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Die Eissphinx

Die Eissphinx

Titel: Die Eissphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zugänglich machen werde.
    Jedenfalls blieb es das wichtigste, das Schiff dem Winde entgegenzuhalten. Halb von der Seite von den Wogen bedrängt, arbeitete die Goëlette furchtbar, tauchte tief in deren Wellenthäler hinab und richtete sich nur unter schweren Stößen wieder empor. An ein Entfliehen war gar nicht mehr zu denken, denn unter solchen Umständen setzt sich jedes Schiff der Gefahr aus, über Backbord ungeheure Wassermengen aufzunehmen.
    Vor allem mußten wir so scharf wie möglich am Winde zu segeln suchen. Bei dicht gereestem Marssegel, das kleine Focksegel vorne und den Sturmfock hinten, befand sich die »Halbrane« dann in der augenblicklich besten Lage, dem Sturme und dem Abgetrieben werden zu widerstehen, wobei immer noch eine Verminderung der Segelfläche im Auge behalten war, wenn das schlimme Wetter noch bösartiger würde.
    Der Matrose Drap hatte eben das Steuer übernommen, und der Kapitän Len Guy stand neben ihm, den Lauf des Schiffes zu beobachten.
    Auf dem Vorderdeck hielt sich die Mannschaft versammelt, der Befehle Jem West’s gewärtig, während sechs Mann unter der Leitung des Hochbootsmanns beschäftigt waren, an Stelle der Brigantine ein Sturmsegel zu hissen. Dieses Sturmsegel bestand aus einem dreieckigen Stücke sehr starker Leinwand, das, wie ein Klüversegel geformt, an den Stagen des kleineren Mastes oben, und an dem Längsbaum des Gaffelsegels unten befestigt wird.
    Um das Marssegel zu reesen, mußten die Leute auf die Raaen des Fockmastes klettern, und vier Mann sollten dazu ausreichen.
    Der erste, der die Wanten bestieg, war Hunt, der zweite Martin Holt, unser Segelwerksmaat. Der Matrose Burry und einer der neu Angeworbenen folgten ihnen auf dem Fuße.
    Nie hätte ich geglaubt, daß ein Mann eine solche Behendigkeit und Geschicklichkeit entwickeln könnte, wie es Hunt jetzt that. Seine Hände und Füße schienen die Sprossen der Wanten kaum zu berühren.
    Als Erster auf der Höhe der Raaen angekommen, kletterte er sofort auf dem Laufseile derselben bis zum Ende, um die Raaenbänder der Marsstenge nachzulassen.
    Martin Holt begab sich nach deren andern Ende; die beiden andern Leute hielten sich mehr in der Mitte.
    Sobald das Segel herangezogen war, galt es nur, es dicht einzureefen. Nachdem dann Hunt, Martin Holt und die beiden Matrosen wieder herabgestiegen waren, sollte es von unten aus festgestellt werden.
    Der Kapitän Len Guy und der Lieutenant wußten, daß die »Halbrane« auf diese Art ihre Richtung am sichersten einhalten würde.
    Während Hunt und die andern arbeiteten, hatte sich der Hochbootsmann mit dem Sturmfock beschäftigt und erwartete nur die Anweisung des Lieutenants, diesen in die richtige Lage zu bringen.
    Der Sturm brach jetzt mit ganz unvergleichlicher Wuth los. Zum Zerreißen gespannt, vibrierten Wanten und Stagseile wie metallische Saiten, und es war ungewiß, ob nicht auch die verkleinerten Segel in Fetzen zerrissen würden.
    Plötzlich erschütterte eine schreckliche Rollbewegung das ganze Deck. Fässer, deren Halteseile zersprangen, rollten bis zur Schanzkleidung. Die Goëlette neigte sich so weit über Steuerbord, daß das Wasser durch die Speigatten eindrang.
    Durch den Stoß gegen das Ruff geschleudert, konnte ich mich einige Augenblicke lang gar nicht wieder aufrichten….
    Die Goëlette war so tief nach der Seite geworfen worden, daß die Marsraa drei bis vier Fuß in den Kamm einer Woge eintauchte.
    Als sie sich aus dem Wasser wieder erhob, war Martin Holt, der an demselben Ende hing, um seine Arbeit zu vollenden, verschwunden.
    Ein Schrei ertönte… der Aufschrei des Segelwerksmaats, der durch den Seegang weggespült worden war und dessen Arm man mitten im weißen Wogenschaum heftig kämpfen sah.
    Die Matrosen stürzten nach dem Steuerbord und warfen der eine einen Strick, der andere ein Fäßchen und wieder ein anderer ein Stück dünnes Langholz, kurz, jeden schwimmfähigen Gegenstand hinaus, an dem sich Martin Holt halten könnte.
    In dem Augenblicke, wo ich einen Takelhaken ergriff, um mich festzuhalten, erkannte ich eine Masse, die die Luft durchschnitt und im Wogenwirbel verschwand.
    War das ein zweiter Unglücksfall?… Nein, eine freiwillige That… ein Act der Aufopferung.
    Nachdem Hunt die letzte Beschlagleine des Reefs festgezogen und sich wieder längs der Raa hingeschleppt hatte, sprang er dem Segelwerksmaat ohne Zögern nach, um ihm zu helfen.
    »Zwei Mann über Bord!« erschallte es vom Verdeck.
    Ja, zwei… der eine freilich,

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