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Die Eheprobe

Die Eheprobe

Titel: Die Eheprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Gideon
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nicht einkaufen, planen und kochen zu müssen, aber ein anderer Teil von mir fühlt sich durch Williams und meinen Rollentausch entwurzelt.
    Â»Ich hoffe, wir haben Hartweizengrieß«, sagt William.
    Â»Lidia verwendet halb Hartweizen, halb Weißmehl«, sagt Caroline.
    Keiner von beiden bekommt mit, dass ich die Küche verlasse, um mich für die Schule fertigzumachen.
    Nur noch drei Wochen bis zum Ende des Schuljahres, und für mich sind es die drei stressigsten Wochen des ganzen Jahres. Ich stelle sechs verschiedene Theaterstücke auf die Beine – eins für jeden Jahrgang. Ja, jedes Stück dauert nur zwanzig Minuten, aber glauben Sie mir, hinter dieser zwanzigminütigen Vorstellung stecken wochenlange Castings, Inszenierungsarbeit, Kulissenbasteleien und Proben.
    Als ich an diesem Morgen das Klassenzimmer betrete, wartet Carisa Norman bereits auf mich. Sie fängt an zu weinen, kaum dass sie mich sieht – weil ich eine Gans aus ihr gemacht habe. Die Drittklässler führen in diesem Jahr Schweinchen Wilbur und seine Freunde auf. Ich blicke in ihr tränenverschmiertes Gesicht und frage mich, warum ich ihr nicht die Rolle der Charlotte gegeben habe. Sie wäre perfekt dafür gewesen. Stattdessen habe ich eine der drei Gänse aus ihr gemacht, und leider haben die Gänse keinen Text. Um das wettzumachen, habe ich den Gänsen gesagt, sie dürften schreien, wann immer sie wollten. Und ganz sicher würden sie selbst merken, wann der richtige Moment für einen Gänseschrei gekommen sei. Das war ein Fehler, denn wie sich herausstellte, dauerte der richtige Moment für den Gänseschrei das ganze Stück lang an.
    Â»Carisa, was ist los, Schätzchen? Warum bist du nicht in der Pause?«
    Sie überreicht mir eine kleine Plastiktüte, die aussieht, als wäre Oregano drin. Ich öffne das Tütchen und rieche daran – es ist Marihuana.
    Â»Carisa, wo hast du das her!«
    Carisa schüttelt verzweifelt den Kopf.
    Â»Carisa, Schätzchen, du musst es mir sagen.« Ich versuche die Tatsache zu verbergen, dass ich total geschockt bin. Kiffen die Kids jetzt schon in der Grundschule? Dealen sie etwa auch?
    Â»Du wirst keine Schwierigkeiten bekommen.«
    Â»Von meinen Eltern«, sagt sie.
    Â»Das hier gehört deinen Eltern?«, frage ich nach.
    Meines Wissens ist ihre Mutter im Vorstand des Elternvereins. Oje, das ist nicht gut.
    Sie nickt. »Werden Sie es der Polizei geben? Das soll man machen, wenn man als Kind Drogen findet.«
    Â»Und woher weißt du das?«
    Â» CSI Miami «, sagt sie feierlich.
    Â»Carisa, ich möchte, dass du jetzt deine Pause genießt und keinen Gedanken mehr an diese Sache verschwendest. Ich kümmere mich darum.«
    Sie schlingt ihre Arme um mich. Beinahe fällt ihre Haarspange herunter. Ich befestige sie wieder und schiebe ihre Haare vor den Augen zur Seite.
    Â»Knips den Sorgenschalter aus, okay?« Früher habe ich genau das zu meinen Kindern gesagt, bevor sie ins Bett gingen. Wann habe ich damit aufgehört? Vielleicht sollte ich das Ritual wieder aufnehmen. Ich wünschte, jemand würde meine Sorgen mal ausknipsen.
    Zwischen den Unterrichtsstunden streite ich mich mit mir selbst über die richtige Vorgehensweise. Ich sollte das Gras direkt bei der Schuldirektorin abliefern und ihr genau berichten, was passiert war – dass die süße Carisa als Drogenfahnder bei ihren Eltern aktiv geworden ist. Aber wenn ich das mache, besteht die Möglichkeit, dass die Schuldirektorin die Polizei ruft. Das will ich natürlich nicht, aber in Anbetracht von Carisas labilem Gemütszustand ist nichts zu unternehmen auch keine Lösung. Wenn ich etwas über Drittklässler weiß, dann dass die meisten von ihnen unfähig sind, etwas geheim zu halten – irgendwann erzählen sie alles. Carisa kann nicht widerrufen, was sie weiß.
    In der Mittagspause schließe ich das Klassenzimmer ab und suche auf meinem Laptop bei Google nach medizinisches Marihuana . Vielleicht haben die Normans einen Berechtigungsausweis für medizinisches Marihuana. Aber wenn dem so wäre, dann wäre das Marihuana sicherlich in einem Apothekerfläschchen ausgegeben worden – nicht in einem wiederverschließbaren Plastiktütchen. Vielleicht kann ich an professioneller Stelle in Erfahrung bringen, wie das Marihuana typischerweise ausgegeben wird. Ich klicke auf Finden Sie einen Lieferanten

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