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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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einstweilen ein Piaster, um im nächsten Gasthaus auf meine Gesundheit zu trinken….
    – Dann wird das nur auf der Insel Bennet oder der Insel Tsalal geschehen können, wenn es auf diesen verwahrlosten Landstücken Schänken giebt und sich so ein Atkins dort niedergelassen hat.
    – Sagen Sie mir, Hochbootsmann… ich komme immer auf Hunt zurück… scheint er ebenso wie die alten Matrosen befriedigt, den Polarkreis überschritten zu haben?
    – Ja, wer weiß? erwiderte Hurliguerly. Der segelt immer mit fest zugeknöpfter Jacke und aus dem Burschen ist nichts herauszubringen. Doch, wie ich Ihnen schon sagte, wenn der nicht schon mit dem Treibeis und dem Packeis Bekanntschaft gemacht hat, dann…
    – Was erregt Ihnen einen solchen Gedanken?
    – Ja… alles und nichts, Herr Jeorling!… So etwas hat man im Gefühl!… Hunt ist ein alter Meerwolf, der seine Kiste schon in allen Ecken der Erde umhergeschleppt hat.«
    Ich theilte ja im Grunde die Ansicht des Hochbootsmanns und konnte es, wie von einer Ahnung gedrängt, nicht unterlassen, Hunt zu beobachten, so sehr beschäftigte er immer meine Gedanken.
    An den ersten Tagen des Decembers, vom 1. bis zum 4., zeigte der Wind nach vorausgegangener Windstille eine gewisse Neigung, nach Nordwest umzuschlagen. Mit dem Nordwind in den tief südlichen Breiten liegt es nun ebenso wie mit dem Südwind im Nordpolargebiete… er bedeutet nichts Gutes. Meist tritt damit recht schlechtes Wetter mit Sturmböen und Regenschauern ein. So lange der Wind indeß nicht nach Südwest umlief, hatten wir uns darüber nicht zu beklagen. Im letzteren Falle wäre die Goëlette freilich leicht aus ihrem Curse verschlagen worden oder hätte wenigstens schwer zu kämpfen gehabt, um sich darin zu erhalten, und ohne Zweifel war es für uns rathsamer, nicht von dem Meridian abzuweichen, dem wir seit der Abfahrt von den New-South-Orkneys gefolgt waren.
    Die voraussichtliche Aenderung der atmosphärischen Verhältnisse erfüllte auch den Kapitän Len Guy mit einer gewissen Unruhe. Die Geschwindigkeit der »Halbrane« erlitt übrigens eine merkbare Verminderung, denn der Wind flaute schon am 4. merklich ab und legte sich in der Nacht zum 5. ganz.
    Am Morgen hingen die Segel wirkungslos und schlaff an den Masten herab oder schlugen höchstens von einer Seite matt zur andern. Obgleich wir keinen Lufthauch spürten und die Oberfläche des Meeres sich nicht im mindesten kräuselte, verursachten die langen Wellen der Dünung doch ein nicht geringes Schwanken der Goëlette.
    »Das Meer wittert etwas, sagte mir der Kapitän Len Guy, und nach jener Seite dort – er zeigte gegen Abend – muß rauhes Wetter sein.
    – Der Horizont ist jetzt zu dunstig, gab ich zur Antwort. Zu Mittag vielleicht, wenn die Sonne…
    – Die hat in diesen Breiten, selbst zur Sommerszeit, nicht viel Macht, Herr Jeorling…. Jem!«
    Der Lieutenant trat heran.
    »Was meinst Du über den Himmel?
    – Mir erscheint er unsicher. Jedenfalls müssen wir auf alles vorbereitet sein, Kapitän. Ich werde die obern Segel niederholen und Bram-und Großsegel reefen lassen. Es ist möglich, daß der Wind Nachmittag nur auffrischt, doch wenn ein Sturm die Krallen ausstreckte, wären wir zu seinem Empfange fertig.
    – Das Wichtigste, Jem, bleibt es immer, in der Richtung des jetzt gesegelten Längengrades zu bleiben.
    – Was möglich ist, wird geschehen, Kapitän, denn wir sind jetzt auf gutem Wege…
    – Hat der Ausguck noch keine treibenden Eisschollen gemeldet? fragte ich.
    – Doch, erwiderte der Kapitän Len Guy, und bei einem Zusammenprall mit den Eisbergen würde es deren Schaden nicht sein. Erforderte die Klugheit also eine Abweichung nach Osten oder Westen, so müßten wir uns drein schicken, wir weichen aber nur der höheren Gewalt.«
    Der Mann auf dem Ausguck hatte sich nicht getäuscht. Am Nachmittage sahen wir weißliche Massen langsam im Süden hintreiben – vereinzelte Eisinseln, die weder ihrer Ausdehnung noch ihrer Höhe nach beträchtlich waren. Trümmerstücke von Eisfeldern schwammen darauf in großer Menge. Diese waren das, was die Engländer »Packs« nennen, Stücke von drei-bis vierhundert Fuß Länge, deren Ränder sich berühren, oder »Palchs«, wenn sie kreisrund sind, und »Streams«, wenn sie bei geringer Breite unverhältnismäßige Länge aufweisen. Diese Trümmer, denen leicht auszuweichen war, konnten die Fahrt der »Halbrane« nicht genieren. Hatte der Wind ihr bisher aber gestattet, ihren Curs einzuhalten, so

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