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Die Ehre der Slawen

Die Ehre der Slawen

Titel: Die Ehre der Slawen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Begleitung in jedem Falle genügen wird, um unseren kleinen Thietmar vor allen Gefahren zu wahren.«
     Ein schalkhaftes Grinsen erschien in seinem Gesicht.
     »Außerdem werden noch ein halbes Dutzend frommer Glaubensverkünder den Tross begleiten.«
     »Warum freut Ihr Euch so darüber, mein lieber Schwager?«, wollte Kunigunde wissen, der die offensichtliche Schadenfreude nicht entgangen war.
     »Weil er es noch nicht weiß!«
     »Wie? Der Markgraf weiß noch nichts von der frommen Begleitung?«
     »Nein.«
     »Wie denn das?«
     »Ihr erinnert Euch des Abends, an dem der Kaiser so furchtbar aufgebracht war?«
     »Aber natürlich. So etwas vergisst man nicht so schnell.«
     »Nun ja, es gelang mir am nächsten Morgen, mit dem Kaiser unter vier Augen zu reden. Er hatte sich wieder beruhigt und war sehr zugänglich. Mir gefiel nämlich ganz und gar nicht, wie unser Markgraf den Hass auf die Wenden schürte.«
     Kunigunde nickte bestätigend und sagte: »Ich bewunderte an jenem Abend Euren Mut, als Ihr die Worte des Markgrafen so offen infrage stelltet.«
     Liuthar bedankte sich mit einer leichten Verbeugung.
     »Sagen wir einfach, ich versuchte beim Kaiser den Zorn zu mildern, den unser werter Gastgeber in ihm entfacht hatte. Im Grunde ist unser Reichsoberhaupt ein durch und durch frommer Mann, der nur zum Schwert greift, wenn er es muss. Ich konnte ihn schnell dazu begeistern, neben der Steuereintreibung gleichzeitig die fromme Arbeit der Bekehrung durchzuführen. Jede neu gewonnene Seele, und sei es nur eine einzige, wird das Herz Christi erfreuen und später ein rechter Fürsprecher an der Pforte zum Paradies sein. Auch sprach ich nach der heutigen Vesper mit unserem frommen Oddar. Gerne würde er die Glaubensverkünder für diese Reise selbst aussuchen und auch ihr Führer sein. Er und seine Brüder wollen dann auch gleichzeitig den Rittern auf die Finger schauen und sich mühen, die größten Raufbolde von unchristlichen Taten abzuhalten.«
     Nun musste auch Kunigunde schmunzeln.
     »In der Tat! Ich glaube nicht, dass dies das Herz unseres edlen Markgrafen mit Freude erfüllen wird. Glaubte ich doch seine wahre Habgier an jenem Abend durchschaut zu haben.«
     Liuthar nickte lächelnd.
     »Also denke ich, meine teure Schwägerin, dass diese illustre Gesellschaft, bestehend aus weltlichen und kirchlichen Kämpfern, einen recht anschaulichen Unterricht für die Zukunft unseres neugierigen Kleinen abgeben wird. Ich glaube, dass es für die Formung unseres Thietmars nicht von Schaden sein wird, wenn er das Land der Heiden frühzeitig kennenlernt.«
     Kunigunde war schon fast überredet. Ihr innerer Kampf, in der Hauptsache aus besorgten Muttergefühlen bestehend, verlor immer mehr an Stärke und Kraft.
     »Bitte, bitte, liebe Mutter, erlaube mir doch die Reise«, flehte Thietmar erneut und streichelte liebevoll den Arm seiner Mutter. Dieser derart nachdrücklich vorgetragenen Bitte konnte Kunigunde sich letztendlich nicht mehr verschließen. Sie schaute ihrem Sohn tief in die glänzenden Augen und gab nach.
     »Also gut«, seufzte sie schließlich, »dein lieber Liu kann sich kundig machen, ob er auf irgendeinem Ochsengespann noch ein Plätzchen für dich erübrigen kann. Möglichst in Nähe der Priester.«
     »Vielen, vielen Dank, liebe Mutter«, jubelte Thietmar und hüpfte freudig erregt auf einem Bein um die beiden Erwachsenen herum.
     Kunigunde belächelte das ungestüme Gebaren ihres Knaben, konnte sich aber eines leisen, unguten Gefühles nicht erwehren. Irgendwie erahnten ihre mütterlichen Instinkte, dass diese Reise für ihren kleinen Thietmar ganz anders verlaufen würde, als es geplant war.
     
    *
     
     
    Kapitel 6
     
     
    Unsichtbar und lautlos huschten drei kleine Schatten durch die mondlose Nacht. Dicht an die hölzerne Außenwand des großen Versammlungshauses gedrückt, krochen sie voller unbezähmbarer Neugierde durch das feuchte Gras. Unter dem weit überstehenden Schilfdach herrschte eine undurchdringliche Finsternis, die sie vor sämtlichen unliebsamen Blicken verbarg. Es müsste schon ein dummer Zufall sein, wenn sie hier jemand aus Versehen entdecken sollte.
     Knapp vierzig Schritte weiter hoben sich die tiefschwarzen Umrisse der Inselburg vor dem klaren Sternenhimmel ab. Sie war das größte und sicherste Bollwerk, was sich die drei Freunde überhaupt vorzustellen vermochten: Auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel ragte eine kreisförmige Palisade aus dicken

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