Die Ehre der Slawen
Sohn bekommen soll?«, fragte einer der beiden Männer mit schwerer Zunge.
Unschwer erkannte Paddie die Stimme des mürrischen Töpfers, den niemand im Dorf so richtig leiden konnte. Seitdem seine Frau gestorben war, und das war schon vor vielen, vielen Jahren, präsentierte sich der Mann zumeist als übellauniger und störrischer Geselle. Zumeist hockte er allein vor seinem glühend heißen Brennofen und schüttete dabei literweise Met in sich hinein. Am liebsten aber jagte er gar zu neugierige Kinder weg, die ihm zu nahe kamen.
»Äh, ich weiß noch nicht so recht«, antwortete der andere Mann, an dessen Stimme Paddie sofort seinen Vater identifizierte. Auch das noch!
»Na hör mal, Kmete!«, entrüstete sich der Töpfer. »Dein Sohn hat seine Pflicht verletzt und alle Kinder des Dorfes in Gefahr gebracht. Und du weißt noch nicht, wie du ihn bestrafen sollst? Bei den vier Gesichtern des allsehenden Swarozyc! Wäre es dir denn lieber gewesen, wenn der große Vogel sich die kleinen Schreihälse alle geholt hätte?«
»Ähm«, räusperte sich Paddies Vater erneut, »natürlich nicht. Aber ich sehe es immerhin als gutes, göttliches Omen, dass der Adler das Opfer meines Sohnes annahm. Ich denke, dass damit der Zorn der Götter besänftigt ist.«
Insgeheim tat Paddie seinem Vater Abbitte für alle begangenen und noch zu begehenden Streiche. Aber der Töpfer, mit dem würde er wohl ein Hühnchen rupfen müssen.
Zwei Schritte hinter Paddies Füßen blieben die beiden Männer stehen, hoben ihre knielangen Hemden empor, entknoteten umständlich die Schnüre ihres Hosenbundes und erleichterten sich vom überreichlichen Met. Vorsichtig zog Paddie seine Beine an. Bikus, der hinter ihm lag, hatte keine Möglichkeit zum Ausweichen, wenn er nicht entdeckt werden wollte.
Es war unglaublich, was für eine Wassermenge die Männer in ihren Blasen gespeichert hatten. Fast glaubte Paddie, die beiden hätten das große Metfass allein leer getrunken.
Als endlich die letzten Tropfen versiegten, meldete sich der Töpfer erneut zu Wort: »Also, wenn das mein Sohn gewesen wäre, dann hätte ich ihm aber gehörig das Fell gegerbt.«
»Na ja, es ist ja noch einmal alles gut gegangen, jedenfalls fast alles«, entgegnete Paddies Vater und schnürte sich wankend die Hose zu. Ein lauter Rülpser begleitete seine Tätigkeit, während der Töpfer einen kräftigen Furz von sich gab.
»Meine Dusa ist für heute versorgt und morgen bringe ich sie zu dem Krieve 2 , der in dem heiligen Waldtempel wohnt. Der kennt alle Heilkräuter der Welt und unterhält sich oft mit den Göttern. Dort ist die Kleine am besten aufgehoben.«
»Und deine Schafe, Kmete? Was ist mit den vielen Tieren, die entlaufen sind? Da wirst du im Winter deinen Gürtel wohl enger schnallen müssen.«
Eine leichte Schadenfreude schwang in des Töpfers Worten.
»Ja, das wird meine Strafe sein«, hatte Paddies Vater plötzlich eine glänzende Idee. »Ich werde den Knaben morgen, in aller Frühe, in den Wald schicken und lasse ihn mit seinen Freunden so lange suchen, bis alle Tiere wieder beisammen sind.«
»Und das ist alles?«, entrüstete sich der Töpfer. »Mehr nicht?«
»Ja, wenn sie die Tiere zurückbringen, so soll das alles sein.«
Der Töpfer schnaubte: »Bei allen Göttern! Ich werde noch heute Abend den Priester befragen, ob dies wirklich eine angemessene Strafe für so eine schlimme Nachlässigkeit ist.«
Paddie kochte vor Wut und vergrößerte das mit dem Tonkneter zu rupfende Huhn um ein Vielfaches.
Als die Männer sich endlich abwandten, legte Paddies Vater dem Töpfer seine Hand auf die Schulter und versuchte den vom starken Honigwein aufgeputschten Mann zu beruhigen: »Ach was, lass uns lieber wieder den Geschichten unserer Gäste lauschen und lass uns vor allem unsere schon wieder ausgetrockneten Kehlen mit dem herrlichen Met befeuchten. Ich werde dann sogleich die Väter der anderen beiden Übeltäter wegen ihres Einverständnisses für die Schafsuche befragen und dann werden wir ja sehen, ob …«
Der Rest ging in ein unverständliches Gemurmel über, als die Männer sich zu weit entfernt hatten. Paddie konnte aber noch gut erkennen, wie der Töpfer wild gestikulierend mit den Armen fuchtelte.
»Ih, ist das eklig nass«, schimpfte Bikus leise von hinten.
Paddie und Rapak konnten sich ein schadenfrohes Kichern nicht verkneifen.
»Sei froh, dass uns die beiden nicht entdeckt haben, sonst hätte uns der
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