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Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition)

Titel: Die Einzige: In deinen Augen die Unendlichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Khoury
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Elektrizität ist!« Eios Stimme wird lauter und erregter. »Ich bin kein dummer Eingeborener, Papi. Eine Hälfte von mir gehört hier in den Dschungel, ja, aber die andere Hälfte gehört auf die andere Seite des Zauns zu dir und Pia!«
    »Junge, ich hab verstanden.« Onkel Antonio spricht betont ruhig. »Ich weiß, was los ist, weil es vor zwanzig Jahren bei mir genauso war. Bei mir und deiner Mutter. Und schau… schau, wie das geendet hat.« Seine Stimme bricht plötzlich. »Es hat uns beide zerstört, Eio. Willst du das riskieren? Ich weiß, was du empfindest. Glaub mir, ich weiß es. Ich habe es auch empfunden. Du denkst, dass nichts eine Rolle spielt, solange ihr zusammen seid. Dass nichts euch etwas anhaben oder zwischen euch kommen kann, weil eure Gefühle füreinander euch auf wundersame Weise Schutz bieten.«
    Gefühle. Schmetterlinge im Bauch. Eios Hand, die meine auf sein Herz drückt.
    »Du weißt nichts von uns«, protestiert Eio. »Gar nichts. Ich habe sie vor der Anakonda gerettet.«
    »Sehr edel. Aber die Männer auf diesem Gelände sind schlimmer als Anakondas. Sie sind wie ein Nest voller Vipern und sie würden nicht zögern, ihre Giftzähne in dich zu schlagen.«
    Ich halte es nicht mehr aus. Eio sollte das nicht alles allein abbekommen, nicht für mich. Ich stehe auf und strecke den Kopf durchs Fenster. »Falls du es vergessen hast: Ich habe das Gelände verlassen, ich ganz allein. Er hatte nichts damit zu tun.«
    Alle beide starren mich entgeistert an. Sie haben sich so aufgeregt, dass ihre Gesichter gerötet sind. Sie stehen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Ich stelle überrascht fest, dass Eio fast so groß ist wie Onkel Antonio. Die Ähnlichkeit zwischen ihnen ist verblüffend. Dasselbe eckige Kinn, der schmale Mund, das Grübchen und derselbe kräftige Körperbau. Aber Eio stammt ja auch von handverlesenen Individuen ab, von der Crème de la crème, genau wie ich. Nicht perfekt, räume ich ein, aber fast.
    »Pia, du hast es versprochen«, sagt Onkel Antonio in seiner leisen Stimme, die noch viel gefährlicher ist als seine laute.
    »Ich habe gelogen. Ich kann lügen, musst du wissen. Schließlich habe ich keinerlei moralisches Empfinden.«
    »Woher stammt dieser Spruch?«
    »Kannst du es dir nicht denken?«, stelle ich die Gegenfrage. Ich blicke ihn direkt an und er seufzt.
    Wir sagen es wie aus einem Mund: »Harriet.«
    Ich klettere durch das Fenster in die Hütte und schaue mich um. Das ist keine Ai’oaner-Hütte, sondern eindeutig von Onkel Antonio und Eio zusammengezimmert.
    An den Wänden hängen zwischen Karten und Bildern von Städten, Ozeanen, Bergen und Orten, die ich mir nie hätte vorstellen können, auch Bilder von Menschen. Es gibt Zettel und Aufkleber, Schachteln und Funkgeräte mit Sender und Empfänger, Kameras und Kleider. Ich nehme ein Buch mit dem Titel Eine Geschichte aus zwei Städten in die Hand und schaue mir das Titelbild an. Ein Mann in seltsamer Kleidung steht auf einem hölzernen Wagen. Darum herum drängt sich eine wütende Menge. Ich lege es wieder hin und nehme ein anderes auf. Als ich den Titel lese, lache ich bitter auf. William Shakespeare – Sämtliche Werke. Darunter liegt ein in schwarzes Leder gebundenes Buch mit goldener Prägung. Die Heilige Schrift, lese ich. Es ist ganz zerfleddert – ist es vielleicht Onkel Antonios Lieblingsbuch?
    Das hier ist eine Sammlung illegaler Gegenstände, die Onkel Antonio nie in Little Cam haben dürfte. Eine Sammlung mit einem einzigen Thema: draußen. Hat Onkel Timothy sie ihm hereingeschmuggelt oder hat er sie selbst irgendwo aufgetrieben? Soweit ich weiß, ist Onkel Antonio nie weiter als bis nach Ai’oa gekommen.
    »Woher kommt das alles?«, flüstere ich.
    Onkel Antonio sieht aus, als würde er gleich platzen. »Du – es ist – aaargh!« Er wirft die Hände in die Luft. »Es hat ein Leben lang gedauert, das alles zusammenzutragen. Und sobald sie entdecken, dass du dich davongeschlichen hast, finden sie alles und vernichten es.«
    »Wer hat den Tunnel gegraben?«
    »Ich weiß es nicht. Jemand hat ihn mir gezeigt.« Er wird blass. »Pia! Jemand wird den Schrank sehen –«
    »Keine Sorge.« Ich wedle mit der Hand. »Ich habe ihn wieder an seinen Platz gerückt.«
    »Das ist kein Spiel, Pia!«
    »Ach nein?« Ich bin plötzlich trotzig und wild. Es ist zu viel in meinem Kopf – Onkel Paolos leidenschaftliche Strafpredigt, die Tränen, Onkel Antonios geheimes Leben, das vor mir ausgebreitet wird wie

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