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Die Ehre der Am'churi (German Edition)

Die Ehre der Am'churi (German Edition)

Titel: Die Ehre der Am'churi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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geweckt. Er versuchte gar nicht erst, sich wieder hinzulegen und weiterzuschlafen, es würde ja doch nichts nutzen. Müde rollte er sich von seinem Schlaflager, schlich wieder in den Gang. Alles war still, die anderen schliefen längst, und wenn überhaupt, dann war nur gelegentliches Schnarchen zu hören.
    Beinahe wäre Jivvin den beiden in die Arme gelaufen: Erst im allerletzten Moment spürte er, dass sich vor ihm zwei Krieger in den Schatten bewegten, genauso wie er selbst darauf bedacht, kein Geräusch zu verursachen. Rasch legte er sich flach auf den Bauch, verbarg sein Gesicht in der Armbeuge und verschmolz so gut es ging mit der Dunkelheit.
    Pérenn und Kamur. Sie schlichen lautlos zu ihren Zimmern, ahnten nicht, dass sie verfolgt wurden – Jivvin hielt sich dicht an ihren Fersen. Vor ihren Türen blieben die beiden stehen, und hier wurde Jivvins Geschick und Beharrlichkeit belohnt, denn sie flüsterten noch kurz miteinander.
    „Kümmerst du dich morgen früh darum?“, wisperte Pérenn.
    „Natürlich, in der Dämmerung, wie immer.“
    Wie immer? Am’chur, was machen die zwei bloß?
    „Meinst du, wir sind zu weit gegangen?“ Kamurs Stimme klang unsicher.
    „Nein, warum auch? Alles ist so wie sonst auch, du wirst sehen!“
    Damit trennten sie sich und verschwanden in ihren Räumen.
    Mit ungutem Gefühl schlich Jivvin weiter. Was immer hier vor sich ging, es konnte nichts Gutes bedeuten!
    Vor Ni’yos Zimmer verharrte er wieder. Es gab keinen echten Grund, sich hineinzuwagen. Wenn Ni’yo friedlich schlief, wäre es Dummheit, sich ihm zu nähern. Wenn Pérenn und Kamur es irgendwie geschafft hatten, ihm etwas anzutun, sollte Jivvin sie eigentlich beglückwünschen. Dennoch drängte es ihn, sich zu vergewissern.
    Na los! Ganz kurz den Kopf reinstecken und lauschen. Wenn er schläft, alles gut. Wenn er verletzt ist – na, das sehen wir dann. Wenn er aufwachen sollte … sag ich einfach, ich würde ihn zu einem Mitternachtsduell fordern wollen. Es kann gar nichts geschehen!
    Trotzdem, es war nicht zu leugnen: Er hatte Angst vor Ni’yo.
    Du willst ein Am’churi sein, stell dich der Angst! Vorwärts!
    Entschlossen drückte Jivvin die Tür auf, ohne das leiseste Geräusch zu verursachen. Saurer Gestank nach Erbrochenem schlug ihm entgegen. Hastig bedeckte er seine Nase mit der Hand, atmete nur noch flach durch den Mund, während er sich weiter in das Zimmer hinein schlich. Durch das halb offene Fenster fiel ein wenig Mondlicht auf das Bett – es war leer, offenbar ungenutzt. Alarmiert blickte Jivvin sich um, erstarrte, als er einen dumpfen Laut hörte.
    Dort, hinter dem Bett, lag eine unförmige Gestalt auf dem Boden. Jivvin brauchte einen langen Moment, um in dem dämmrigen Licht zu erkennen, was er da wirklich sah: Ni’yo war auf höchst grausame Weise verschnürt worden. Er lag auf dem Bauch, die Hände auf den Rücken gebunden. Seine Beine waren gefesselt und so nach vorne gezogen worden, dass seine bloßen Füße auf seinen nach oben gezwungenen Schultern ruhten. Ein Seidentuch um seine Kehle verband sowohl Hand- als auch Fußgelenke. Sein Körper bildete ein perfektes Rad. Sobald er sich bewegte, auch nur mit dem kleinen Finger zuckte, drohte er sich unweigerlich zu erwürgen. Ein Wunder, wie er in dieser Stellung überhaupt atmen konnte …
    Fassungslos kniete Jivvin neben seinem Feind nieder. Sicher war er an seinem Erbrochenen erstickt! Er wagte es kaum, wollte eigentlich nicht wissen, ob Ni’yo wirklich tot war. Aber schließlich berührte er doch die bloße Brust des Jungen. Rasender, flatternder Herzschlag unter seinen Fingern. Er lebte! Ruckartige, viel zu kurze Atemstöße, die er zuvor in seiner Kopflosigkeit nicht gehört hatte, bewiesen den Kampf gegen das Unvermeidliche. Da fuhr plötzlich ein Krampf durch den verdrehten Körper, schüttelte ihn gnadenlos durch. Ni’yo stöhnte leise, röchelte gurgelnd. Sofort hielt Jivvin sein Messer in der Hand, setzte es an – und zögerte.
    Das hier war Ni’yo, sein Todfeind. Widersinnig, ihm zu helfen… 
    Wenn du morgen früh noch mit dir selbst leben können willst, rette ihn! Ehrenkampf ist das eine, ein wehrloses Opfer an seiner eigenen Kotze, in unerträglichen Schmerzen krepieren zu lassen das andere!
    Trotzdem zögerte er noch einen Augenblick länger. Er brauchte eine Möglichkeit, die Fesseln zu durchtrennen, ohne weitere Qualen, vielleicht auch Verletzungen zu verursachen. Schließlich schlang er den linken Arm um Ni’yos

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