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Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Die Eistoten: Thriller (German Edition)

Titel: Die Eistoten: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Buder
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stehen, die Arme in die Hüfte gestützt, sichtlich auf Streit aus.
    »Du musst nicht extra langsam laufen, nur um mich zu ärgern. Es ist nicht meine Schuld, dass wir die Einzigen sind, die zu Fuß bei diesem Wetter latschen. Aber mir ist kalt, also setz deinen Kinderarsch in Bewegung.«
    Alice ignorierte sie und ging im Kopf durch, was sie mit Tom besprechen musste. Hoffentlich hielt er dicht.
    In diesem Moment übertrat Amalia die rote Linie. Die heilige Linie, die Linie, die Romulus überschritten hatte. Romulus, der sagenhafte Gründer Roms. Er zog eine Linie in den Staub. Als sein Zwillingsbruder Remus ihn verspottete und über die Linie trat, erschlug Romulus ihn. Warum gab es immer Menschen, die keine Grenzen kennen? Die glaubten, sie könnten sich alles erlauben, nur weil sie älter oder stärker waren?
    »Lass meinen Arm los, Amalia!«
    »Ach, willst du etwa nach Papa rufen oder Großvater? Die sind zu weit. Du kannst nichts machen, gar nichts, weil ich stärker bin.«
    »Ich werde nicht nach Papa schreien. Aber du wirst es dir wünschen, sie wären noch da.«
    »Pfffff, du hast nur eine große Fresse. Nur dass du es weißt: Für mich bist du ein Stück Scheiße. Hässlich, besserwisserisch. Du versteckst dich hinter deinen Büchern, weil du sonst nichts bist.«
    »Letzte Warnung, lass meinen Arm los. Du tust mir weh.«
    »Ich lass ihn los, wenn ich will …«
    »Du weißt nicht, was du tust.«
    »Willst du mir Angst machen, du lächerliche Marionette? Jetzt helfen dir deine klugen Sprüche auch nichts. Ich habe es satt. Jeder hat Mitleid mit dir. Keiner sagt dir endlich die Wahrheit, nur um dich zu schonen. Weil sonst meine zarte Schwester völlig durchdreht. Schau nicht so, als ob du von nichts wüsstest. Mich kannst du nicht täuschen.«
    »Was soll ich wissen? Und jetzt lass …« Alice schüttelte sich wie eine Katze, die man unter eine Dusche hielt. Doch Amalia hielt sie fest und drehte ihr den Arm auf den Rücken. Von hinten näherte sie sich Alices Ohr.
    »Dass Mama deinetwegen tot ist.«
    »Lass mich los. Du bist ja verrückt.«
    »Mama ist wegen dir aus dem Haus gegangen. Wir schmückten den Weihnachtsbaum, Papa stand in der Küche, und du hast rumgeheult, weil Papa keine Pommes gefunden hatte. Mama nahm den Wagen und ist wegen dir nach Hindelang gefahren.«
    »Sie hatte keinen Autounfall! Sie wurde umgebracht.«
    »Du hast sie umgebracht. Überleg doch mal, du dämliche Gans.« Bei dem Wort »Gans« zog Amalia ihren Griff noch härter zu. Alice schrie kurz auf. Hass stieg in ihr auf.
    Die Grenze ist überschritten. So soll es jedem ergehen, der meine Mauer überspringt.
    »Mama kam hundert Meter vom Haus entfernt um. Sie ist vielleicht mit dem Auto weggefahren, aber sie kam nicht direkt zurück. Und dann die Fotos …«
    »Was für Fotos? Du redest wie immer Mist. Nur um von dir abzulenken.«
    Der Schmerz stach in Alices Schulter.
    »Jetzt!«
    Alice trat nach hinten. Sie erwischte das Knie oder einen anderen Teil von Amalias Bein. Sie hörte nur ein kurzes Aufheulenund spürte, wie ihr Arm frei kam. In einer schnellen Drehung rammte sie wie ein Stier ihren Kopf in Amalias Bauch. Sie fielen beide in den Schnee am Straßenrand. Noch ehe Alice begriff, was sie getan hatte, sah sie Amalia mit aufgeplatzter Lippe im Schnee liegen.
    »Ich habe dich gewarnt.«
    »Du bist irrsinnig. Man muss dich einsperren.« Amalia rollte sich zur Seite und schüttelte den Schnee von ihrem Mantel.
    »Irrsinnig, weil ich mich von dir nicht schlagen lasse.«
    Den Rest des Weges stapften sie schweigend durch den Schnee nach Hause. Amalia verschwand ohne ein Wort im Bad. Großvater saß auf der Eckbank, brütend über einem halb leeren Glas Altbier, ohne Schaum. Die Kerzen waren heruntergebrannt. Hobbes grunzte im Schlaf. Seine offenen Augen starrten ausdruckslos durch Alice hindurch. Was hatte Großvater zu Wegener gesagt? Worüber hatte er mit Schrott-Gruber gesprochen?
    Was verschwieg ihr Großvater?
    Nur Menschen haben Geheimnisse. Kein Geheimnis ist bei einem Menschen sicher.
    Es gibt immer einen Weg, zu ihm vorzudringen. So wie keine Grabkammer in den Pyramiden vor Grabräubern sicher war.
    Wenn kein Geheimnis sicher ist, dann gibt es auch keine Geheimnisse. (Unbekannter Philosoph aus dem 17. Jahrhundert.)

15.
    Der Wind rüttelte an den Fensterläden. Er stach von den Berghängen ins Tal. Die Holzbalken unter dem Dach knirschten. In diesen Momenten wuchs die Natur draußen bedrohlich an. Alice schlich über den Gang

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