Die Eheprobe

und Seidenstrümpfe. Ich trug sie ein paar Tage und fühlte mich damit wahnsinnig sexy, bis ich so meine Erfahrung mit einem funktionsschwachen Strumpfbandgürtel machte. Hatten Sie schon mal einen Seidenstrumpf an, der sich plötzlich um Ihren Knöchel wickelt, während Sie gerade dabei sind, in den Bus einzusteigen? Es gibt keinen schnelleren Weg, sich wie eine alte Frau zu fühlen.
    Â»Alice?«
    Â»Was denn?«
    Â»Komm sofort her.«
    Â»Ich habe schon immer von Sex auf einem Tisch geträumt, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es weiterempfehlen würde«, sagte William eine halbe Stunde später.
    Â»Ganz meine Meinung, Mr B.«
    Â»Was hältst du von dieser Präsentation?«
    Â»Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Kundin positiv entscheiden wird.«
    Â»Warum nicht?«
    Â»Der Kundin ist der Plot zu offensichtlich. Können wir das Ganze jetzt ins Schlafzimmer verlegen?« Um nebeneinander auf dem Tisch Platz zu finden, ließen wir beide einen Arm und ein Bein seitlich herunterbaumeln.
    Â»Ich hab’s mir anders überlegt. Mir gefällt der Tisch«, sagt er.
    Â»Na ja«, meinte ich, »er ist hart. Da gebe ich dir recht.« Meine Hand wanderte auf seiner Brust hinunter zu seiner Taille.
    Â»Das gehört sich so für einen Tisch.« Er legte seine Hand auf meine und lenkte sie noch weiter südlich.
    Â»Du musst immer die Führung übernehmen, stimmt’s?«
    Er stöhnte leise, als ich ihn berührte. »Ich denke mir eine neue Präsentation aus, Ms A. Versprochen.«
    Â»Sei nicht so geizig. Fünf neue Präsentationen. Die Kundin möchte schließlich die Wahl haben.«
    Aus Achtung vor Helen und weil wir es ihr nicht unter die Nase reiben wollten (das war meine Idee), beschlossen wir, unsere Beziehung im Büro geheim zu halten. Diese Maskerade war aufregend und anstrengend zugleich. William ging mindestens zehnmal am Tag an meinem Büro vorbei, und weil ich sein Büro genau im Blick hatte (und wann immer ich hinsah, schaute er direkt in meine Richtung), befand ich mich in einem Zustand konstanter Erregung. Abends brach ich zu Hause vor lauter Anstrengung, den ganzen Tag über meine Gelüste unterdrücken zu müssen, erst mal zusammen. Ich saß herum und dachte an seine Levi’s-Jeans. Und wie er darin aussah. Und wenn wir uns hinauswagten, für einen Spaziergang im Stadtpark oder zu einem Spiel der Red Sox oder zum Konzert irgendeiner Alternative-Band außerhalb der Stadt, dann war es so, als hätten wir nichts davon vorher je unternommen. Boston war mit ihm an meiner Seite eine ganz neue Stadt.
    Ich bin mir sicher, wir waren total nervig. Vor allem für ältere Paare, die nicht mehr Hand in Hand auf dem Bürgersteig entlangspazierten, die oft noch nicht mal mehr miteinander zu reden schienen und einen Meter Abstand zueinander hielten. Ich war unfähig zu verstehen, dass ihr Schweigen ein tröstliches, hart erarbeitetes Schweigen war, eine Wohltat, entstanden im jahrelangen Miteinander. Ich dachte nur, wie traurig es doch sei, dass sie sich nichts zu sagen hatten.
    Ohne uns um sie zu kümmern, küsste William mich mitten auf dem Bürgersteig innig, fütterte mich mit Pizza, und manchmal, wenn niemand hersah, begrapschte er mich. Außerhalb des Büros gingen wir entweder Arm in Arm oder mit der Hand in der Gesäßtasche des anderen. Jetzt stechen mir diese Pärchen ins Auge, die so selbstgefällig wirken und anscheinend niemanden brauchen außer sich selbst, und ihr Anblick tut mir weh. Es fällt mir schwer zu glauben, dass wir irgendwann mal eins dieser Pärchen waren, die Leute wie uns ansehen und denken: Wenn ihr so verdammt unglücklich miteinander seid, warum lasst ihr euch nicht einfach scheiden?

Kapitel 49
    Lucy Pevensie
    ist kein Fan von türkischem Honig.
    vor 38 Minuten
    John Yossarian
    hat Schmerzen in der Leber.
    vor 39 Minuten
    Es tut mir so leid zu hören, dass es Ihnen nicht gut geht, Forscher 101.
    Danke. Ich war ziemlich lange auf der Krankenstation.
    Ich vermute mal, Sie liegen morgen auch noch auf der Krankenstation?
    Ja, und übermorgen und überübermorgen und überüberübermorgen, bis dieser verdammte Krieg vorbei ist.
    Aber Sie sind nicht so krank, dass …
    Ich Ihre Antworten nicht mehr lesen kann – nein. So krank niemals.
    Wollen Sie damit sagen, Sie lesen meine Antworten gerne, Forscher 101?
    Sie