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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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»Liuthar, nun sagt doch auch einmal etwas dazu!«
     »Hmm …«, brummte Thietmars Oheim und suchte etwas ratlos nach den richtigen Worten: »Ich versprach meinem Bruder, während seiner Abwesenheit auf die Familie zu achten und sie zu schützen«, überlegte er laut, ohne den Blick vom Kruzifix zu wenden.
     »Ja, bei Gott, dann tut das doch endlich und helft mir!«
     Langsam drehte Liuthar sich um, blickte erst tief in die treuherzig bittenden Augen seines kleinen Neffen und traf dann den strengen, sorgenden Blick seiner Schwägerin.
     »Ich frage mich indes schon eine geraume Zeit: Wie können wir diesen Knaben formen, wenn er wie ein zartes Pflänzchen im Verborgenen aufwächst? Wie können wir erkennen, ob unser zarter Sprössling eine Befähigung zum treuen Gottesdiener oder gar zu einem stolzen Heerführer entwickelt, wenn wir ihn nicht der Sonne aussetzen? Ich bin in der Tat über den Wunsch des Knaben überrascht, der so wenig seinem Alter entspricht, aber zeugt sein Begehren nicht von früher Reife und wachem Geist?«
     Thietmar nickte eifrig, während Kunigunde zweifelnd ihre Stirn in Falten legte.
     »Ich glaube«, grübelte Liuthar weiter, »dass unser Heiland selbst dem unschuldigen Kinde diesen Gedanken eingab. Ein anderer Sprössling seines Alters wäre wohl nie dem Wunsch erlegen, ein wildes und gefährliches Land zu bereisen. Womöglich hat unser allmächtiger Gott gar etwas Großes mit dem Knaben vor und unterzieht ihn einer ersten strengen Prüfung. Und wenn dies so ist, dann wird der Allmächtige auch schützend seine Hand über unseren kleinen Thietmar halten, damit ihm kein Unheil geschehen möge.«
     Thietmars Mutter setzte eine nachdenkliche Miene auf.
     »Meint Ihr das im Ernst?«, rang sie unschlüssig die Hände und nestelte nervös an ihrer silbernen Gürtelschnalle.
     Thietmar schien die Gelegenheit günstig, um selbst in das Gespräch einzugreifen.
     »Ja, ja, es wird genauso sein, wie unser lieber Liu es sagte«, ereiferte er sich, kletterte auf einen Stuhl und küsste seinem Oheim aus Dankbarkeit auf die Wange.
     »Was denn, mein Junge?«
     »Na, dass ich meine Idee bestimmt vom lieben Gott erhalten habe.«
     »Aber wenn ich an all die Gefahren denke …«, warf die Mutter erneut ein.
     Liuthar ergriff bedächtig seinen Kelch und leerte ihn in tiefen Zügen. Noch bevor er das glänzende Gefäß auf die Tafel zurücksetzte, fasste er einen Entschluss.
     »Also«, verkündete er, tupfte sich die feuchten Lippen trocken und deutete eine ehrenvolle Verbeugung in Richtung seiner Schwägerin an, »vernehmt also meinen Rat: Mir ist noch niemals zu Ohren gekommen, dass die Heiden sich an kleinen Kindern vergriffen hätten. So wild und barbarisch sie auch sein mögen, aller unmündige Nachwuchs ist ihnen heilig. Solange ein Spross noch nicht zum Manne herangereift ist, solange wird ihm niemand ein Haar krümmen. Dabei ist es diesen Heiden völlig egal, ob es sich um fremde oder eigene Kinder handelt. Die jungen Sprösslinge können von edler oder niederer Herkunft abstammen, rein vom Wuchs oder bucklig und verwachsen sein, allen wird die gleiche Behandlung zuteil.«
     Thietmar strahlte über das ganze Gesicht, als er die Worte seines Oheims hörte. Er empfand sich nämlich ebenfalls als nicht besonders ansehnlich und als noch viel zu klein für sein Alter. Außerdem wuchs seit einem halben Jahr eine kleine, aber furchtbar störende Fistel auf seiner linken Wange, die selbst die frommsten Gebete bisher nicht vertreiben konnte. Vielleicht wussten die Wenden ja ein Mittel dagegen? Fast euphorisch schenkte er seinem guten Liu erneut Wein nach, um ihn auch ja bei guter Laune zu halten.
     Gräfin Kunigunde wurde schwankend. Vielleicht war Thietmars Reise doch nicht so gefährlich, wie sie dachte. Äußerst lehrreich und förderlich zur Herausbildung einer eigenen Persönlichkeit würde sie auf jeden Fall sein.
     »Nun ja«, richtete sie das Wort an ihren Schwager, »bevor ich mich endgültig entscheide, sagt mir erst, was wisst Ihr Genaues über den Plan des Markgrafen?«
     Liuthar zuckte leicht mit den Schultern und seufzte.
     »Wer kennt schon genau die geheimen Pläne dieses alten, durchtriebenen Fuchses? Ich weiß nur so viel: Dietrich will eine richtige Streitmacht zu den Wenden entsenden, um die fälligen Tribute einzufordern. Mehr als zweihundert kampferprobte und wohlgepanzerte Reiter sollen einen großen Wagentross begleiten und schützen. Ich denke, dass diese wehrhafte

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