um dranzukommen, und als ich danach greife, purzeln mir eine Packung Cupcakes von Hostess, eine Packung Ding-Dong-Schokoküchlein und eine Packung Yodel-Biskuitrollen sowie drei mit Wollmäusen übersäte und irgendwie nach Zwiebeln müffelnde Strickpullis entgegen. Man sollte sich niemals Secondhandpullis kaufen: Körpergerüche verschwinden nicht aus Wolle â ich hätte es Zoe sagen können, wenn sie mich gefragt hätte.
»Hoppla.« Caroline steht im Flur.
»Zoes Tür stand offen«, sage ich.
»Klar«, sagt Caroline.
»Ich war auf der Suche nach meinem Pulli«, sage ich und versuche dabei, die Tatsache zu verarbeiten, dass Zoe heimlich unzählige Packungen mit Backwaren in ihrem Schrank bunkert.
»Ich helfe Ihnen, die Sachen wieder wegzuräumen.«
Caroline kniet sich mit einem Stirnrunzeln neben die Schachteln. »Ist Zoe eine Perfektionistin? In ihrem Alter sind das viele Mädchen. Hatte sie die alphabetisch sortiert? Cupcakes, Ding Dongs, und die Yodels sind offensichtlich zum Schluss dran. Eine alphabetische Ordnung schadet ja niemandem.«
»Sie hat eine Essstörung.« Ich klinge weinerlich. »Wie konnte mir das entgehen!«
»Du lieber Himmel«, sagt Caroline, während sie ganz ruhig die Packungen einsammelt. »Ich würde keine voreiligen Schlüsse ziehen.«
»Meine Tochter stapelt ungefähr hundert Cupcakes in ihrem Schrank.«
»Ãh, das ist jetzt ein
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