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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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wären?«
    Milchmeyer lehnte sich entspannt in seinem Ledersessel zurück und federte leicht nach vorn und zurück. Er strahlte Ruhe aus und den guten Willen, die Sache hier zwar möglichst schnell, aber doch zur Zufriedenheit aller hinter sich zu bringen.
    Â»In den vergangenen zwei Jahren sind auffallend viele Ihrer Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz verstorben.«
    Milchmeyer hob die Augenbrauen, als höre er das zum ersten Mal.
    Â»Das alles kann sich natürlich …«, Mark hielt inne, weil er spürte, dass etwas ganz plötzlich in seinem Gegenüber zu brodeln schien.
    Â»Entschuldigen Sie«, unterbrach dieser ihn auch prompt, »wissen Sie eigentlich, wie viele Mitarbeiter wir hier haben?«
    Weil Mark als Ermittler und nicht zum Kaffeetrinken hier war, wusste er, dass Recycling, Verschrottung und Co. 183 festangestellte Mitarbeiter beschäftigte, zu denen noch einmal 13 im Außendienst kamen.
    Â»Wissen wir. Und wenn auch nur einer gestorben wäre, wäre dies einer zu viel, sollte eine nicht natürliche Todesursache dahinter stecken.«
    Sein Kollege schaute Mark kurz von der Seite an, da ganz offensichtlich persönliche Ressentiments bei einer Befragung nicht angebracht waren.
    Milchmeyer lockerte seine pistazienfarbene Krawatte, die sich zum eierschalenfarbenen Anzug gar nicht mal so schlecht ausmachte. Überhaupt, fand Mark, sah man diesem Typen sein in wahrscheinlich mehrfacher Hinsicht schmutziges Geschäft nicht an. Aber weil es mit dem Aussehen so eine Sache war, gab es Jobs wie den von Mark. Und so beobachtete er Milchmeyer noch einen Moment genüsslich, während der offensichtlich nicht wusste, mit welcher Gegenfrage er beginnen sollte. Schließlich fand er aber eine.
    Â»Was bringt Sie auf die Idee der nicht natürlichen Todesursachen?«
    Â»Eine einfache Milchmädchenrechnung«, sagte Mark, hätte beinah »Milchmeyerrechnung« gesagt und spürte bereits wieder den Blick seines Kollegen. »Mangelnde Arbeitsschutzmaßnahmen im Umgang mit Werkzeug und Maschinen plus mangelnde Schulung im Umgang mit Chemikalien. Rechnen Sie es sich selbst aus.«
    Nun ergriff Strobel das Wort. Mark wusste, dass er viel zu viel geredet hatte. Er war entweder nicht ganz bei der Sache oder zu sehr. Hätte ihn nicht ausgerechnet Rebekka auf diese Spur gebracht, würden seine Ermittlungen um einiges professioneller verlaufen. Wahrscheinlich wäre er sogar schon am Ziel angelangt, nur, dass er ohne Rebekka noch nicht einmal zum Start vorgedrungen wäre. Aber nun fühlte er sich wie ihre Vertretung, und das war alles andere als hilfreich.
    Â»Lassen wir die Ursachen erst einmal beiseite«, sagte Strobel.
    Dem untersetzten jungen Mann von 27 Jahren traute man sein Durchsetzungsvermögen gar nicht zu. Deshalb hatte er es in der Dienststelle auch nicht einfach und schien erleichtert darüber, mit Mark an einen verträglichen Kollegen geraten zu sein. Jetzt wagte er sich nach vorn, und Mark ließ ihn gewähren.
    Â»Wir haben hier eine Aufstellung, die Ihnen ebenfalls vorliegen müsste.«
    Er zog ein Blatt aus der Innentasche seiner Jacke und hielt es Milchmeyer hin. Der winkte nur ab und wandte sich seinem Computerbildschirm zu. Nach zwei Tastenklicks schien sich dort die gleiche Liste der Namen aufzubauen wie die auf Strobels Zettel. Geburtsdaten, Sterbedaten, Tätigkeit, Eintrittsdatum – ein Dokument des Grauens, wie Mark fand, seit er die Liste zum ersten Mal in der Hand gehalten hatte.
    Â»Und aus dieser geht hervor, dass mal ein Vierteljahr und mal nur wenige Wochen zwischen den Todesfällen lagen. Lassen Sie uns die Namen durchgehen, erzählen Sie uns etwas dazu, und wenn sich alles im normalen Bereich bewegen sollte, aus welchem Grund auch immer, dann sind Sie uns auch schon wieder los.«
    Â»Das können wir abkürzen.«
    Wieder tippte Milchmeyer auf der Tastatur herum. Im selben Moment kamen zwei Blatt Papier aus dem Drucker hinter seinem Schreibtisch zum Vorschein. Gelassen lehnte sich Milchmeyer nach hinten und legte sie vor Mark und dessen Kollegen auf den Schreibtisch.
    Â»Hier noch mal alle Namen und sonstigen Angaben, dazu auch die Abteilungen, in denen die verunglückten Kollegen arbeiteten, sowie den jeweiligen Auffindeort und die Todesursache. Ich weiß nicht, wer Sie auf die Schnapsidee einer Tötungsserie gebracht hat, aber wenn ich es erfahre, werde ich denjenigen wegen

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