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Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Eistoten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Buder
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ins Gästezimmer, wo ihr Großvatersich schlafen gelegt hatte. Unter dem Türspalt sah sie noch Licht. Er war noch wach. Sie klopfte leise. Als keine Antwort kam, machte sie die Tür auf. Die Lampe erhellte nur das leere Bett. Erst als ihre Augen sich an die Schatten des Zimmers gewöhnt hatten, sah sie ihren Großvater im Dunkeln vor dem Bücherregal im Schaukelstuhl sitzen, die Augen in die eisige Finsternis des Berghangs gerichtet.
    »Ist es wahr, dass Mutter wegen mir noch einmal aus dem Haus gegangen ist?«
    »Das weiß niemand so genau. Sie hat einen Anruf erhalten.«
    »Wer hat sie am Heiligabend angerufen?«
    »Wissen wir nicht. Ich erinnere mich nur, dass sie sehr aufgewühlt war.«
    »Und Mutter ist nach diesem Anruf weggefahren?«
    »Nicht gleich. Sie hat noch etwas in der Küche gemacht und meinte dann, dass sie noch etwas für dich besorgen müsse.«
    »Pommes?«
    »Ja, möglich. Ich erinnere mich nicht mehr. Ich denke, das war nur ein Vorwand.«
    »Hat es damit zu tun, worüber du mit Gruber gesprochen hast?«
    Ihr Großvater zog die Augenbrauen hoch. Er ging zum Fenster und blickte gedankenversunken hinaus.
    »Dir bleibt auch nichts verborgen.«
    »Ich bin ja nicht blind.«
    »Es war nichts Besonderes.«
    »Irgendetwas, was Gruber aufgebracht hat. Ich habe gesehen, wie er auf und davon lief. Dann Wegener …«
    Ihr Großvater öffnete die Tür, warf einen Blick in den Gang und schloss sie wieder leise. »Dein Vater braucht nichts zu wissen.«
    »Es hat mit den Schmierereien zu tun, oder?«
    »Nicht nur mit den Schmierereien. Auch mit Grubers Hund. Man hat ihn vergiftet. Alles ist wie damals.«
    »Bei Mamas Tod?«
    »Vorher. Es ist ein Fluch, der über dem Dorf liegt.«
    »Wann hat es angefangen?«, fragte Alice.
    »Ich weiß nicht, wann es angefangen hat. Es ist niemandem aufgefallen. Die Menschen gewöhnen sich an alles, auch an Unfälle. Bewusst wurde es uns allen erst, als Zugls Tochter Ina verschwand. Das war am 23. Dezember. Ein Jahr bevor deine Mama starb. Ina war ein aufgewecktes Kind. Sie hatte zur Zufriedenheit ihres Vaters lauter gute Noten in der Schule, und der alte Zugl schwärmte am Stammtisch davon, dass seine Tochter eines Tages Springreiterin oder Übersetzerin bei der UNO werden würde. Es stimmte schon, Ina war in allem begabt. Was sie anfing, brachte sie kurze Zeit später zur Perfektion. Ihr Vater meldete sie beim Reiten an, drei Monate später gewann sie ein Jugendreitturnier. Er zeigte ihr Schach, und schon bald gewann er keine einzige Partie mehr gegen sie. Am 23. Dezember sah jemand, wie sie über die Brücke ging, Richtung Wald. Ein anderer Zeuge sagte später aus, Ina sei dort mit einer Gestalt gesehen worden. Wieder ein anderer meinte, sie sei in ein Auto gezogen worden. So ist das mit den Zeugen. Jedes Auge eine andere Geschichte. Fest steht nur, dass Ina das letzte Mal auf der Brücke gesehen wurde. Sie verschwand an diesem Nachmittag des 23. Dezembers. Einen Tag vor Weihnachten. Zugl suchte den ganzen Tag. Kurz vor Sonnenuntergang stellten er und dein Vater einen Suchtrupp in Hintereck zusammen. Sie durchkämmten den Wald, so weit sie konnten, doch die hereinbrechende Dunkelheit und der Schneesturm machten eine weitere Suche unmöglich. Nur Zugl suchte weiter. Verzweifelt irrte er durch die umliegenden Wälder. Keine Spur von Ina. Gegen Abend meldete sich Pfarrer Bez. Jemandhatte ihm die Pforte vollgeschmiert. Mit Fackeln und Taschenlampen versammelte sich der Suchtrupp vor der Kirche. Es war dieselbe 11 wie dieses Jahr. Dein Vater hatte später herausgefunden, dass die 11 mit Blut geschrieben war, mit dem Blut eines Hundes.«
    »Was bedeutet diese 11?«
    »Das weiß ich bis heute nicht. Wir dachten, es handele sich um einen religiösen Hinweis. Doch es sind 12 Apostel, 10 Gebote. Eine 11 spielt in der Bibel keine Rolle. Wir konnten uns keinen Reim auf die 11 machen. Der Schneesturm verhinderte damals, dass man die Suche bei Nacht fortsetzte. Zugl flehte die Leute an, aber es war unmöglich. In der Nacht fanden wir Zugl halb erfroren am Brückengeländer stehen. Er wartete auf die kleine Ina. Seine Stimme war durch das dauernde Schreien zu einem heiseren Krächzen geworden. In dieser Nacht wusste ich, dass etwas Schlimmes geschehen war. Etwas, was es in Hintereck noch nicht gegeben hatte.«
    »Oder von dem bisher noch keiner etwas bemerkt hatte.«
    »Gut möglich. Am nächsten Tag rief mich dein Vater an. Er bat mich, schnell zur Kirche zu kommen. Ich war auf eine

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