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Die Eingeschworenen Raubzug

Die Eingeschworenen Raubzug

Titel: Die Eingeschworenen Raubzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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und die rauen Kerle, die ohne große Umstände in Björnshafen eingefallen waren, fischten sich gekochtes Hammelfleisch aus dem Kessel, bliesen auf ihre Finger und unterhielten sich über Dinge und Orte, von denen ich noch nie gehört hatte.
    Sie tranken große Mengen Bier und der Schaum rann ihnen über die Bärte, während sie lachten, scherzten und sich gegenseitig Rätsel aufgaben. Steinthor fühlte sich offenbar zum Skalden berufen und machte ein Gedicht über den Tod des Bären, während die anderen donnernd auf die Bänke schlugen oder ihn mit Hohn überschütteten, je nachdem, wie gelungen seine Verse waren.
    Sie erhoben ihre Trinkhörner auf mich, Orm den Bärentöter, und mein wiedergefundener Vater, strahlend vor Freude, als habe er ein edles Pferd gewonnen, führte die Lobreden an. Aber ich sah auch, dass Gunnar Raudi still und geduckt auf seiner Bierbank saß und alles genau beobachtete.
    Gegen Abend, als die Männer leiser sprachen und müde wurden wie der Rauch, der träge von der Feuerstelle aufstieg, schlief ich ein und träumte vom weißen Bären, wie er um das Haus geschlichen und dann still geworden war.
    Im Traum sprach ich wieder mit Freydis und sagte, ihre Wände seien gut und fest gebaut. Ich war sicher, dass der
Bär abgezogen war und wir es überstanden hatten. Ich lächelte gerade, als plötzlich das Dach einstürzte. Das Dach aus Grassoden. Zwei Riesenpranken wischten sie beiseite, Erde und Schnee stürzten auf uns und dann brach der Bär herein mit einem Krachen wie Thors Hammer: eine weiße Lawine, ein lautes Triumphgebrüll.
    Starr vor Angst pisste ich mir in die Hose. Der Bär landete auf der Seite, schüttelte sich wie ein Hund, wobei Wasser, Schnee und Lehmklumpen umherflogen, dann stellte er sich auf alle viere.
    Es war ein Berg aus Fell, ein übel riechendes, nasses Ungeheuer. Ein Auge schien rot im Feuerschein, das andere war eine leere, schwarze Augenhöhle. Auf dieser Seite war auch die Lippe abgerissen und die riesigen gelben Zähne lagen frei wie zu einem bösartigen Grinsen. Vor Hunger tropfte ihm dicker, zäher Speichel aus dem Maul.
    Er sah uns, roch die Ponys und wusste nicht, wen er zuerst angreifen sollte. In dem Moment rannte ich los und entschied damit unser aller Schicksal.
    Bei meiner Bewegung wirbelte der Bär herum. Er sah mich an der Tür stehen, wo ich mich mit dem Riegel abmühte. Ich hörte – und fühlte – sein Brüllen, mit dem stinkenden Atem eines Drachens. Verzweifelt riss ich den Riegel zurück und zerrte die Tür auf.
    Ich hörte ein Krachen, und im Hinauslaufen sah ich mich noch einmal kurz um. Der Bär hatte sich auf die Hinterbeine aufgerichtet und tappte vorwärts. Das Dach war jedoch zu niedrig und er krachte mit dem Kopf gegen einen Balken, der zersplitterte und ins Feuer fiel.
    Ich schwöre, dass er mich mit seinem gesunden Auge böse anfunkelte, während er aufbrüllte. Ich sah auch, wie Freydis ruhig aufstand, ihren alten Speer aufhob und ihn
in das geöffnete Maul des Bären rammte. Doch es reichte nicht. Der Speer hatte längst nicht genügend Zauberkraft. Er zertrümmerte ihm zwar die Zähne auf der Seite, die bereits verletzt war, doch er brach ab und die Spitze und ein Teil des Schafts blieben stecken.
    Der Bär holte mit der Tatze aus, ein lässiger Schlag und Freydis flog durch die Luft, Blut und Knochen spritzten umher und ich sah, dass ihr Kopf abgerissen war.
    Ich stolperte blind durch den Schnee. Ich rannte wie ein entlaufener Thrall. Wenn mir ein Neugeborenes im Weg gewesen wäre, ich hätte es über meine Schulter geworfen in der Hoffnung, das Ungeheuer mit einem solchen Happen aufzuhalten und mir Zeit zu erkaufen, um zu entkommen …
    Als ich erwachte, war ich in Gudleifs Haus. Der Morgen dämmerte trüb wie Sauermilch und jedes Mal, wenn ich mich an meine Feigheit erinnerte, wurde mir fast übel vor Scham. Doch die Männer waren viel zu beschäftigt, um Verdacht zu schöpfen, denn alles rüstete sich zum Aufbruch von Björnshafen.
    Mir wurde klar, dass ich meine Heimat verlassen und niemals wiederkommen würde. Ich würde fortfahren mit einer Horde fremder Männer, unerschrockener Kerle, deren Leben die Seefahrt war und der Kampf, zusammen mit einem Vater, den ich kaum kannte. Ein Vater, der zumindest dabei gewesen sein musste, als der Kopf seines Bruders fiel, und der nicht einmal ein Schulterzucken dafür übrighatte.
    Ich konnte kaum atmen vor Todesangst. Ich hatte in Björnshafen gelernt, was alle Kinder lernen, über den

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