Die Eifelgraefin
hinunter und nahm auch das Kästchen mit der scharfen Rasierklinge mit.
Luzia, die ihr, wie immer beim Baden, Hilfe und Gesellschaft leistete, sah ihr neugierig dabei zu, wie sie zunächst ihr Haar entwirrte und kämmte und dann mit der Klinge Strähne um Strähne abschnitt.
«Komm her und schau, ob ich auch gerade geschnitten habe», forderte Elisabeth ihre Magd auf.
Luzia trat gehorsam heran und betrachtete prüfend die dunkelbraune Haarpracht, die jetzt nur noch bis zur Mitte von Elisabeths Rücken reichte. «Ihr habt aber sehr viel abgeschnitten», befand sie.
Elisabeth nickte ungeduldig. «Ich weiß, aber nun fühlt sich mein Haar wieder viel weicher an. Nun sag aber, ist es gerade?»
Luzia musterte die Haarspitzen. «Hier ist noch eine Strähne zu lang», meinte sie.
«Schneid sie ab.» Elisabeth reichte ihr die Klinge.
«Ich?» Erschrocken fuhr Luzia zurück.
Doch Elisabeth runzelte unwillig die Stirn. «Nun mach schon. Aber pass auf, dass du dich nicht verletzt.»
Luzia nahm die Klinge so vorsichtig in die Hand, als habe sie Angst, von ihr gebissen zu werden, und kürzte die überlange Haarsträhne. «Nun sieht es gleichmäßig aus», sagte sie erleichtert und legte die Klinge hastig in das Kästchen zurück. «Soll ich Euch nun beim Entkleiden helfen?»
«Ja, das heißt …» Prüfend tauchte Elisabeth ihre Hand in das dampfende Wasser. «Es ist noch zu heiß», stellte sie fest. Dann blickte sie wieder auf. «Außerdem kommt mirda ein Gedanke. Du solltest auch wieder mal ein Bad nehmen. Und da bietet es sich doch an … Löse einmal deine Haare, Luzia.»
«Ich? Aber warum denn?» Verblüfft hielt Luzia inne, die gerade das Fläschchen mit dem Rosenöl hatte öffnen wollen.
«Ich will sehen, ob dein Haar sich an den Spitzen auch so spaltet wie meines. Wundern würde es mich nicht, so fest, wie du es immer eindrehst.»
«Mein Haar? Ich weiß nicht, Herrin.» Unwillkürlich wich Luzia zurück, zog jedoch gehorsam die beinernen Haarnadeln aus ihrer Frisur. «Ihr wollt wirklich meine Haare abschneiden?»
«Nur, wenn es notwendig ist», beschwichtigte sie Elisabeth. «Und keine Angst, es tut nicht weh.» Sie wartete, bis Luzias rotgoldene Lockenpracht offen über die Schultern floss, und griff dann nach einer Strähne. «Und wie notwendig es ist!», rief sie und hielt Luzia die Strähne vor die Nase. «Schau her! Da müssen wir fast eine Elle abschneiden, Mädchen.»
«Nein, Herrin, das geht nicht. Das will ich nicht!», protestierte Luzia, nun vollends erschrocken.
Elisabeth machte ein entschlossenes Gesicht. «Setz dich hin und halt still», befahl sie. «Du wirst sehen, dass deine Haare hinterher viel schöner sind als jetzt.» Sie fasste Luzia an den Schultern und drückte sie auf die Küchenbank. Luzia ließ es nur äußerst widerstrebend geschehen und schlug ängstlich die Hände vor die Augen, als sie sah, wie Elisabeth nach der Rasierklinge griff. Bei jeder Strähne, die ihre Herrin abschnitt, zuckte sie heftig zusammen.
Erst als Elisabeth zufrieden sagte: «Na bitte, hab ich es nicht gesagt?», ließ Luzia ihre Hände zögernd sinken.
«O mein Gott!», keuchte sie, als sie ihr Haar am Boden liegen sah. «Ihr habt wirklich eine ganze Elle abgeschnitten. Was soll ich denn jetzt tun?»
Elisabeth lachte auf. «Nun, zunächst einmal solltest du nicht so ein Gesicht machen, Luzia. Dein Haar ist noch immer schön lang, es reicht dir noch bis hierher.» Sie tippte auf Luzias Rückenmitte. «Fass es einmal an, es ist jetzt ganz weich und nicht mehr so strohig. Und …» Elisabeth trat einen Schritt zurück und musterte Luzia eingehend. Dabei wurden ihre Augen immer größer. «Bei Gott, Luzia, das hätte ich nicht für möglich gehalten! Jetzt kringeln sich deine Locken sogar noch mehr als zuvor. Das ist unglaublich! Und diese Farbe … Luzia, wenn du wolltest, könntest du wunderschön sein.»
Luzia zog den Kopf zwischen die Schultern. «Ihr macht Euch über mich lustig, Herrin.»
«Nein, gewiss nicht», widersprach Elisabeth energisch. «Ich meine das vollkommen ernst. Dein heller Teint, die blauen Augen, dazu das rotgoldene Haar. Kein Wunder, dass Roland hinter dir her ist.» Sie schmunzelte. «Wenn du nur kurz hinausgehen würdest, so wie du jetzt aussiehst, würden dir ganz sicher noch viele weitere Mannsbilder zu Füßen liegen. Das geziemt sich natürlich nicht. Aber», sie legte nachdenklich den Zeigefinger an die Lippen, «ich könnte dir zeigen, wie du dein Haar anders
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