Die Eissphinx
herzog.
Andererseits meldete sich nun das Frühjahr deutlicher. Walfische begannen in kleinen Heerden aufzutauchen. Hier hätte auch für Schiffe von großem Tonnengehalt eine Woche genügt, sich eine volle Ladung des geschätzten Thranes zu verschaffen. Die neuangeworbenen Matrosen – vorzüglich die Amerikaner darunter – verhehlten auch gar nicht ihr Bedauern über die Gleichgiltigkeit des Kapitäns gegen diese werthvollen Thiere, die sich in früher nie gesehener Menge vor ihnen tummelten.
Von der ganzen Mannschaft war es vorzüglich Hearne, der seine Enttäuschung zu erkennen gab – er galt als besonders erfahrener Walfänger, dessen Worten seine Genossen gern lauschten. Bei der brutalen Art und der wilden Tollkühnheit, die ihn auszeichneten, hatte er gegenüber den andern Matrosen ein gewisses Uebergewicht zu erlangen gewußt. Dieser, jetzt vierzigjährige Segelwerksmaat war amerikanischer Abkunft. Gewandt und kräftig wie er war, stellte ich mir ihn gern vor, wenn er, auf dem zweispitzigen Fangboote stehend, die Harpune schwang, sie einem Walfisch in die Seite schleuderte und diesen dann am nachschießenden Seile behielt – das mußte einen stolzen Anblick bilden! Bei seiner brennenden Leidenschaft für diesen Beruf konnte es nicht wundernehmen, daß er seiner Unzufriedenheit jetzt gelegentlich Ausdruck gab.
Unsere Goëlette war aber nicht zum Walfang ausgerüstet und ihr fehlten alle dazu nöthigen Geräthe. Seitdem er mit der »Halbrane« fuhr, hatte sich der Kapitän einzig darauf beschränkt, zwischen den südlichen Inseln des Atlantischen und des Stillen Oceans Handelsgeschäfte zu betreiben.
Jedenfalls war die Menge von Spritzfischen, die wir im Umkreise von wenigen Kabellängen beobachteten, eine außerordentlich große zu nennen.
An jenem Tage, gegen drei Uhr des Nachmittags, lehnte ich am Vordertheile auf der Schanzkleidung, um dem Spiele mehrerer Paare der mächtigen Thiere zuzusehen. Hearne zeigte sie seinen Kameraden mit der Hand und machte mehrfach unter brochene Bemerkungen dabei.
»Da… da… das ist ein Finnfisch… und dort, dort sind noch zwei… drei von den Burschen… mit der fünf bis sechs Fuß langen Flosse auf dem Rücken!… Seht Ihr ihn dort hinschwimmen… so gemächlich… ohne einen Sprung zu machen!… Ah, wenn ich jetzt eine Harpune bei der Hand hätte… meinen Kopf zum Pfande, daß ich sie ihnen in einen der gelben Flecke bohrte, die sie am Leibe haben! In dieser alten Krämerlade ist aber nichts anzufangen – nicht einmal den Arm kann man sich ausarbeiten!… Alle Teufel, wenn man auf diesen Meeren fährt, so geschieht es, um zu fischen, nicht um…«
Er unterbrach sich noch mit einem kräftigen Seemannsfluche.
»Und da drüben… der andere Wal! rief er dann wieder.
– Der, der einen Buckel wie ein Dromedar hat? fragte einer der Matrosen.
– Ja, das ist ein Buckelwal (Blaaghwal der Norweger), antwortete Hearne. Kannst Du seine faltigen Seiten und die lange Rückenflosse erkennen? Sie sind beschwerlich zu fangen, diese Burschen, denn sie tauchen in große Tiefen und zerren ein gewaltiges Ende Tau nach!… Wahrlich, wir verdienten von ihm einen Schlag in die Flanke zu bekommen, weil wir ihm keine Harpune in seine Flanken jagen.
– Achtung!… Aufgepaßt!« rief eben der Hochbootsmann.
Das bezog sich nicht etwa darauf, daß der vom Segelwerksmaat gewünschte furchtbare Schlag mit dem Schwanze zu fürchten gewesen wäre. Nein! Dagegen zog eben ein gewaltiger Spritzfisch an der Seite der Goëlette hin und fast sofort ergoß sich aus seinen Athmungslöchern ein Schwall übelriechendes Wasser mit einem Geräusch, das dem Krachen entfernter Geschütze zu vergleichen war. Das ganze Vorderdeck bis zur großen Luke wurde davon überschwemmt.
»Brav gemacht!« murmelte Hearne, die Achseln zuckend, während seine Kameraden sich schüttelten und über die unfreiwillige Taufe durch den Buckelwal schimpften.
Außer diesen beiden Arten von Walen sah man auch noch eine Anzahl anderer, der von den Seeleuten Right-wales genannten Art; das sind übrigens die, die in den südlichen Meeren am häufigsten vorkommen. Sie haben keine Flossen, dagegen eine sehr dicke Speckschicht und ihr Fang bietet keine besonderen Gefahren. Man stellt ihnen auch meist hier in den antarktischen Gewässern nach, wo es in unzählbaren Mengen kleine Krustenthiere – die »Walfischspeise« genannt – giebt, von denen jene sich ausschließlich ernähren.
Gerade jetzt schwamm kaum drei
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