Die Eisprinzessin schläft
verkaufen.«
Als Erica keine Antwort gab, plapperte Anna nervös drauflos. »Lucas hat mit dem Makler geredet, und der findet, wir sollten den Angebotspreis auf drei Millionen Kronen festlegen. Drei Millionen, Erica, verstehst du das? Mit anderthalb Millionen, was dein Anteil wäre, könntest du in aller Ruhe schreiben und brauchtest dir wegen der Finanzen keine Sorgen zu machen. In der jetzigen Situation kann es ja nicht leicht für dich sein, mit dem Schreiben dein Auskommen zu finden. Wie groß ist die Auflage bei jedem Buch? Zweitausend? Dreitausend? Und du verdienst doch nicht gerade viel pro Buch, oder? Versteh doch, Erica, das hier ist schließlich auch eine Chance für dich. Du hast doch immer gesagt, du möchtest Belletristik schreiben. Mit diesem Geld könntest du dir die Zeit dafür nehmen. Der Makler ist der Ansicht, wir sollten mit der Besichtigung wenigstens bis April/Mai warten, um möglichst großes Interesse zu wecken, aber wenn wir es erst zum Verkauf ausgeschrieben haben, sollte die Sache in zwei Wochen erledigt sein. Du verstehst doch wohl, daß wir es tun müssen, oder?«
Annas Stimme klang bittend, aber Erica war nicht in mitleidiger Stimmung. Ihre Entdeckung vom Tag zuvor hatte sie die halbe Nacht wach gehalten, und sie fühlte sich ganz allgemein enttäuscht und mißgelaunt.
»Nein, das verstehe ich nicht, Anna. Das hier ist unser Elternhaus. Wir sind hier aufgewachsen. Mama und Papa haben das Haus gekauft, als sie jung verheiratet waren. Sie haben es geliebt. Und das tue ich auch, Anna. Du kannst das nicht machen.«
»Aber das Geld …«
»Ich scheiße auf das Geld! Ich bin bisher gut zurechtgekommen, und das wird mir auch weiter gelingen.« Erica war jetzt so wütend, daß ihre Stimme zitterte.
»Aber Erica, du mußt doch verstehen, daß du uns nicht zwingen kannst, das Haus zu behalten, wenn ich es nicht will. Die Hälfte gehört doch nun mal mir.«
»Wenn es wirklich darum ginge, daß du es nicht willst, hätte ich es natürlich unglaublich traurig gefunden, aber ich würde deine Meinung akzeptieren. Das Problem ist nur, daß ich hier die Ansichten eines anderen höre. Lucas will es so haben, nicht du. Die Frage ist, ob du überhaupt selber weißt, was du willst. Weißt du es?«
Erica machte sich nicht die Mühe, Annas Antwort abzuwarten. »Und ich weigere mich, mein Leben von Lucas Maxwell dirigieren zu lassen! Dein Mann ist ein verdammter Dreckskerl! Und du solltest dich, zum Kuckuck noch mal, auf die Socken machen, um mir dabei zu helfen, Mamas und Papas Sachen durchzusehen. Ich sitze hier schon seit Wochen, um alles in Ordnung zu bringen, und noch immer ist genausoviel Arbeit übrig. Es ist nicht gerecht, daß ich das alles allein machen muß! Wenn du so verdammt an den Herd gebunden bist, daß du nicht mal die Erlaubnis kriegst, bei der Regelung des Nachlasses deiner Eltern mitzuhelfen, dann solltest du ernsthaft darüber nachdenken, ob du den Rest deines Lebens wirklich auf diese Weise weiterverbringen willst.«
Erica knallte den Hörer so heftig auf, daß das Telefon vom Nachttisch flog. Sie zitterte vor Wut.
In Stockholm saß Anna auf dem Fußboden, den Hörer in der Hand. Lucas war im Büro, und die Kinder schliefen, so daß etwas Ruhe herrschte, und daher hatte sie die Gelegenheit genutzt, Erica anzurufen. Sie hatte das Gespräch tagelang vor sich hergeschoben, aber Lucas hatte ihr ständig in den Ohren gelegen, sie solle Erica wegen des Hauses anrufen, und am Ende hatte sie nachgegeben.
Anna fühlte sich in tausend Stücke zerrissen. Sie liebte Erica, und sie liebte auch das Haus in Fjällbacka, aber was Erica nicht begreifen konnte, war, daß sie ihrer eigenen Familie den Vorrang geben mußte. Es gab nichts, was sie für ihre Kinder nicht tun oder opfern würde, und wenn das bedeutete, daß sie Lucas nur auf Kosten ihrer Beziehung zur großen Schwester bei Laune halten konnte, dann mußte es eben so sein. Nur Emma und Adrian gaben ihr die Kraft, morgens aufzustehen und weiter in der Welt zu bleiben. Wenn es ihr nur gelang, Lucas glücklich zu machen, würde sich alles regeln. Das wußte sie. Nur weil sie so unmöglich war und nicht das tat, was er wollte, mußte er so hart zu ihr sein. Wenn sie ihm dieses Geschenk hier machen, ihm ihr Elternhaus opfern könnte, dann würde er verstehen, wieviel sie für ihn und ihre Familie tun wollte, und alles würde wieder gut werden.
Irgendwo tief in ihr gab es eine Stimme, die etwas ganz anderes sagte. Aber Anna ließ den
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