Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Eingeschworenen Raubzug

Die Eingeschworenen Raubzug

Titel: Die Eingeschworenen Raubzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
Vom Netzwerk:
Freie, und dafür muss auch gezahlt werden, denn sie starb, weil Gudleif den Bären entkommen ließ. Und überhaupt war es mein Bär, und er war sehr wertvoll.«
    Mein Vater sagte nichts dazu, wem der Bär wirklich gehört hatte. Und ich sagte erst recht nichts, denn mir war gerade klar geworden, dass der Pfahl mit der Kugel, bei dem Caomh gestanden hatte, der Speer war, auf den man Gudleifs Kopf gespießt hatte.
    Einar lehnte sich zurück und zog den Umhang fester um sich, und sein Atem stieg in dem kalten Haus als Dampfwolke auf, als er sagte: »Man könnte lange darüber streiten, wessen Schuld es war – Ruriks, der den Bären hierher gebracht hatte, oder Gudleifs, der ihn entkommen ließ. Und dann ist da noch die Frage, warum er den Jungen so spät in die Berge und in den Schnee schickte, zu diesem einsamen Haus. Vielleicht hatte er sich ja sogar mit dem Bären abgesprochen.«

    Es war halb als Scherz gemeint, doch Skapti und Ketil machten ein paar schnelle Gesten, die das Übel abwehren sollten, und beide fassten nach Thors Eisenhammer, den sie um den Hals trugen.
    Ich schwieg, denn meine Erinnerungen umkreisten mich wie ein Schwarm Fledermäuse. Im Geiste war ich wieder in Freydis’ Haus.
    Nachdem der Bär gegen die Wand geschlagen hatte, war es zunächst still gewesen, obwohl ich hätte schwören können, dass ich sein Schnaufen und das Knirschen seiner Pfoten im Schnee gehört hatte. Freydis summte noch immer. Die beiden Milchkühe brüllten vor Angst und der Bär antwortete. Das trieb die Tiere zum Wahnsinn und ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Ich saß auf dem Boden, die Laterne zu meinen Füßen, und wagte kaum zu atmen. Mein Mund war ausgetrocknet vor Angst.
    »Also, Gunnar Rognaldsson«, unterbrach Einars Stimme meine Gedanken, »wirst du Gudleifs Söhnen das alles frei heraus erzählen, wenn sie kommen? Oder würdest du vielleicht lieber mit uns kommen? Wir brauchen gute Männer.«
    Im Nu war ich wieder in der Gegenwart, aber es dauerte einen Augenblick, bis ich begriff, dass Einar zu Gunnar Raudi sprach. Ich hatte seinen richtigen Namen noch nie gehört – für uns war er einfach nur Gunnar der Rote.
    Und es sah nicht gut für ihn aus. Er gehörte zu Gudleifs Männern und war ein kompromissloser, tödlicher Kämpfer, den man bisher nur am Leben gelassen hatte, weil er es war, der meinem Vater die Botschaft gesandt hatte.
    Doch es war klar, dass er und Einar sich kannten – und auch, dass Einar Gunnar nicht traute, und das wiederum wusste Gunnar genau. Ich merkte, dass Einar ihn nicht
hier zurücklassen wollte, damit er Gudleifs Söhne womöglich noch beriet, denn ohne ihn würden sie es sich zweimal überlegen, ob sie Rache üben wollten.
    Gunnar zuckte die Schultern und kratzte sich am Kopf, als ob er nachdenke, aber tatsächlich hatte er keine Wahl. »Eigentlich dachte ich, ich hätte für immer hier angelegt«, brummte er bedauernd, »aber die Nornen spinnen unseren Schicksalsfaden, und wir können nur das Gewand anlegen, das sie für uns weben. Ich gehe mit euch, Einar! In Kälte und Sturm, richtig?«
    Sie grinsten sich an, aber es war das Zähneblecken zweier Wölfe, die sich umkreisten.
    »Und du, Bärentöter?«, sagte Einar und wandte sich mir zu. »Schließt du dich deinem Vater auf der Fjord Elk an? Dazu würde ich dir sehr raten.«
    Mehr brauchte er nicht zu sagen. Wenn ich bliebe, würden Gudleifs Söhne sich an mir rächen, das war klar. Hier hielt mich nichts mehr.
    Ich nickte. Er nickte. Mein Vater strahlte. Skapti rief nach Bier.
    Und damit war alles klar. Ich trat den Eingeschworenen bei – doch zum Blutschwur gehörte mehr als ein Nicken und ein Handschlag, das allerdings sollte ich erst später erfahren.
    An dem Abend aß ich zum letzten Mal in Gudleifs Haus. Die Teppiche, die das Haus unterteilten, waren heruntergerissen worden (und mit ziemlicher Verachtung, wie mir schien), um Platz zu schaffen, damit alle Eingeschworenen hineinpassten. Ein großes, ungeteiltes Haus war das Zeichen eines angesehenen und gefürchteten Jarl. Wer es unterteilte, gab damit zu, dass er keine Raubzüge mehr plante und somit keinen Platz für viele
Männer brauchte. Die Eingeschworenen hielten es mit der Tradition und mochten keine Häuser mit Abtrennungen.
    Wir saßen um die Feuerstelle und aßen, ich hatte mich zusammengekauert und horchte auf den Wind, der ins Gebälk fuhr. Vereinzelte Windstöße kamen durch das Rauchloch, fegten durch das Haus und ließen das Feuer wild aufflackern,

Weitere Kostenlose Bücher