Die Eifelgraefin
hochstecken kannst, sodass es dein hübsches Gesicht besser betont und dich dennoch bei der Arbeit nicht behindert.»
«Warum?» Luzia sah sie mit großen Augen an. «Ich bin doch nur eine Magd, und wen kümmert es schon, wie ich meine Haare trage?»
«Nun, zunächst einmal könnte es dich selbst kümmern», sagte Elisabeth und begann nun doch, ihr Kleid aufzuschnüren. «Du hast vom Herrgott ein hübsches Antlitz und einen klugen Kopf erhalten. Nun benutze einmal den Letzteren, um darüber nachzudenken, ob es nicht gottgefälliger wäre, Ersteres in der rechten Weise zu würdigen, anstatt es immerzu zu verstecken.» Sie zog ihr Kleid über den Kopf. «Und nun lass uns endlich baden.»
***
Nach dem Bad fühlte Elisabeth sich etwas entspannter. Dennoch musste sie immerfort über den Traum der vergangenen Nacht nachgrübeln, dessen Inhalt sich ihr so hartnäckig verweigerte. Am frühen Nachmittag gesellte sie sich zu Hedwig und den Mädchen, um mit ihnen zusammen an einem neuen Altartuch zu sticken, das Hedwig der Kempenicher Kirche zu Weihnachten schenken wollte. Das fröhliche und belanglose Geplapper der beiden Edeljungfern lenkte sie ein wenig von ihren düsteren Gedanken ab, und sie hob überrascht den Kopf, als es an der Tür klopfte und Simon den Raum betrat. Seine Miene war ernst, als er auf sie zutrat.
«Elisabeth, meine Liebe. Ich muss Euch bitten, mit nach unten zu kommen. Reinher von Heldweg ist noch einmal hergekommen, um uns Nachricht von Eurem Vater zu bringen.»
Alarmiert sprang Elisabeth auf und legte Nadel und Stickgarn beiseite. «Ist etwas geschehen, Herr Simon? Ihr seht so besorgt aus.»
Simon schüttelte den Kopf und hob beruhigend beide Hände. «Macht Euch keine Sorgen, Elisabeth. Es ist auf der Küneburg nichts Schlimmes vorgefallen. Gleichwohl sind Umstände eingetreten, die man als ernst bezeichnen könnte. Bitte begleitet mich nach unten.»
Elisabeth folgte ihm durch die Steinkammer und die Treppe hinab und spürte dabei ihr Herz vor Aufregung heftig pochen. Was mochte vorgefallen sein, dass ihr Vater ihr nun so schnell wieder Nachricht schickte? Vielleicht ging es um Kunibert. Hoffentlich war ihm auf der Heimreise nichts zugestoßen! Ihr Herz pochte noch heftiger, als sie auf Reinher von Heldweg zuging und ihn begrüßte.
Dieser überreichte ihr ein gesiegeltes Schreiben und zog sich dann mit Simon an einen der Tische in der Halle zurück.
Elisabeth brach das Siegel auf und überflog die Zeilen ihres Vaters. Ihr Herzschlag beruhigte sich etwas, als sie las, dass es ihrer Mutter und den Geschwistern gutging. Doch auf die folgenden Worte ihres Vaters starrte sie fassungslos. «Das kann doch nicht sein», murmelte sie.
Sogleich war Simon wieder an ihrer Seite, und hinter ihm tauchte auch Bruder Georg auf, den der Burgherr hatte rufen lassen. «Sollte es sich so verhalten, wie Euer Vater schreibt, und der Erzbischof auf seiner Aufforderung bestehen, werde ich selbstverständlich alles mir Mögliche tun, um Eure Familie zu unterstützen.»
Elisabeth blickte von dem Brief auf. «Warum will Balduinmeinen Vater ausgerechnet jetzt nach Böhmen schicken?»
Simon hob die Schultern. «Die Wittelsbacher suchen eine Gelegenheit, König Karl zu stürzen. Wenn es ihnen gelingt, Günther von Schwarzburg als Gegenkönig aufzustellen, wäre das für Karl eine schwierige Situation. Balduin sieht als sein Großonkel raschen Handlungsbedarf. Die Geschichte des Reiches ist wichtiger als die Erbschaftsstreitigkeiten seiner Vasallen. Und Euer Vater ist ein einflussreicher Mann, den Balduin selbstredend gerne an der Seite Karls wüsste.»
«Aber ausgerechnet jetzt!» Elisabeth konnte die Verzweiflung in ihrer Stimme nur schwer unterdrücken. «Was, wenn Dietrich Vaters Abwesenheit nutzt und die Küneburg besetzt?»
«Mein liebes Kind, so weit wird es schon nicht kommen», tröstete Bruder Georg und legte ihr eine Hand auf den Arm.
«Noch ist ja nichts entschieden», fügte Simon ruhig hinzu. «Ich werde Eurem Vater umgehend Nachricht schicken, dass er sich ganz auf mich verlassen kann. Und selbstverständlich bleibt Ihr so lange hier, wie es vonnöten ist. Möglicherweise kann er seine Abreise ja noch verschieben oder zumindest den Erzbischof davon überzeugen, dass dieser ihm während seiner Abwesenheit entsprechende Schutzmaßnahmen zusagt.»
Elisabeth nickte und ließ sich mit Bruder Georg an einem der Tische nieder. Inzwischen war auch Hedwig aus der Kemenate heruntergekommen und ließ sich von
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