Die Eissphinx
bestätigte Hurliguerly, denn Hearne, der nicht imstande war, das Boot, dessen er sich zu bemächtigen gedachte, zu führen, brauchte einen Maat wie Martin Holt dazu.
– Ferner, fuhr ich fort, trieb er Martin Holt fortwährend an, den Mestizen über das Schicksal seines Bruders zu befragen, und Sie wissen ja, unter welchen Umständen er ihm das schreckliche Geheimniß schließlich mittheilte. Martin Holt wurde durch diese Eröffnung ganz betäubt. Die Andern schleppten ihn fort und jetzt ist er bei jenen!«
Jeder gab zu, daß das der Gang der Sache gewesen sein werde. Mußten wir nun, nach Enthüllung des Geheimnisses, nicht fürchten, daß Dirk Peters sich in seiner augenblicklichen Gemüthsverfassung absichtlich vor uns verbarg? Würde er zustimmen, seinen Platz unter uns wieder einzunehmen?
Gleich darauf verließen wir Alle die Höhle, und nach einer Stunde hatten wir den Mestizen gefunden.
Sobald er uns bemerkte, schickte er sich sofort an, zu entfliehen. Hurliguerly und Francis wurden seiner jedoch schließlich habhaft und er setzte ihnen keinen Widerstand entgegen. Ich sprach auf ihn… die Andern thaten dasselbe… der Kapitän Len Guy streckte ihm die Hand entgegen. Erst zögerte er, sie anzunehmen, dann kehrte er, ohne ein Wort zu sprechen, mit nach dem Strande zurück.
Seit diesem Tage war zwischen ihm und mir nie wieder von den Ereignissen auf dem »Grampus« die Rede.
Die Verwundung des Dirk Peters brauchte uns keine Angst einzuflößen. Die Kugel war nur in seinen linken Oberarm eingedrungen, und es war ihm schon durch Drücken mit der Hand gelungen, sie zu entfernen. Nachdem die Wunde mit einem Stück Segeltuch verbunden war, zog er die Jacke wieder an und ging am nächsten Tage, scheinbar ganz unbehindert, an seine gewohnte Arbeit.
Unsere Einrichtung wurde im Hinblick auf eine lange Ueberwinterung getroffen. Jetzt drohte uns die schlechte Jahreszeit, und tagelang vermochte die Sonne die dicken Dünste nicht zu durchbrechen. Die Temperatur sank auf sechsunddreißig Grad (+ 2·22° C.) und sollte auch nicht wieder ansteigen. Die Sonnenstrahlen, die auf die Erde sehr lange Schatten warfen, gaben sozusagen keine Wärme mehr. Der Kapitän Len Guy hatte schon an Alle dicke Wollensachen austheilen lassen, ohne erst den Eintritt strengerer Kälte abzuwarten.
Inzwischen trieben Eisberge, Packs und Eistriften von Süden her in immer wachsender Anzahl heran. Wenn sich auch einige gegen das von Eis umlagerte Ufer anlegten, so schwammen doch die meisten in nordöstlicher Richtung weiter.
»Alle die Stücke da draußen, sagte der Hochbootsmann zu mir, helfen die große Packeiswand aufbauen. Kommt ihnen das Boot des schurkischen Hearne nicht zuvor, so fürchte ich, seine Leute werden das Thor geschlossen finden, und da es ihnen an einem Schlüssel fehlt, es zu öffnen…
– Sie meinen also, Hurliguerly, fragte ich, daß wir bei einer Ueberwinterung an dieser Küste weniger gefährdet sind, als wenn wir im Boote Platz genommen hätten?
– Das ist meine Ansicht, jetzt wie schon früher, Herr Jeorling! antwortete der Hochbootsmann. Und überdies, wissen Sie noch etwas? setzte er hinzu, unter Benützung seiner gewohnten Formel.
– Sprechen Sie, Hurliguerly!
– Nun, die, die im Boote sitzen, sind weit schlimmer daran, als die, die draußen geblieben sind, und ich sage Ihnen nochmals, wenn das Loos mir einen Platz bestimmt hätte, ich würde ihn jedem Andern gern abgetreten haben. Es ist doch schon etwas werth, festen Boden unter den Füßen zu haben! Uebrigens wünsch’ ich keinem den Tod, wenn wir auch schurkischer Weise im Stich gelassen worden sind. Gelingt es Hearne und den Andern aber nicht, noch das Packeis zu durchfahren, sind sie verurtheilt, den Winter im Eise zuzubringen, wo ihnen außerdem Nahrungsmittel nur für einige Wochen zu Gebote stehen, so wissen Sie ja das Schicksal, das den Leuten droht.
– Ja, ein schlimmeres als das unserige! antwortete ich.
– Und ferner, fuhr der Hochbootsmann fort, genügt es auch noch nicht, den Polarkreis zu erreichen, denn wenn die Walfänger ihre Fischgründe schon verlassen haben, kann ein belastetes, ja überlastetes Boot keine Fahrt über das Meer bis nach den australischen Ländern wagen.«
Das war ja meine Ansicht auch, ebenso wie die des Kapitän Len Guy und Jem West’s. Von günstigen Wasser-und Windverhältnissen unterstützt, nur normal belastet und mit Vorräthen für mehrere Monate ausgerüstet, kurz, unter den allergünstigsten Umständen
Weitere Kostenlose Bücher