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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und in weniger als zwanzig Minuten mußte es an dem Hügel vorübergleiten, dann aber weiter hinaustreiben, da draußen im Meer kein Wasserwirbel zu sehen war, und nach zwanzig weiteren Minuten würde es uns außer Gesicht sein…
    Da standen wir nun und starrten auf das Boot, das sich fort bewegte, ohne sich dem Ufer zu nähern. Im Gegentheil schien die Strömung es eher davon zu entfernen.
    Plötzlich bemerkten wir am Fuße des Hügels ein Aufspritzen des Wassers, so als ob ein Körper ins Meer gefallen wäre.
    Dirk Peters war es, der, nachdem er sich schnell seiner Kleidung entledigt hatte, von einem Felsblock hinunter gesprungen war, und als wir ihn, bereits zehn Faden weit von uns, bemerkten, schwamm er auf das Boot zu.
    Ein Hurrah entschlüpfte unseren Lippen.
    Der Mestize wendete einen Augenblick den Kopf um und sprang – ja, das ist das richtige Wort – in mächtigen Sätzen durch die leicht schäumenden Wellen, wie es ein Meerschwein gethan hätte, dessen Kraft und Schnelligkeit er besaß. Ich hatte noch nie etwas Aehnliches gesehen, doch, was konnte man nicht von der Körperkraft eines solchen Mannes erwarten!
    Würde Dirk Peters aber das Boot erreichen, ehe die Strömung es nach Nordosten entführte?
    Und wenn er es erreichte, würde es ihm ohne Ruder gelingen, es nach der Küste, von der es abtrieb, zu bringen? Die Eisberge trieben ja auch neben dem Lande hin, ohne jetzt irgendwo daran zu stoßen.
    Nach unseren Hurrahs – eine dem Mestizen zugerufene Aufmunterung – standen wir regungslos und mit hochklopfendem Herzen da. Nur der Hochbootsmann rief von Zeit zu Zeit:
    »Vorwärts, Dirk!… Vorwärts!«
    Binnen wenigen Minuten hatte der Mestize in schräger Richtung nach dem Boote mehrere Kabellängen zurückgelegt. Man erkannte seinen Kopf nur noch als einen schwarzen Punkt inmitten der langen, flachen Wellen. Nichts verrieth, daß er etwa ermüdete. Seine beiden Arme und seine beiden Beine arbeiteten methodisch im Wasser und er erhielt sich unter der regelmäßigen Wirkung dieser vier Motore in unveränderter Geschwindigkeit.
    Ja, es war nicht mehr zweifelhaft… Dirk Peters gelangte bis zum Boote… doch würde er dann nicht selbst damit weggeführt werden, wenn er es nicht – seine Kraft war ja erstaunlich groß – schwimmend bis zur Küste schleppen konnte?
    »O, warum sollten sich in dem Boote keine Ruder vorfinden?« bemerkte der Hochbootsmann.
    Das mußte sich bald zeigen, wenn Dirk Peters erst an Bord war, und das mußte in wenigen Minuten der Fall sein, denn das Boot war nahe daran, vorüberzutreiben.
    »Jedenfalls, sagte da Jem West, wollen wir ein Stück weiter hin gehen. Kommt das Boot ans Land, so kann das nur unterhalb des Hügels sein.
    – Er hat es!… Er hat es!… Hurrah, Dirk, Hurrah!« rief der Hochbootsmann, der sich kaum noch zu halten vermochte, und Endicott wiederholte seine Freudenrufe mit mächtiger Stimme.
    Als der Mestize sein Ziel erreicht hatte, hob er sich an der Langseite des Bootes bis zur halben Länge aus dem Wasser. Seine gewaltige Hand packte es und auf die Gefahr, es zum Kentern zu bringen, hißte er sich daran empor, sprang hinein und setzte sich einen Augenblick nieder, um Athem zu schöpfen.
    Fast gleichzeitig ertönte aber ein von Dirk Peters ausgestoßener Schrei bis zu uns herüber.
    Was mochte er in dem Boote gefunden haben?… Es war ein Paar Pagaien, denn wir sahen, wie er im Vordertheile Platz nahm und in der Richtung auf das Ufer mit neuen Kräften ruderte, um aus der Strömung zu kommen.
    »Folgt mir nach!« sagte der Kapitän Len Guy.
    Wir eilten um den Fuß des Hügels herum und dann dicht am Strande hin zwischen schwärzlichen Steinen, womit dieser besäet war.
    Nach kurzem Weg hieß uns der Lieutenant anhalten.
    Das Boot hatte hinter einer kleinen Landzunge, die an dieser Stelle vorsprang, Schutz gefunden, und es lag auf der Hand, daß es hier aus Ufer stoßen würde.
    Jetzt war es nur noch fünf bis sechs Kabellängen von uns entfernt, nun trieb es ein Wasserwirbel allein näher heran. Da legte Dirk Peters die Pagaien bei Seite, beugte sich nach dem Hintertheile zu hinab und hielt, als er sich wieder emporrichtete, einen schlaff herabhängenden Menschenkörper in den Armen.
    Doch welch herzzerreißender Ton ließ sich da vernehmen!
    Len Guy hatte in dem Körper, den der Mestize hoch hielt… William Guy erkannt.
    »Er lebt!… Er lebt noch!« rief der Mestize.
    Eine Minute später stieß das Boot ans Land und der Kapitän Len Guy preßte seinen

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