Die Ehre der MacLaughlins (German Edition)
nur auf Dòmhnalls Wunsch in jungen Jahren
geheiratet hatte. Sie hatten sich nie geliebt, sondern eine Art Vernunftehe
geführt. Tèarlach war die meiste Zeit des Jahres unterwegs gewesen, um freie
Bauern zu überreden, sich dem MacLaughlin-Clan anzuschließen, dadurch hatte
sich das Paar immer mehr entfremdet. Und dann war Mìcheal MacGannor in Màiris
Leben getreten, und ihr Mann hatte sich in eine Frau in den Bergen verliebt.
Nachdem auch der Vatikan in die Scheidung eingewilligt hatte, durfte Mìcheal
offiziell um Màiris Hand bitten. Das war vor zehn Jahren gewesen, und die junge
Familie war um zwei weitere Kinder gewachsen.
Noch
während des Festmahls begannen Dudelsack-, Trommel- und Flötenspieler zu
musizieren und übertönten somit dezent das Stimmengewirr, Lachen und Kichern
der Gäste. Später sollte zum Tanz aufgespielt werden.
Klein-Ewan
hatte sich zu seinem Onkel gesetzt, der seit Kindestagen sein großes Idol war.
Er wollte alles von ihm lernen, was einen großen Krieger ausmachte.
„Ihr
werdet noch eine Woche auf Glenbharr Castle bleiben“, sagte der ältere Ewan und
biss herzhaft in seine Wachtelkeule. „Wenn du magst, gebe ich dir solange
täglichen Unterricht im Schwertkampf.“
Über
das Gesicht des jungen Mannes zog sich ein erleichtertes Lächeln. „Das wünsche
ich mir schon lange, aber ich wagte dich nie darum zu bitten, Onkel. Ich
bekomme zwar oft von Mìcheal und anderen Clanmännern Unterricht, aber du bist
der Beste, das sagen alle.“
„So,
das sagen alle?“ Schmunzelnd legte Ewan den abgenagten Knochen auf den Teller
zurück und wischte die Hände an einer Leinenserviette ab. „Woher wollen sie das
wissen? Ich hab bisher an keinem Jakobitenaufstand teilgenommen.“
„Aber
du hast schon oft gegen einzelne Sasannach gekämpft und sie besiegt.“
Ewans
Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. „Aye, das mag stimmen, aber das waren
Einzelfälle, mein junge.“
„Noch
heute reden die Leute über deine Heldentaten, wie zum Beispiel dem Gefecht von
Glen Dillon, als die Rotröcke die Schule in Brand setzten; damals wurdest du
und Großvater schwer verletzt.“
Stumm
nickte Ewan. Das war schon lange her, und trotzdem hatte er das Gefühl, noch
immer den Geruch des Feuers in seiner Nase zu spüren.
„Ah,
und dann hast du einmal mit deinen Männern bei Nacht und Nebel ein Feldlager
der Sasannach ausgekundschaftet und angegriffen; die Soldaten sollen
schreiend geflohen sein.“ Klein-Ewans Blick war fasziniert auf den berühmten
Onkel gerichtet. „Dein Meisterstück war das Duell gegen den fiesen englischen
Hauptmann, drüben bei der alten Sägemühle.“
Daran
erinnerte sich Ewan mit gemischten Gefühlen. Zwar war es ihm eine Genugtuung
gewesen, den verhassten Milford für alle Zeiten unschädlich zu machen, aber
seine verweste Leiche lag noch immer tief im Wald verscharrt. Ewan glaubte zwar
nicht daran, dass zehn Jahre nach dem Gefecht jemand Robert Milfords und James
Alisons Überreste fand, dennoch wäre ihm wohler gewesen, wenn es diesen
unbequemen Hauptmann niemals gegeben hätte – ihm hatte Ewan schließlich eine
schmerzhafte Auspeitschung zu verdanken, deren Narben noch immer deutlich
seinen Rücken zierten.
Er
wandte sich wieder dem jungen MacGannor zu. „Ich hoffe, über deinen Eifer
vergisst du nicht, dass ein Krieg mit den Rotröcken kein Kinderspiel ist.“
„Aber
Onkel, wofür hältst du mich denn?“ Klein-Ewan reckte sich stolz. „Ich bin kein
Kind mehr und keinesfalls so naiv, wie du annimmst.“
Ewan
wies mit dem Kinn auf Andra, der der Tochter eines Lairds verliebte Blicke zuwarf. „Was ist mit deinem
Bruder? Will er auch ein großer Krieger werden?“
Klein-Ewan
winkte ab. „Der hat seit Monaten nichts als Weiber im Kopf.“
„Du
nicht?“
„Niemals!
Die sind entweder am Kichern oder heulen um die Wette. Mit so was will ich mich
nicht belasten.“
Amüsiert
hob Ewan seinen Whiskybecher und prostete dem Neffen zu. „ Sláinte mhath !
Wir reden in zwei Jahren noch einmal darüber.“ Er setzte den Becher an seinen
Mund und verhielt kurz. In zwei Jahren etwa zur selben Zeit war Bonnie Prince
Charlie bereits unterwegs nach Schottland, um einen Aufstand anzuzetteln.
Klein-Ewan
bemerkte das Zögern des Onkels und erkundigte sich zaghaft, ob er etwas
Falsches gesagt hätte.
„Nein,
mein Junge. Mir fiel nur grade ein, dass es mal wieder Zeit wird, unsere Waffen
im Versteck zu kontrollieren.“
„Auf
Barwick Castle horten wir unsere Schwerter
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