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Die Einsamkeit des Chamäleons

Die Einsamkeit des Chamäleons

Titel: Die Einsamkeit des Chamäleons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Holland Moritz
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verlangten?«
    Â»Nein, das ist der Betriebsarzt. Bei den Todesfällen hier auf dem Firmengelände hat er die Totenscheine ausgestellt.«
    Strobel mischte sich ein. »Da dies immer noch eine routinemäßige Befragung ist, benötigen Sie keinen Anwalt. Weder wurde Anklage gegen Sie erhoben, noch«, er warf einen Seitenblick auf Mark, der nickte unmerklich, »steht eine solche im Raum. Wir versuchen herauszufinden, ob es einen Zusammenhang zwischen den Todesfällen der letzten zwei Jahre in Ihrer Firma gibt, sagen aber nicht, dass der Zusammenhang in Ihrer Firma oder gar an Ihnen als Person liegen muss.«
    Â»Dann bin ich ja beruhigt«, sagte Milchmeyer, öffnete das Fenster und zündete sich eine Zigarette an. »Wollen Sie?«
    Er hielt ihnen das Paket hin. Strobel und Mark verneinten, wobei Mark große Lust verspürte, eine mit Milch­meyer zu rauchen.
    Â»Dann gehen wir die Sache mal etwas entspannter an«, sagte Milchmeyer und beugte sich über die Blätter auf seinem Tisch, als wolle er zwei Architekten die Grundidee eines Bauvorhabens nahebringen.
    Â»Zwölf der 19 Leute, von denen wir hier reden, waren in der Metallaufbereitung beschäftigt. Und hier, das stimmt, häufen sich Todesursachen, die ein Panoptikum dessen sind, was sich im Kaffeesatz unserer Gesellschaft abspielt.«
    Er drückte sich eloquent aus, auch das hatte Rebekka wie einen großen Verdienst des Thorsten Milchmeyer erwähnt, erinnerte sich Mark. Aber genau deshalb wirkten seine Worte einstudiert, als habe er sich von Anfang an mit der Situation in seiner Firma befasst, die nun hier besprochen wurde, und als dürfte er eigentlich nicht halb so überrascht über die Ermittlungen sein, wie er nun tat.
    Â»Bei sechs von ihnen, jeweils in verschiedenen Abteilungen vom Empfang über die Marketingabteilung bis hin zum Reinigungsteam beschäftigt, handelt es sich um Todesfälle außerhalb der Firma. Eine Selbsttötung aus Liebeskummer, Verkehrsunfall, Herzinfarkt im Schlaf, , Bauchspeicheldrüsenkrebs. Soll ich weitermachen?«
    Â»Nein«, sagte Strobel.
    Â»Ja«, sagte Mark.
    Â»Ein Schlaganfall, der zu spät entdeckt wurde und ein Sturz von der Leiter beim Renovieren, Genickbruch.«
    Mark hakte nach.
    Â»Was war mit Karl-Heinz Otto, dem letzten Namen hier auf der Liste? Er war so etwas wie eine Altlast aus früheren Zeiten, ihn haben Sie doch damals nach der Wende mit übernommen.«
    Â»Was soll mit ihm gewesen sein? Er war ein großartiger Kollege. Schon in der SERO ein Superbrain . Für ihn war das alles hier nicht einfach Müllaufbereitung. Er gehörte zu unserem Forschungsteam in Sachen Vorausdenken und Trennstadt Berlin . Er hat sich Gedanken um die Zukunft gemacht«, versonnen zog Milchmeyer an seiner Zigarette, »und seine eigene nun nicht mehr erlebt. Ich habe ihn sehr geschätzt. Wir alle hier.«
    Â»Woran ist er gestorben?«
    Mark atmete tief durch. Die Kollegen, die zuerst vor Ort gewesen waren, hatten einen Schlag auf den Kopf als Todesursache vermutet, die vom Arzt dann mit ›Hirnblutung‹ ihren offiziellen Begriff bekam. Ermittlungen waren nicht in Gang gekommen, weil dieser Schlag auch ein Aufprall auf eine Werkbank sein konnte, und Karl-Heinz Otto alles in allem in schlechter gesundheitlicher Verfassung war, was wiederum auf eine hohe Prozentzahl von Männern seines Alters zutraf.
    Â»An einer Hirnblutung.« Milchmeyer schaute, als habe er soeben ein Déjà-vu . »Das steht doch da.«
    Â»Wer hat ihn gefunden?«, fragte Strobel.
    Â»Ich. Er war nicht in seinem Büro. Und ich wusste, dass er sich gerne und oft bei den Metallern aufhielt. Und dort war er auch. Lag neben der Werkbank.«
    Â»Und es war niemand bei ihm?«, hakte Strobel nach.
    Â»Nein, noch nicht so früh am Morgen. Und der Kollege, der vorher dort arbeitete …«
    Â»Lutz Rotter, 55«, ergänzte Mark und zeigte auf die Liste.
    Â»Genau. Der war zwei Wochen zuvor an einer akuten Niereninsuffizienz gestorben. Auch eine Folge seiner Alkoholsucht. Lesen Sie’s nach.«
    Â»Sie kamen mit dem Nachschub an Leuten gar nicht mehr nach. Wo haben Sie die rekrutiert, die Sie die ›Metaller‹ nennen?«, fragte Mark.
    Â»Auch das hätte Ihnen der Kollege aus der Personalabteilung längst sagen können.«
    Â»Und wenn schon, ich möchte es gerne von Ihnen hören. Gehört doch zu

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